Ein Kommentar von Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes: "Die Erfurter Erklärung zum Deutschen Bauerntag 2015 zeichnet das Leitbild einer Landwirtschaft, die „gleichermaßen in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht nachhaltig ist.“ Das ist eine gute Basis für einen Dialog.
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Ein Kommentar von Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes:
"Die Erfurter Erklärung zum Deutschen Bauerntag 2015 zeichnet das Leitbild einer Landwirtschaft, die „gleichermaßen in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht nachhaltig ist.“ Das ist eine gute Basis für einen Dialog. Doch ein ehrlicher Dialog bedeutet auch, Missstände offen zu benennen: Wie nachhaltig ist die deutsche Landwirtschaft heute?
Ich sehe, dass viele Betriebe – aktuell vor allem Schweinehalter und Milcherzeuger – mehr denn je in einem Hamsterrad aus Intensivierung, Mehrproduktion und sinkenden Preisen gefangen sind. Das ist weder ökonomisch noch sozial nachhaltig.
Zudem sind die negativen Auswirkungen auf Umwelt und Natur enorm: Der Tier- und Pflanzenreichtum geht zurück, Treibhausgasemissionen beschleunigen den Klimawandel, Wasser und Boden werden verschmutzt. Eine Ursache hierfür ist, dass jährlich rund 8,8 kg/ha Anbaufläche an Pflanzenschutzmitteln ausgebracht werden. Ökologisch nachhaltig sind weite Bereiche der Landwirtschaft derzeit also nicht. Und die Nahrungsmittel sind auch nur auf den ersten Blick scheinbar günstiger geworden, weil die schädlichen Auswirkungen auf die Umweltkosten auf dem Preisschild gar nicht auftauchen.
In einer dauerhaft nachhaltigen Landwirtschaft darf nicht derjenige einen Wettbewerbsvorteil erlangen, der in der Lage ist, seine Produktion auf Kosten der Umwelt zu verbilligen. Die Verbraucher werden lernen müssen: Billig kann teuer werden. Und für die Landwirte muss gelten: Öffentliches Geld darf es nur für öffentliche Leistungen geben.
Das gilt vor allem für die fast 5 Mrd. € an EU-Direktzahlungen. Sie müssen auch für die Gesellschaft einen Nutzen haben, der über die Einhaltung von Mindeststandards hinausgeht.
Das Greening hatte ursprünglich dieses Ziel. In der gegenwärtigen Form wird es Natur und Umwelt voraussichtlich nicht nennenswert verbessern. Gelingt es nicht, das Greening nachzubessern, lassen sich die Direktzahlungen gesellschaftlich nicht mehr rechtfertigen, obwohl sie aktuell etwa 40% der betrieblichen Einkommen ausmachen.
In der Erfurter Erklärung heißt es: „Die Bereitschaft zur Veränderung und die stete Weiterentwicklung waren und sind gute bäuerliche Tradition.“ Das unterstütze ich gerne, um gemeinsam Wege aus dem Hamsterrad und zu einem besseren Miteinander von Mensch, Landwirtschaft und Umwelt zu finden.
top agrar-Rubrik "Der Blick von außen"
Dieser Text stammt aus der Rubrik "Der Blick von außen", die jeden Monat in der top agrar-Heftausgabe erscheint. Der Streitpunkt zeigt, wie die Landwirtschaft von außen gesehen wird und ist nicht die Meinung der Redaktion. Wie stehen Sie dazu? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar unten.
Ein Kommentar von Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes:
"Die Erfurter Erklärung zum Deutschen Bauerntag 2015 zeichnet das Leitbild einer Landwirtschaft, die „gleichermaßen in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht nachhaltig ist.“ Das ist eine gute Basis für einen Dialog. Doch ein ehrlicher Dialog bedeutet auch, Missstände offen zu benennen: Wie nachhaltig ist die deutsche Landwirtschaft heute?
Ich sehe, dass viele Betriebe – aktuell vor allem Schweinehalter und Milcherzeuger – mehr denn je in einem Hamsterrad aus Intensivierung, Mehrproduktion und sinkenden Preisen gefangen sind. Das ist weder ökonomisch noch sozial nachhaltig.
Zudem sind die negativen Auswirkungen auf Umwelt und Natur enorm: Der Tier- und Pflanzenreichtum geht zurück, Treibhausgasemissionen beschleunigen den Klimawandel, Wasser und Boden werden verschmutzt. Eine Ursache hierfür ist, dass jährlich rund 8,8 kg/ha Anbaufläche an Pflanzenschutzmitteln ausgebracht werden. Ökologisch nachhaltig sind weite Bereiche der Landwirtschaft derzeit also nicht. Und die Nahrungsmittel sind auch nur auf den ersten Blick scheinbar günstiger geworden, weil die schädlichen Auswirkungen auf die Umweltkosten auf dem Preisschild gar nicht auftauchen.
In einer dauerhaft nachhaltigen Landwirtschaft darf nicht derjenige einen Wettbewerbsvorteil erlangen, der in der Lage ist, seine Produktion auf Kosten der Umwelt zu verbilligen. Die Verbraucher werden lernen müssen: Billig kann teuer werden. Und für die Landwirte muss gelten: Öffentliches Geld darf es nur für öffentliche Leistungen geben.
Das gilt vor allem für die fast 5 Mrd. € an EU-Direktzahlungen. Sie müssen auch für die Gesellschaft einen Nutzen haben, der über die Einhaltung von Mindeststandards hinausgeht.
Das Greening hatte ursprünglich dieses Ziel. In der gegenwärtigen Form wird es Natur und Umwelt voraussichtlich nicht nennenswert verbessern. Gelingt es nicht, das Greening nachzubessern, lassen sich die Direktzahlungen gesellschaftlich nicht mehr rechtfertigen, obwohl sie aktuell etwa 40% der betrieblichen Einkommen ausmachen.
In der Erfurter Erklärung heißt es: „Die Bereitschaft zur Veränderung und die stete Weiterentwicklung waren und sind gute bäuerliche Tradition.“ Das unterstütze ich gerne, um gemeinsam Wege aus dem Hamsterrad und zu einem besseren Miteinander von Mensch, Landwirtschaft und Umwelt zu finden.
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Dieser Text stammt aus der Rubrik "Der Blick von außen", die jeden Monat in der top agrar-Heftausgabe erscheint. Der Streitpunkt zeigt, wie die Landwirtschaft von außen gesehen wird und ist nicht die Meinung der Redaktion. Wie stehen Sie dazu? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar unten.