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ARGE Heumilch

Wie in Vorarlberg Heumilchkäse produziert wird

Wie Heumilch und Käse in der sogenannten Drei-Stufen-Landwirtschaft erzeugt werden, darüber haben wir uns auf einer Pressereise im Bregenzerwald informiert.

Lesezeit: 7 Minuten

Den Kulthit "Vo Mello bis ge Schoppornou bean i gloufa – d’Füaß hend mr weh tau" der Band Holstuonarmusigbigbandclub kennt wohl jeder bei uns in Österreich. Zwar nicht zu Fuß, sondern mit dem Elektrobike sind wir genau in diesem Gebiet im Bregenzerwald quasi auf den Spuren der Vorarlberger Band gewandelt. Und zwar lernten wir hier bei einer Pressereise mit der ARGE Heumilch die von der Unesco als Weltkulturerbe ausgezeichnete Drei-Stufen-Landwirtschaft kennen.

Aus der Not heraus entstanden

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Dieses traditionelle Weidesystem entstand aus der Not heraus: Denn die Talböden in der Region sind vielerorts schmal und die für die Landwirtschaft nutzbaren Flächen rar. So standen die Bregenzerwälder Bauern schon vor Jahrhunderten vor der Frage, wie sie ihre Kühe im Sommer ernähren und gleichzeitig genügend Heu für den Winter ernten konnten. Für beides reichten die hofeigenen Gründe oft nicht aus. Aus diesem Grund zogen die Landwirte mit ihren Tieren im Frühling in höhere Lagen.

Auf den Weiden des sogenannten „Vorsäß“ finden die Heumilchkühe noch heute ab Mai Weideflächen. Die Menschen errichteten einfache Behausungen und kleine Sennereien, um die tagesfrische Milch der Heumilchkühe zu Käse zu verarbeiten. Die auf zwischen 1.200 und 1.600 Metern Höhe gelegenen „Vorsäß“ bleiben aber nicht die letzte Station der Herden: Im Sommer geht es für einige Wochen auf die (Hoch-)Alpe. In bis zu 2.000 Metern Höhe bietet die Natur hier ausreichend Weideflächen und angenehme Temperaturen für Mensch und Tier.

Mithilfe der Dreistufen-Landwirtschaft können die Bregenzerwälder Heumilchbäuerinnen und -bauern niedrig gelegene Wiesen reifen lassen und das Heu für den Winter in mehreren Schnitten ernten. Während die Tiere auf der Alpe „sömmern“, haben sich viele Bauern im Bregenzerwald zu sogenannten Alpgemeinschaften zusammengeschlossen. Einzelne Familien oder Familienmitglieder verbringen den Sommer auf der Alpe und werden von jugendlichen Helfern, den „Pfistern“, beim Sennen und der Versorgung aller Kühe der Gemeinschaft unterstützt. Die im Tal verbliebenen Bäuerinnen und Bauern sichern durch die Mahd volle Heuböden für den Winter.

Moderner Stall auf 900 m Höhe

Zwei, die ihre 10 bis 11 Braunviehkühe jährlich auf die Gemeinschaftsalpe Vordersutis auf rund 1.400 m Höhe treiben, sind Bernhard Dietrich und Lebensgefährtin Anette. Die beiden und ihren vierhährigen Sohn Elias besuchten wir am ersten Tag unserer Heumilch-Biketour in Mellau, wo sie den „Berghof Dietrich“ auf ca. 900 m Seehöhe bewirtschaften.

Bernhard (28), der auch zu 70 % als Zimmermann arbeitet, hat am Heimbetrieb 2017 einen Laufstall für seine Kuhherde fertiggestellt. Er hat die meisten Arbeiten, vor allem die aus Holz, selbst erledigt.

Der Stall ist nach den neuesten Tierwohlaspekten gebaut. Unter anderem sind sowohl die großen Liegeboxen als auch die Spalten mit Gummimatten ausgelegt. Gemolken wir im 2er Butterfly-Melkstand. Hier sitzt Bernhard beim Melken mittig auf einem Melkschemel und hängt rechts und links neben sich die Melkzeuge an.

Parallel hat er das Gebäude mit einer Dachabsaugung zur optimalen Heutrocknung ausgestattet. Um möglichst energieautark arbeiten zu können, setzen Bernhard und Anette auf eine 25 kW-Photovoltaikanlage, die sie demnächst errichten wollen. Das Heu von den 16 ha Grünland erntet Bernhard quasi die ganze Vegetationsperiode über. Zwei bis drei Schnitte werden jährlich eingebracht. Bernhard mäht i.d.R. 2 bis 3 ha auf einmal, die er dann in die Heutrocknung führt.

Milch geht an Alpenkäse Bregenzerwald

Da der Betrieb über wenig Lagerfläche verfügt, wird das Heu nach dem Trocknen vom Lohnunternehmer in Ballen gepesst. "Das ist zwar recht aufwendig, aber ich habe zur Zeit keine andere Möglichkeit", sagt der Jungbauer. Die Qualität des Trocknungsheus ist ausgezeichnet, denn Dietrich erzeugt rund 8.000 kg Milch pro Kuh und Jahr im Schnitt.

Ihre am Hof erzeugte Milch liefern Bernhard und Anette an die Genossenschaft Alpenkäse Bregenzerwald Sennerei eG nach Bezau. Diese verarbeitet laut Dietrich etwa 14 Mio. kg Milch von knapp 200 Milchbauern jährlich. Dietrich erhält für seine konventionell erzeugte Heumilch nach eigener Aussage zwischen 58 und 62 Ct/kg netto. Von Juni bis September weiden seine Kühe auf der Alpe Vordersutisauf der Alpe auf 1450 m Seehöhe. Auf dieser Gemeinschaftsalpe stehen in dieser Zeit 44 Kühe.

