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Wie das Sperma in die Paillette kommt

Lesezeit: 4 Minuten

Power-Praktikantin Christina Frangen durfte eine Woche der Zuchtorganisation Rinder-Union West über die Schulter schauen. Absamung, Zucht-Beratung, Tierauktion: Sie war überall mittendrin. Hier ihr Erlebnisbericht.


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Auf dem Betrieb meiner Eltern stehen verschiedene Rassen, aber keine Holstein-Kuh. Trotzdem habe ich mich genau für das Power-Praktikum bei der Rinder-Union West eG (RUW) beworben, die fast ausschließlich Holsteins züchten.


Viele Hornlos-Bullen:

Mich hat dabei vor allem das Thema Hornlos-Zucht interessiert. Ich den­­ke, dass Hornlosigkeit eine gute Lösung für Mensch und Tier ist. Die RUW bietet mit 50 hornlosen Holstein-Bullen so viele wie kaum eine andere Organisation an.


Das habe ich direkt bei meinem Tag auf der Station in Borken zu sehen bekommen. Rund 10 % der 70 Bullen, die dort stehen, sind heterozygot hornlos. Was mich überrascht hat: Die Zuchtwerte sind längst nicht mehr so weit von denen der behörnten entfernt: Beispielsweise steht hier der Bulle Label P mit einem genomischen Zuchtwert von 152. Es war wirklich interessant, diesen Bullen einmal „live“ sehen zu können.


In Borken durfte ich Manfred Mäsing, Mitarbeiter der Station, beim Absamen der Bullen zusehen – in einem respektvollen Abstand zu den großen Tieren. Der Zuchtbulle Tableau sprang auf einen extra ausgewählten Standbullen, der beim Sprungakt sicher still stand. Manfred Mäsing fing dabei das Sperma in der künstlichen Vagina auf. Dreimal in der Woche ist Sprungtag in Borken. Dann samen täglich rund 20 Bullen ab.


Das Ejakulat vom Bullen Tableau habe ich sofort in das Labor nebenan gebracht und es mit einem Etikett mit Name, Herdbuchnummer und Datum versehen. So kommen keine Portionen durcheinander. Anschließend hat Labor-Mitarbeiter Ernst Genking anhand von Menge und Dichte des Ejakulates überprüft, ob es sich überhaupt für die Produktion eignet. Das Ejakulat enthält meist 0,5 bis 2 Mrd. Spermien pro ml, so auch das von Tableau. Sind es weniger, wird das Ejakulat verworfen.


Ein PC-Programm berechnet anhand der Dichte und Menge, wie viele Portionen aus dem Ejakulat herstellbar sind. Bei Jungbullen sind es ca. 100 und bei Altbullen bis über 1 000 Portionen pro Sprung. Das hätte ich nicht gedacht!


Viele Qualitätskontrollen:

Aber bevor das Ejakulat in die Pailletten kommt, wird die Befruchtungs-Qualität geprüft. Das durfte ich auch einmal übernehmen. Dazu habe ich mir mit Ernst Genking die Spermien unter dem Mikroskop angesehen und versucht zu schätzen, wie viele Spermien sich aktiv bewegen. Gar nicht so leicht bei dem Gewusel! Gut, dass das ein PC-Programm übernimmt. Mindestens 75 % der Spermien müssen sich aktiv bewegen, sonst wird das Ejakulat nicht verwendet.


Das Sperma vom Bullen Tableau erreichte diesen Grenzwert und wir konnten es in die beschrifteten Pailletten abfüllen. Rund 20 Mio. Spermien kommen immer in eine Portion.


Anschließend haben wird das noch raumtemperatur-warme Sperma eingefroren. Das geschieht in zwei Schritten, um einen Gefrierschock der Spermien zu vermeiden. Zuerst haben wir die Pailletten für vier Stunden in eine 4°C kalte Kühltruhe gelegt. Danach haben wir sie im Einfrierautomat innerhalb von acht Minuten mit Stickstoffdampf auf -120°C gefrieren lassen. Zum Schluss haben wir die Pailletten in die Stickstoff-Behälter mit -196°C eingelagert. So haben wir das Sperma quasi ewig haltbar gemacht.


Es hat mich wirklich überrascht, wie schnell die Produktion von künstlichem Sperma ist. Schon fünf Stunden nach dem Absamen war das Sperma bereit für die Besamung.


Auf der Besamungsstation herrschen höchste Hygiene-Standards. Denn wie mir Dr. Ulrich Janowitz, Stationsleiter in Borken, erklärte, steht hier das wertvollste Inventar der RUW. Daher ist der Zutritt nur wenigen Personen erlaubt. Für mich bedeutete das: Eintritt nur mit stationseigener Schutzkleidung.


Auch für die Bullen gelten besondere Regeln: Bevor junge Bullen nach Borken dürfen, stehen sie vier Wochen in einer Quarantäne-Station.


Breites Arbeitsfeld:

Neben dem Tag in Borken hat mir auch die Arbeit auf der 209. Zuchtviehauktion in Hamm viel Spaß gemacht. Dort durfte ich im Auktionsring mithelfen und habe die Käufer-Belege mit Preis und Tierkennzahl verteilt. Dieser Job erfordert vollste Multitasking-Fähigkeit! Über 300 Tiere hat die RUW an diesem Tag versteigert. Den Höchstpreis dieses Auktionstages von 3 400 € hat ein Käufer für die Airport-Tochter Cica gezahlt.


An den übrigen Tagen meiner Praktikums-Woche habe ich Beratern und Technikern über die Schulter geschaut. So habe ich z. B. gelernt, die Nachzucht richtig zu beurteilen. Dabei habe ich festgestellt, dass eine Zuchtorganisation viele spannende Berufe zu bieten hat. Außerdem hatte ich auch die Gelegenheit viele interessante Betriebe zu sehen.


Mein Fazit:

Es war eine abwechslungsreiche und interessante Woche – dafür möchte ich mich bei allen Beteiligten bedanken. Ich konnte einen ganz neuen Einblick in die Arbeit einer Zuchtorganisation wie der RUW gewinnen. Besonders gefallen hat mir, wie viel Wert die RUW auf die Zucht von hornlosen Bullen legt. -rei-

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