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„Der Klimawandel lässt sich nicht verhandeln“

Prof. Martin Faulstich von der TU Clausthal hat auf der FVEE-Jahrestagung in Berlin erläutert, warum der Klimaschutzplan in Deutschland nicht scheitern darf.

Lesezeit: 4 Minuten

Nicht nur Ressourcen und Fläche, sondern auch der Klimawandel setzen dem weltweiten Wirtschaftswachstum Grenzen. „Die Atmosphäre kann nur eine bestimmte Menge CO2 aufnehmen“, erläuterte Prof. Martin Faulstich vergangene Woche auf der Jahrestagung des Forschungsverbundes Erneuerbare Energien (FVEE) in Berlin. Doch das sei noch nicht überall so angekommen, beobachtet der Leiter des Lehrstuhls für Umwelt und Energietechnik an der Technischen Universität Clausthal: „Wir sehen das beim Klimaschutzplan in Deutschland. Viele Politiker sind zwar überzeugt, dass der Klimawandel existiert, meinen aber, sie könnten darüber verhandeln.“


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Das macht Faulstich u.a. daran fest, dass es trotz umfangreicher wissenschaftlicher Erkenntnisse auch jetzt noch Konferenzen zur Förderung von unkonventionellem Erdgas oder Erdöl („Fracking“) gibt. „Dabei wissen wir heute: Selbst wenn wir noch für 10.000 Jahre Gas, Öl, Kohle hätten, müssten 98 % davon im Boden bleiben, um die Klimaziele einzuhalten“, betonte der Wissenschaftler. Daher seien die Aktivitäten in Deutschland, USA oder Kanada bezüglich Schiefergas nur verwunderlich. Denn die bekannten Gas-, Öl- und Kohlequellen würden allemal aus, um Industriegesellschaft bis 2050 oder 2070 mit fossilen Rohstoffen zu versorgen. „Aber das wollen und dürfen wir gar nicht“, so Faulstich.

Laut Klimaschutzabkommen von Paris soll es weltweit in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts netto keine Treibhausgasemissionen mehr geben. Laut Faulstich heißt das für Industrieländer, dieses Ziel schon bis zum Jahr 2050 zu schaffen, da Schwellen- und Entwicklungsländer dafür mehr Zeit bräuchten. 


Dabei müsse man beachten, dass es in der Wirtschaft einen Sockelbetrag von Emissionen gibt, der nicht verhindert werden kann. Dazu gehören neben der Landwirtschaft auch gewisse Industriebetriebe. Daher müsse die Energieversorgung künftig vollständig ohne fossile Rohstoffe auskommen.  Ein wichtiger Meilenstein dafür ist der Ausstieg aus der Kohleverstromung. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen, dem Faulstich mehrere Jahre vorstand, hat diesen bis zu Jahr 2040 empfohlen. „Es ist zu befürchten, dass die Verstromung von Gas, Öl und Kohle den weitere Ausbau der erneuerbaren Energien verhindert“, erklärt er.


Verwundert zeigte sich Faulstich auch über die Debatte um den Klimaschutzplan in Deutschland: „Man könnte meinen, dass wir bis zum Jahr 2049 so weiter machen wie bisher und dann sprunghaft im Jahr 2050 die Ziele erreichen könnten.“ Das sei utopisch. Daher findet es Faulstich auch befremdlich, wenn beispielsweise die IG Bergbau heute immer noch sage: „Braunkohle ist unsere Zukunft“, oder der Brandenburgische Ministerpräsident betone, dass Arbeitsplätze wichtiger als Klimaschutz seien. Faulstich plädiert daher dafür, im Konsens mit den Arbeitnehmern den Kohleausstieg über 25 Jahre auszuhandeln und sozialverträglich zu gestalten. In der Zeit könne man mit der Energiewende neue Arbeitsplätze schaffen. „Braunkohle ist schlichtweg nicht unsere Zukunft“, machte der Wissenschaftler deutlich.


Neben der Kohleverstromung müsse Deutschland bis zum Jahr 2050 aber auch auf die Verbrennung von fossilem Gas und Erdöl zu Heizzwecken oder im Verkehr verzichten. Ansonsten seien die Klimaschutzziele nicht einzuhalten. Hierfür bräuchte Deutschland eine ambitionierte Verkehrswende, was nur über Strom oder synthetische Kraftstoffe gelingen könne. Dafür ist die Sektorenkopplung wichtig, bei der die Stromversorgung mit den anderen Sektoren Wärme und Verkehr verzahnt werde. Die Chancen und Möglichkeiten seien nicht überall bekannt, sagte Faulstich mit Bezug auf den ehemaligen Chef des Instituts für Wirtschaftsforschung (IFO), Hans Werner Sinn. Das sei einem Vortragstitel von Sinn zu entnehmen: „Grüner Zappelstrom und das Ende der Energiewende“. „Auch Wissenschaftskollegen brauchen bezüglich Sektorenkopplung noch Nachhilfe“, sagte Faulstich.


Die Energiewende in Deutschland mit dem Weg von einer fossilen zu einer nachhaltigen Industriegesellschaft bedeute zwar, dass wir neue Geschäftsmodelle entwickeln und unseren Lebensstil ändern müssten. „Aber das eröffnet dem rohstoffarmen Deutschland auch Chancen. Wir können Exportweltmeister bleiben mit mit klugen, umweltgerechten Lösungen als  Exportschlager für andere Länder“, resümierte Faulstich. Erneuerbare Energien seien die kostengünstigste Lösung, wie sich nicht zuletzt am geplanten britischen Atomkraftwerk Hinkley Point ablesen ließe. Dieses soll auf Lebenszeit mit einer Einspeisevergütung von 11 ct/kwh subventioniert werden. Faulstich: „Unabhängig von der ungelösten Atommülllagerung fällt die Option Kernkraft daher selbst aus Kostengründen aus.“

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