Rekorderträge stellen die deutsche Kartoffelwirtschaft in diesem Jahr vor ein Problem: Die Ernte geht über den Bedarf hinaus, die Konkurrenz ist groß und das Exportventil ist weitgehend verstopft. Selbst Niedrigpreise gewährleisten keinen ausreichenden Absatz, meinen die Marktbeobachter der AMI in einer Analyse.
Lagermöglichkeiten reichen nicht aus
Mit rund 11,5 Mio. t müssen bei wenig geänderter Anbaufläche 1,8 Mio. t Kartoffeln mehr am Markt untergebracht werden als im Vorjahr. Dabei handelt es sich überwiegend um Konsumkartoffeln. Die Erträge waren so hoch wie nie: 469 (Vorjahr: 398) dz/ha, so die vorläufigen Angaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Im Vorjahr war die Erntemenge noch bedarfsgerecht, aktuell reichen vielerorts nicht einmal die Lagermöglichkeiten aus. Selbst die Absatzwege in die Verfütterung, in die Biogasproduktion und in die Stärkeindustrie sind oft schon ausgeschöpft.
Niedrige Preise
Das Überangebot hat in den vergangenen Wochen die Preise verfallen lassen. Oftmals werden für gute Qualitäten zum Abpacken nur noch 5,00 EUR/dt erzielt. Vertragsfreier Verarbeitungsrohstoff wird noch niedriger notiert, aber kaum gehandelt. Nachdem bis Anfang Oktober Sonderangebote mit größeren Gebindeeinheiten den Speisekartoffelabsatz im LEH belebt hatten, wird die Nachfrage derzeit immer geringer. In den kommenden Wochen gibt es für die Landwirte so gut wie keine Hoffnung auf bessere Erlöse. Sie bleiben also trotz hoher Erträge und guter Qualitäten diese Saison die Verlierer, während sich die Verbraucher über günstige Preise für Frischkartoffeln und Kartoffelprodukte freuen können.
Die europäische Konkurrenz verschärft das Absatzproblem
Die Absatzschwierigkeiten für die deutsche Ernte werden durch die Situation im benachbarten Ausland verschärft: Auch in Frankreich, Belgien und in den Niederlanden sind die Erntemengen an Konsumkartoffeln riesig. Die Anbieter drängen zum Teil ebenfalls an den deutschen Markt und buhlen zudem um mögliche Kunden im Exportgeschäft Richtung Osteuropa.
Export als Absatzventil fraglich
Polen könnte Absatzmöglichkeiten für Kartoffeln aus Deutschland bieten. Die Ernte ist dort nur deshalb sehr klein, weil die Anbauflächen in Folge eines enormen Strukturwandels und sinkenden Bedarfs erneut stark verringert wurden. Ob die geschätzten 6,6 (Vorjahr: 7,3) Mio. t, die kleinste Kartoffelernte in Polen seit Jahrzehnten, Importbedarf eröffnet, ist noch unklar. Das Embargo Russlands erweist sich in diesem Jahr als zusätzliche Absatzhürde. In normalen Jahren wären in den Export dorthin nur unbedeutende Mengen geflossen; in dieser Saison jedoch hätten deutsche Kartoffeln dort trotz der weiten Entfernung vielleicht mehr Abnehmer gefunden, weil die Preise so niedrig sind. Dazu hätten allerdings neben dem Embargo auch die phytosanitären Bedenken Russlands noch ausgeräumt werden müssen.