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Der Spiegel und das "Industrieprodukt Schwein"

Schon die Titelseite der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ verrät, was den Leser auf den kommenden Seiten erwartet: Es geht um ein „Schweinesystem“ wie es in fetten Lettern unter einer Fotomontage aus einem Ferkel und einer Salami heißt. Untertitel: „Wie uns die Fleischindustrie krank macht“.

Lesezeit: 4 Minuten

Schon die Titelseite der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ verrät, was den Leser auf den kommenden Seiten erwartet: Es geht um ein „Schweinesystem“ wie es in fetten Lettern unter einer Fotomontage aus einem Ferkel und einer Salami heißt. Dazu der Untertitel: „Wie uns die Fleischindustrie krank macht“.


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Der Eindruck, der auf neun anschaulich geschriebenen Seiten mit einer kühl und industriell wirkenden Bildsprache entsteht, ist unmissverständlich: Schweine sind heute ein Massenprodukt, produziert in einem kranken System, das Mensch und Tier gleichermaßen schadet. Matthias Schulte Steinmann vom Wochenblatt Westfalen-Lippe fasst den Artikel zusammen.


Laut den drei Spiegelautoren ist die deutsche Schweinefleischproduktion demnach eine Branche, „in der der Erfolg darauf beruht, dass jeder Opfer bringen muss: die Tiere, die Produzenten und ihre Belegschaften. Und auch die Verbraucher, die am Ende einen hohen, wenn auch versteckten Preis für so effizient wie billig produziertes Fleisch made in Germany bezahlen müssen.“Weiter heißt es: „Zwar fühlen sich die Vertreter der Fleischwirtschaft, die Bauern, Mäster und Schlachter oft missverstanden und zu Unrecht an den Pranger gestellt. Ihre Kritiker indes haben gute Argumente gegen den globalen Schlacht-Plan der Industrie, denn dieses System steht auch für eine massive Schädigung von Mensch, Tier und Umwelt.“ 


Gülle, Keime, Regenwald


Dann folgt so ziemlich alles, was sich an Negativem mit der heutigen Tierhaltung in Verbindung bringen lässt: „Die Gülle aus der Schweinemast beispielsweise ist ein Problem fürs Grundwasser. Dazu kommen die vielen Fälle von Tierquälerei, der massive Import von Futtermitteln, für den Regenwälder in Südamerika abgeholzt werden.Und das ist noch nicht alles: Um die Ställe krankheitsfrei zu halten, werden Antibiotika oft prophylaktisch eingesetzt. So bilden sich resistente Keime, gegen die irgendwann auch der Mensch keine Chance mehr hat. Dazu kommen auf Effizienz getrimmte Schlachtfabriken, wie zum Beispiel die des nordrhein-westfälischen Unternehmers Clemens Tönnies, die immer häufiger wegen Lohn-Dumpings und der massenhaften Tötung in der Kritik stehen. Es ist eine gewaltige Maschine, die da surrt – und sie reicht von den Sperma-Ampullen eines Zucht­ebers bis zur Gelatine-Produktion irgendwo in China oder Brasilien.“


Nichts zu verbergen


Immerhin: Auch einige Bauern und der Schlachter Clemens Tönnies kommen in dem Beitrag zu Wort und geben sogar tief gehende Einblicke in ihre Betriebe. So sagt der Ferkel­erzeuger Christian Henne aus Südniedersachsen, der den „exakt getakteten Zeitplan“ seiner rund 700 Sauen bis ins Detail beschreibt: „Wir haben nichts zu verbergen. Aber wir müssen eben genauso Geld verdienen mit unserer Arbeit wie andere auch.“ 


Der Schweinemäster Horst-Friedrich Hölling betont glaubwürdig, dass moderne Technik ein gutes Betriebsleiterauge nicht ersetzen könne, um zu merken, ob ein Tier krank sei oder nicht. Und Clemens Tönnies, dessen Schlachthof in Rheda-Wiedenbrück für einen großen Teil der Bebilderung des Spiegelbeitrags herhält, wird mit den Worten zitiert: „Ich akzeptiere, dass es Vegetarier gibt, aber ich will auch, dass es so Leute wie mich gibt.“


Warum so pauschal?


Gerade die Landwirte selbst und der Schlachter Tönnies sind es dann auch, die dem Beitrag ein gewisses Leben einhauchen: Die Prozessbeschreibung an den einzelnen Schauplätzen von der Ferkelaufzucht bis zum Schlachthaken sind präzise und bis auf einige grobe Patzer (ein Deckeber wiegt keine 122,5 kg, sondern mehr als das Doppelte!) sachlich gelungen. Hier hat es sich ausgezahlt, dass die Beteiligten offenen Einblick in ihre Betriebe gegeben haben.


Um so bedauernswerter ist es, dass die Autoren, sobald sie im Beitrag den Einzelbetrieb verlassen, an den Allgemeinschauplätzen in die übliche Pauschalkritik verfallen, fragwürdige Quellen aufführen und merkwürdige Verknüpfungen herstellen. „Beispielsweise bei der Problematik um multiresistente Keime lassen die Autoren die Tierhalter als Hauptschuldige dastehen – ohne ein Wort über die Hygieneprobleme in den Krankenhäusern zu verlieren“, ärgert sich Dr. Torsten Staack, Geschäftsführer der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN). Für ihn zeigt der Beitrag einmal mehr, wie schlecht es derzeit um das Image der Bauern bestellt ist. Statt deshalb jetzt den Kopf in den Sand zu stecken, sollten sie erst recht selbstkritisch und selbstbewusst auftreten.

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