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Stärkerer Milchmarkt: Kommission stimmt Plänen zu

Die EU-Kommission hat heute die Vorschläge von Agrarkommissar Dacian Ciolos zu Vertragsbeziehungen im Milchsektor angenommen. Basis sind die Empfehlungen der "High Level Group" Milch. So plant der Kommissar EU-weit tätige Erzeugergemeinschaften ab 2012 zuzulassen, wenn diese nicht mehr als 3,5 % der gesamten EU-Milch bündeln.

Lesezeit: 6 Minuten

Die EU-Kommission hat heute die Vorschläge von Agrarkommissar Dacian Ciolos zu Vertragsbeziehungen im Milchsektor angenommen. Basis sind die Empfehlungen der "High Level Group" Milch. So plant der Kommissar EU-weit tätige Erzeugergemeinschaften ab 2012 zuzulassen, wenn diese nicht mehr als 3,5 % der gesamten EU-Milch bündeln. Allerdings gilt auf nationaler Ebene ein maximaler Konzentrationsgrad der Erzeugergemeinschaften von 33 %, erklärt der Milchindustrieverband (MIV). Das Bundeskartellamt kann diesen nationalen Wert auch noch senken, wenn der Wettbewerb beeinträchtigt ist. Weiterhin dürfen bei Erzeugerzusammenschlüssen über Ländergrenzen hinweg, ebenfalls nicht mehr als 33 % der Rohmilchmenge der betroffenen nationalen Mengen zusammengefasst werden, um Wettbewerbsverzerrungen bei der Lieferung von Rohmilch zu vermeiden. Auch hier kann der Wert im Einzelfall durch die Wettbewerbsbehörde der EU-Kommission gesenkt werden.


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Weitere Bedingung: Die vorgestellte Möglichkeit gilt nur für Milcherzeuger, die nicht bereits in einer Genossenschaft organisiert sind. Für Deutschland als wichtigstem Produzenten würde sich - unter Vernachlässigung der bestehenden Genossenschaften - laut Kommission eine rechnerische Zahl von sechs Erzeugerorganisationen ergeben, für Frankreich fünf.


Die Erzeugergemeinschaften sollen in Zukunft aus einer verstärkten Verhandlungsposition Verträge mit Molkereien abschließen dürfen, so der Verband weiter. Die Kommission verbiete jedoch jeden Eingriff in den freien Wettbewerb wie z.B. die Festschreibung von Mindestpreisen etc. Vielmehr gehe es ihr um technische Verbesserungen wie z.B. die Vertragsgestaltung oder die Bildung von Branchenorganisationen auf freiwilliger Grundlage hin zu mehr Marktorientierung bis zum Auslaufen der Quoten in 2015.


Im Detail: Offizielle Stellungnahme der EU-Kommission



Laut der EU-Kommission wird es künftig möglich, die Bedingungen solcher Verträge über Erzeugerorganisationen kollektiv auszuhandeln. Dem Vorschlag entsprechend sollen die Maßnahmen bis 2020 laufen, inklusive zwei Zwischenprüfungen. Die freiwilligen schriftlichen Verträge zwischen Milcherzeugern und verarbeitenden Betrieben enthalten Einzelheiten wie Preis, Lieferzeitpunkt und Liefermengen sowie Vertragsdauer. Die Mitgliedstaaten können aber bestimmen, dass solche Verträge verbindlich anzufertigen sind. Genossenschaften brauchen solche Verträge nicht zwingend abschließen, sofern deren eigene Satzungen Regelungen mit demselben Ziel enthalten, so die Kommission. Landwirten können die Bedingungen solcher Verträge über Erzeugerorganisationen kollektiv aushandeln. Bei angemessener Größenbegrenzung dieser Verhandlungen werden die Landwirte mit den großen Molkereien gleichgestellt, während ein angemessener Wettbewerb bei der Rohmilchlieferung erhalten bleibt. Die Grenzwerte liegen bei 3,5 % der gesamten Milcherzeugung der EU und 49 % der nationalen Erzeugung unter Anwendung spezifischer Schutzklauseln.


In dem Vorschlag sind des Weiteren besondere EU-Vorschriften für Branchenverbände vorgesehen, die alle Teile der Versorgungskette abdecken. Solche Organisationen können möglicherweise in der Forschung und Qualitätsverbesserung sowie bei der Förderung und Verbreitung bewährter Verfahren in Erzeugungs- und Verarbeitungsmethoden einen nützlichen Beitrag leisten. Sie tragen zur Verbreitung von Wissen und Transparenz im Sektor bei. Außerdem sind regelmäßigere Mitteilungen über Rohmilchliefermengen vorgesehen, so dass Erzeugung und Marktentwicklung besser verfolgt werden können.


