Von Anselm Richard, Chefredakteur des Landwirtschaftlichen Wochenblatts Westfalen-Lippe:
Schlimmer kann es für die Mitglieder einer Genossenschaft nicht kommen: Das Unternehmen wird „von innen heraus“ betrogen und ausgenommen. Jetzt ist guter Rat teuer.
Vergessen wir nicht: Für Genossenschaften gelten besondere Vorschriften und Regeln. Dabei geht es oft um Transparenz und Klarheit, um Selbstverantwortung und Selbstverwaltung. Vorstände und Aufsichtsräte arbeiten in der Regel ehrenamtlich und erhalten bestenfalls eine Aufwandsentschädigung, die häufig nicht einmal den tatsächlichen Aufwand ausgleicht. Gleichwohl muss die Verwaltung professionell agieren. Sie darf nicht das Heft des Handelns aus der Hand geben.
Bei der VVG Lippborg Oelde ist jetzt vieles aufzuarbeiten. Offenbar sind die Unregelmäßigkeiten nicht erst kürzlich passiert, sondern ziehen sich schon länger hin. Hätte man nicht schon früher etwas bemerken müssen? Waren Vorstand, Aufsichtsrat und Mitglieder zu sorglos?
Die vorliegenden Bilanzen geben schon Rätsel auf: Warum beispielsweise bestanden jahrelang Forderungen gegenüber „Vorstandsmitgliedern“ – möglicherweise nur einer Person – in Größenordnungen von mehreren Hunderttausend Euro?
Zurzeit ist nicht absehbar, ob Bauern auch auf Forderungen gegenüber der VVG sitzenbleiben werden. Aber in der Klemme sitzen auch die Vorstandsmitglieder selbst: Das Genossenschaftsgesetz enthält umfangreiche Haftungsvorschriften, sofern Verwaltungsmitglieder ihren Pflichten nicht sorgfältig nachgekommen sind. Nicht nur dem geschäftsführenden Vorstandsmitglied könnten Regressforderungen drohen, sondern auch den bäuerlichen Gremiumsmitgliedern. Die Informationslage für die Bauern ist ausgesprochen dünn. Die Gerüchteküche brodelt, offizielle Auskünfte gibt es wenig. Der Insolvenzantrag ist gestellt. (ad)
Hintergründe:
VVG Lippborg Oelde meldet Insolvenz an (27.3.2013)
Vorstand der VVG Lippborg Oelde soll 4,9 Mio. Euro veruntreut haben (22.3.2013)