Noch mehr als die Witterungsfaktoren nehmen in jüngster Zeit die politischen Entscheidungen Einfluss auf die Agrarmärkte. Das ist auf dem Braunschweiger Getreidetag des Landvolkes Niedersachsen deutlich geworden, der am vergangenen Mittwoch in Peine stattfand. Wie Landvolkpräsident Werner Hilse betonte, greifen die neuesten Vorschläge aus Brüssel zur Reform der EU-Agrarpolitik „sehr konkret in die Ausrichtung unserer Betriebe ein“. Er erwarte unter anderem bei den sogenannten Greening-Vorschlägen und der ökologischen Flächenstilllegung Abstriche an dem bislang bekanntgewordenen Reformpaket.
In diesem Sinne äußerte sich auch der Europaabgeordnete Albert Deß, unter dessen Leitung die Änderungsvorschläge des EU-Parlaments zu dem von Agrarkommissar Dr. Dacian Ciolos erarbeiteten Reformpaket koordiniert worden waren. Deß kritisierte laut Landesbauernverband die „Schikanen“ gegenüber den Landwirten in der fruchtbarsten Region der Welt. Die derzeit noch fehlende Finanzgrundlage für die zukünftige EU-Agrarpolitik bewerteten sowohl Deß als auch Hilse kritisch. Solange es keine Klarheit darüber gebe, wie viel Geld für die gemeinsame Agrarpolitik eingeplant werden könne, werde das EU-Parlament über die Reformvorschläge nicht entscheiden.
Auf der Veranstaltung wurde Landvolkangaben zufolge auch die enge Verknüpfung von Witterungseinflüssen sowie der Finanz- und Wirtschaftspolitik mit den Preistendenzen am Getreidemarkt aufgezeigt. Die weltweite Nachfrage nach Getreide steige deutlich stärker als die Erzeugung, die Bestände nähmen tendenziell eher ab. Bei derart knapp versorgten Märkten schlügen extreme Wetterlagen deutlich stärker auf die Preisnotierungen durch als in gut versorgten Märkten. Ackerbauern sollten daher die Preistendenzen sehr genau beobachten und das betriebliche Risiko durch eine geschickte Verkaufsstrategie minimieren, betonte der Niedersächsische Bauernverband. (AgE)