"Drainagen müssen zugestoppelt werden"

Bei dem anschließenden Besuch auf dem Vorsäß Ahornen der Familie Hildegard und Hermann Rützler brachte uns der Umweltökologe Dr. Andreas Bohner von der HBLFA Raumberg-Gumpenstein sehr anschaulich und kurzweilig die Zusammenhänge des Dauergrünlandbodens näher.

Eine Feststellung war dabei besonders wichtig für ihn: Angesichts des zunehmenden Klimawandels und der damit verbundenen vermehrten Trockenheit sollten künftig Tiefwurzler besonders gefördert werden. Und einen Appell richtete Bohner an die dafür Verantwortlichen: "Drainagen müssen zugestoppelt werden, um den Grundwasserspiegel nicht noch weiter sinken zu lassen." Ziel müsse es doch sein, die Wasservorräte soweit als möglich aufzufüllen.

82 Kühe, 45 Schweine und 7 Ziegen

Weiter ging es am zweiten Tag zeitig in der Früh auf unserer Heumilch-Biketour auf die 1593 m hoch gelegene Alpe Obere der Alpgemeinschaft Schwarzenberg. Im Volksmund auch als „Kuhhimmel“ bekannt, liegt sie wunderbar eingebettet zwischen Kanisfluh und Klipperen.

Als wir ankamen, wurden gerade die 82 Kühe von 10 Bauern der Gemeinschaftsalpe vom Melken auf die Alpflächen getrieben. Mit lautem Glockengeläut spazierten die Tiere vieler verschiedener Rassen gemächlich auf das satte Grün. Bis nahe 2000 m hinauf gehen die Kühe hier täglich zwischen den Melkzeiten.

Die an der Gemeinschaftsalpe beteiligten Bauern zahlen pro Jahr und Kuh 250 € Futter- und Betreuungsgeld in die Genossenschaftskasse. Weiters müssen jeder 6 Stunden/Kuh und Jahr Arbeitsdienst leisten.

Auf der Alpe Obere sind mit Herbert und Barbara Rüf zwei erfahrene Senner für die Produktion des Alpbergkäses verantwortlich. Die erfahrenen Senner sind bereits den 13. Sommer hier oben mit dem Käsen beschäftigt. Pro Saison erzeugen sie hier etwa 11 t Bergkäse sowie Süßrahmbutter.

Wir konnten ihnen während des gesamten Produktionsprozesses über die Schulter schauen. Es war faszinierend, mit welcher Hingebung sich die beiden dem Käsen widmen - jeder Handgriff sitzt perfekt. Die beiden Käsekessel fassen 1000 bzw. 1500 l Milch. Daraus stellen Herbert und Barbara täglich 5 bis 6 große Käselaibe her.

Dicklegen mit Kälberlab

Zum Dicklegen der Milch verwenden die beiden traditionelles Kälberlab. Dies stellen Rüfs aus Labmägen her, die sie im Frühjahr mit auf die Alp bringen. Damit gerinnt das Eiweiß besser und es bildet sich ein festeres Bruchkorn. Die anfallende Molke wird an die rund 45 Alpschweine verfüttert, die nur wenige Meter von der Sennerei entfernt in einem Stall mit Auslauf untergebracht sind. Für Käsesorten wie traditioneller Bergkäse oder Emmentaler in Naturrinde ist das eine Voraussetzung, um den Käse in einer langen Periode bis zu seinem Reifehöhepunkt zu pflegen.

Fünf bis sechs Monate reift der Käse hier im Schnitt, bis er vermarktet wird. Verkauft wird vor allem an Kleinabnehmer und Wiederverkäufer. Der Anteil der Direktvermarkter ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. 2022 betrug dieser bereits 2/3 der produzierten Menge.

Finanzieller Spielraum zunehmend enger

Die Alpe Obere hat laut Andreas Simma, Obmann der Agrargemeinschaft, 25 Mitglieder und 10 Auftreiber. Sie ist 116 ha groß, hat weiters 10 ha Waldfläche. Die Alphütte steht seit 50 Jahren hier. Sie wurde seither immer wieder modernisiert.

Die Alpe ist von Mitte Juni bis Anfang September, täglich von 8 bis 19 Uhr bewirtet. Dies trägt neben der Käse- und Fleischproduktion, der Holznutzung etc. zu den Einnahmen der beteilgten Bauern bei. Obmann Simma gab aber zu bedenken, dass die Bewirtschaftung der Alp finanziell zunehmend schwieriger werde.

In ihren Schlussworten machten ARGE Heumilch-Obmann Karl Neuhofer und Geschäftsführerin Christiane Mösl noch einmal deutlich: „Unsere Heumilchbäuerinnen und Bauern leisten durch ihre Arbeit einen wertvollen Beitrag zu den Nachhaltigkeitszielen der UNO und unterscheiden sich deutlich vom internationalen Milchangebot. Denn die nachhaltige Heuwirtschaft schützt das Klima, weil durch die Bewirtschaftung des Dauergrünlands Kohlenstoff im Boden gebunden bleibt. Weiters fördert sie die Artenvielfalt. Denn Heumilchbäuerinnen und Bauern mähen viele Flächen erst, wenn viele Gräser und Kräuter in voller Blüte stehen und die Artenvielfalt am größten ist. Und die Heuwirtschaft schont Ressourcen und pflegt die Böden.“

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