Der nordrhein-westfälische Landwirtschaftsminister Johannes Remmel hat die Bundesregierung zu einer Kurskorrektur bei ihrer Agrarpolitik aufgefordert. „Die bisherige Agrarpolitik von FDP und Union ist auf Größe, permanentes Wachstum und stetige Leistungssteigerungen bei den Tieren ausgerichtet.
Diese Politik von gestern ist aber gescheitert“, sagte Remmel vergangene Woche anlässlich der Grünen Woche in Berlin. Während Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner und Wirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler immer noch an einer „Wirtschafts- und Agrarpolitik von gestern“ festhielten, seien die Verbraucher und auch viele in der Landwirtschaft selbst schon längst weiter.
Statt den Weltmarkt zu bedienen, forderten Verbraucher mehr Tierschutz, mehr Umweltaspekte und mehr Regionalität in der Landwirtschaft. Ein „Weiter-so“ kann es nach Remmels Ansicht nicht mehr geben, da in einer industriellen Agrarwirtschaft die Probleme zunähmen. Schon jetzt komme es in der Landwirtschaft immer häufiger zu Widersprüchen, die von den Menschen nicht mehr akzeptiert würden.
So werde beispielsweise auf der einen Seite versucht, mit industrieller Tierproduktion Weltmärkte wie Russland zu bedienen, während man es gleichzeitig nicht schaffe, in Deutschland die steigende Nachfrage nach Bioprodukten zu bedienen. Zudem sinke die Zahl der bäuerlichen Betriebe, während die der Agrarfabriken zunehme, was wiederum den Widerstand in der Bevölkerung schüre.
Stallbau und Haltungsvorschriften verschärfen
Remmel hält es für notwendig, die deutsche Agrarpolitik in zentralen Punkten umzusteuern. So sollte durch die Änderung des Bau- und Immissionsschutzrechts die Entstehung weiterer Großställe - insbesondere im Außenbereich - verhindert werden. Zudem müssten das Tierschutzgesetz und die Haltungsverordnungen grundlegend geändert und am grundgesetzlich verankerten Staatsziel des Tierschutzes ausgerichtet werden.
Wichtig ist dem Minister vor allem, dass der Einsatz von Medikamenten, insbesondere von Antibiotika, drastisch reduziert und auf das absolut notwendige Minimum begrenzt wird, um die weitere Ausbreitung von gefährlichen Resistenzen wirksam zu bekämpfen. Daneben sollten Tierhaltungsanlagen Schritt für Schritt mit entsprechenden Filtern ausgerüstet werden, um die Verbreitung von Bioaerosolen und gefährlichen Keimen aus Ställen zu verhindern.
Remmel forderte außerdem die Abschaffung der Exportsubventionen. Statt sich am Weltmarkt zu orientieren, müsse auf regionale Kreisläufe und einen Verbund zwischen Landwirtschaft und Verbrauchern gesetzt werden. Nicht zuletzt sollte sich die Bundesrepublik auf europäischer Ebene wieder als Motor für ein stärkeres „Greening“ der Agrarpolitik und für mehr Tierschutz verstehen. Agrarzahlungen aus Steuermitteln müssten endlich konsequent an öffentliche Leistungen geknüpft werden. (AgE)
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