Häusling: "Bündelungsgrenze zu niedrig angesetzt"



Martin Häusling, Sprecher der Grünen im EU-Parlament, begrüßt die neue Möglichkeit zur Bündelung der Milcherzeuger in Europa. Allerdings wird die Marktposition der Milcherzeuger seiner Meinung nach bei der vorgeschlagenen Obergrenze von 3,5 % nicht wirklich verbessert. "Bei dieser Grenze müsste sich sogar die deutsche Milcherzeugergemeinschaft Milch Board, welche jetzt schon diese Grenze übersteigt, aufteilen", so Häusling. Denn das deutsche Marktstrukturgesetz erlaube zurzeit einen noch deutlich stärkeren Bündelungsgrad, um die Erzeugerposition zu stärken. Aus deutscher Sicht wäre diese Obergrenze daher sogar ein Rückschritt. Wer den Erzeugern mehr Marktmacht ermöglichen will, damit sie am Markt bessere Preise erzielen können, der muss laut dem Grünensprecher andere Zahlen zur Bündelung präsentieren. "Die heute präsentierte Bündelungsgrenze geht schlicht an der Marktrealität vorbei. Allein der in Deutschland neu gebildete Nordmilch-Humana-Konzern wird beispielsweise nach seiner Fusion mehr als 5% der europäischen Milchmenge vermarkten. Was haben Erzeuger dem entgegen zu setzen?", fragt Häusling.


Folgart: "Erfolgreiches deutsches Modell wird auf Europa übertragen"



DBV-Vizepräsident Udo Folgart lobte die Vorschläge der EU-Kommission, die zum Beispiel darauf hinaus laufen, dem erfolgreichen deutschen Modell der Milcherzeugergemeinschaften und der Vertragsgestaltung innerhalb von Molkereigenossenschaften europaweit zum Durchbruch zu verhelfen. Der DBV werde deshalb engagiert mitarbeiten, für die deutschen Milcherzeuger verlässliche Rahmenbedingungen auf dem Milchmarkt zu sichern, erklärte Folgart. Dabei müsse es vor allem darum gehen, die Markttransparenz für alle Marktbeteiligten (Milcherzeuger, Molkereien und Lebensmitteleinzelhandel) gleichwertig zu gestalten. Außerdem müsse es möglich sein, den unterschiedlichen Produktions- und Lieferbeziehungen von Milcherzeugern und Molkereien durch angepasste Verträge zu entsprechen. Da in Deutschland die Milcherzeuger ihre Interessen entweder über Genossenschaften oder Erzeugergemeinschaften bündelten, müsse sehr genau geprüft werden, ob die von der Kommission vorgesehen Obergrenzen (zum Beispiel maximal 3,5 % der EU-Milcherzeugung) tatsächlich hilfreich seien. Wichtiger werde in Zukunft die bessere Kommunikationsmöglichkeit in der Produktionskette. Folgart wörtlich: "Darüber muss es gelingen, die erheblich angewachsenen Volatilitäten einzugrenzen und stabilere Verhältnisse für die Milcherzeuger zu schaffen."


Goldmann: Eine Entscheidung zu Gunsten der Bauern



"Die Möglichkeit, dass Milchproduzenten sich künftig europaweit in Erzeugergemeinschaften organisieren können, ist eine Entscheidung zu Gunsten der Milchbauern", so der Vorsitzende des Agrarausschusses im Bundestag, Hans-Michael Goldmann. Dies stärke die Erzeuger und schaffe gute Voraussetzungen für eine echte Markteilnahme. Auch einer Überwindung der Milchkrise würde dies sehr entgegenkommen, weil die Bauern höheren Preis für ihr Produkt am Markt erzielen könnten und somit zu einer sozialgerechteren Landwirtschaft beitragen würden.


Mit einer Umsetzung dieses Vorschlags wird laut Goldmann eine faire Situation der Milcherzeuger gegenüber der Marktmacht der Molkereien geschaffen.


Ostendorff: "Milchbauern brauchen mehr Macht am Markt"



"Die Stärkung der Marktmacht der Milcherzeuger ist entscheidend, um die wirtschaftliche Lage der bäuerlichen Landwirtschaft zu verbessern", erklärte Friedrich Ostendorff, Agrarsprecher der Grünen. Der Vorschlag der EU-Kommission soll die Erzeugerseite stärken, bleibe aber seiner Meinung nach weit hinter diesem Anspruch zurück. "Die Bündelungsmenge darf nicht auf die von der Kommission vorgeschlagenen 3,5 % der EU-Menge bzw. auf national 49 % begrenzt bleiben. Das reicht bei weitem nicht aus, um gegenüber den Kartellen der Molkereiindustrie, die weit größere Mengen erfassen, Druck aufbauen zu können", mahnte er an. Hier müsse dringend nachgebessert werden.


Die seiner Ansicht nach schlechte Verhandlungsführung der Bundesregierung in der High Level Group Milch sei für den schwache Beschluss der EU-Kommission verantwortlich, polterte der Grünen-Sprecher weiter. Offensichtlich habe die Bundesregierung kein Interesse an einer strukturellen Stärkung der Milcherzeuger, so seine Vermutung.


BDM: Vorschläge bedürfen noch vieler Verbesserungen



Der BDM hat die Möglichkeit für europaweite Zusammenschlüsse in Erzeugergemeinschaften begrüßt. "Wir sehen hier einen positiven Ansatz, endlich den Milcherzeugern mehr Marktmacht verschaffen zu wollen", erklärt BDM-Vorsitzender Romuald Schaber. Kritik gibt es aber auch hier an der Begrenzung auf maximal 3,5 % der europäischen Milchmenge pro Milchhandelsgemeinschaft bzw. 49 % auf nationaler Ebene. Allein Nordmilch-Humana werde nach seiner Fusion mehr als 5 % der europäischen Milchmenge vermarkten. Der Verband fordert Agrarministerin Ilse Aigner auf, eine gebündelte Milchmenge von bis zu 30% der EU-Milchmenge durchzusetzen.


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