Photovoltaikanlagen waren bislang in der Regel genehmigungsfrei. Ein Gerichtsurteil des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) in Münster sorgt nun allerdings - wie berichtet - für starke Verunsicherung in der Branche. Demnach müssen Solarstromanlagen vom Bauamt immer dann genehmigt werden, wenn der überwiegende Teil des Sonnenstromes ins Netz eingespeist wird und der Betreiber dafür die Vergütung des EEG in Anspruch nimmt. Experten raten Betreibern dennoch: Lassen Sie sich nicht verunsichern und warten Sie die Reaktionen der Politik ab. Hinzu komme, dass die Entscheidung des OVG auch zunächst nur für Nordrhein-Westfalen gelte. Ob die Gerichte in den übrigen Bundesländern diese Rechtsauslegung teilen, ist offen. Und selbst in NRW nimmt der Druck auf die Politik zu, nach einer Lösung zu Gunsten der Anlagenbetreiber zu suchen.
Hintergrund
Der 7. Senat des OVG in Münster vertritt die Auffassung: Solarstromanlagen sind nur dann genehmigungsfrei, wenn deren Betreiber beispielsweise den Sonnenstrom an Ort und Stelle selber verbrauchen. Wie hoch die Eigenverbrauchsquote dabei sein muss, um sich den Gang zum Bauamt sparen zu können, hat das Gericht offen gelassen. Wenn hingegen eine Nutzungsänderung des Gebäudes durch die Solarstromproduktion vorliege, sei grundsätzlich eine Baugenehmigung erforderlich. Das ist laut OVG zum Beispiel dann der Fall, wenn der Betreiber den Strom in das öffentliche Netz einspeist und im Gegenzug dafür die Vergütung nach dem EEG kassiert.
Gegenüber dem Landwirtschaftlichen Wochenblatt Westfalen-Lippe erklärte Georg Hindermann vom Bauministerium in Düsseldorf die Rechtslage so: Wird eine PV-Anlage zum Beispiel auf einen Kuh-, Schweine- oder Pferdestall installiert, bleibt es bei der Genehmigungsfreiheit nach § 65 Landesbauordnung, wenn sich an der Hauptnutzung des Gebäudes nichts ändert. Eine Änderung trete erst dann ein, wenn die Stromerzeugung aus der PV-Anlage die landwirtschaftliche Nutzung dominiere. "Dann tritt die (landwirtschaftliche) Stallnutzung hinter die PV-Nutzung zurück mit der Folge, dass das Gebäude gewerblich genutzt und eine Baugenehmigung für diese Nutzungsänderung benötigt wird", so Hindermann gegenüber dem Wochenblatt. Beim Eigenverbrauch betrachte das Bauministerium das Verhältnis des jeweiligen Strombedarfes zur Menge der eingespeisten Energie. Das bedeute: Übersteigt die eingespeiste Energie aus der PV-Anlage die 50-%-Grenze, tritt laut Hindermann eine gewerbliche Nutzung für das Gebäude ein. Dies dürfte in der Praxis nicht selten der Fall sein. Viele der Betroffenen sind nun zu Recht verunsichert und fragen sich: Muss ich meine Anlage nachgenehmigen lassen? Die meisten Experten sehen jedoch die Politik unter Zugzwang. Der Präsident des Westfälisch-Lippischen-Landwirtschaftsverbandes, Franz-Josef Möllers, forderte beispielsweise den NRW-Bauminster Harry K. Voigtsberger (SPD) auf, schnell für Rechtsklarheit zu sorgen. Dieser wiederum reagierte Anfang der Woche auf das Urteil und sieht sogar die Bundesregierung in der Pflicht. Diese müsse in der anstehenden Novelle des Baugesetzbuches, die Rechtslage eindeutig definieren. top agrar hält Sie tagesaktuell im Internet auf dem Laufenden.
vgl.: NRW: Sind alle Solaranlagen Schwarzbauten? (30.9.2010)