Windenergieanlagen sind eine potenzielle Gefahr für Vögel, da Kollisionen meist tödlich enden. Aus diesem Grund hat die Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW) im Jahr 2007 in dem so genannten Helgoländer Papier erstmals pauschale Abstandsempfehlungen zu Lebensräumen und Brutplätzen von „windkraftsensiblen“ Vogelarten herausgegeben. Das Helgoländer Papier und die darin enthaltenen Abstandsempfehlungen wurden daraufhin oft als Grundlage für Leitfäden zum Artenschutz in Windenergie-Erlassen etlicher Bundesländer herangezogen.
Allerdings gelten die pauschalen Empfehlungen selbst unter Vogelschutzexperten als sehr umstritten (siehe Beitrag „Milan kontra Mühlen: Wirklich ein Konflikt?“ in top agrar 4/2015).
Jetzt hat Prof. Dr. Edmund Brandt von der Universität Braunschweig im Auftrag des Fördervereins der Koordinierungsstelle Windenergierecht e. V. (k:wer) das Helgoländer Papier einmal wissenschaftlich unter die Lupe genommen. Ergebnis der Studie "Das Helgoländer Papier – grundsätzliche wissenschaftliche Anforderungen": Es gibt erhebliche Zweifel an der Wissenschaftlichkeit der Abstandsempfehlungen. Fragen wie Bestandserfassung und Bewertung des Tötungsrisikos, wie sie nach dem Bundesnaturschutzgesetz vorzunehmen sind, müssten nach einer Entscheidung des Bundeswaltungsgerichts ausschließlich nach wissenschaftlichen Kriterien erfolgen.
Diesen Anforderungen werde das Helgoländer Papier aber nicht gerecht, schlussfolgert Brandt: Es gäbe gravierende Mängel wie z.B. fehlende Belege zu „Befunden“, mangelhafte Beweisführung, schlechte Rückverfolgbarkeit von Quellen oder die fehlende Begründung, warum einzelne Quellen herangezogen wurden. Sehr oft werde nur „behauptet“, aber nicht belegt. Weiter stellt der Autor dar, dass das Helgoländer Papier weder ein untergesetzliches Regelwerk noch eine Fachkonvention darstellt.