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Arla investiert in Nigeria

Arla will 2022 in Nigeria einen Milchviehbetrieb mit 400 Kühen und 200 ha Fläche eröffnen. Wir haben mit dem Leiter des Arla-Nigeria Geschäfts Peder Pedersen gesprochen.

Lesezeit: 7 Minuten

Peder Pedersen leitet das Nigeria-Geschäft von Arla vor Ort. Er hat einen Überblick über die Pläne und Visionen gegeben.

Arla plant eine Farm in Nigeria. Was genau steckt dahinter?

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Pedersen: Wir wollen in Kaduna State in Nigeria einen Milchviehbetrieb für bis zu 400 Kühe nach neuesten Standards errichten. Die Flächenausstattung soll bei 200 ha liegen. Der Plan ist, heimische Gräser und Mais anzubauen, damit sich der ­Betrieb zu 100 % mit eigenem Futter versorgen kann.

Wie kam es zu der Entscheidung einen Milchviehbetrieb in Nigeria zu bauen?

Pedersen: Wir haben eine öffentlich-private Partnerschaft mit der Region „Kaduna State“. Gemeinsam wollen wir die Entwicklung des hiesigen Milchsektors voranbringen. Nigeria ist ein wachsendes Land mit der größten Volkswirtschaft in Afrika.

Wir sehen hier Potenzial. Deshalb bewegen wir uns schon seit 25 Jahren auf dem nigerianischen Milchmarkt. Zunächst vorwiegend als Importeur für europäische Molkereiprodukte. Vor zwei Jahren bekamen wir das Angebot, das Management einer bereits bestehenden Molkerei in Kaduna State zu übernehmen.

Wir wollen auch die heimische Milchwirtschaft und die Lebensmittelproduktion auf lokaler Ebene unterstützen. Wir haben die Molkerei ­geleast und sammeln und verarbeiten schon jetzt die Milch von rund 600 einheimischen Kleinbetrieben.

Wird Arla auf der Farm mit ­einheimischen Mitarbeitern und ­Landwirten arbeiten?

Pedersen: Ja. Auf dem Milchviehbetrieb wollen wir 20 bis 25 Mitarbeiter aus der Region beschäftigen. Mein Kollege Snorri Sigurdsson hat das Management des Gesamtbetriebs inne und führt die Trainings der Landwirte durch. Wir möchten bis zu 600 lokale Bauern in der Region trainieren und unterstützen. Das ist Teil unserer ­Kooperation mit dem Bundesstaat ­Kaduna.

Wie ist die nigerianische Landwirtschaft zurzeit strukturiert?

Pedersen: Die hiesige Landwirtschaft lässt sich kaum beschreiben, weil sie sehr unterschiedlich ist. Es gibt sehr viele kleine Landwirte mit zwei bis fünf Kühen, die zwei bis drei Liter Milch am Tag geben. Viele der Bauern ziehen umher und lassen sich nicht nieder. Sie nutzen die Milch für den Eigenbedarf oder verkaufen sie weiter.

Mit der Molkerei geben wir ihnen die Möglichkeit, den Rohstoff zu verkaufen und dafür einen fairen Milchpreis zu erhalten. Außerdem wollen wir Anreize schaffen, in der Region heimisch zu werden. Mit der Arla-Farm möchten wir die hier vor Ort erzeugte Milchmenge steigern, um ein größeres regionales Angebot an Lebensmitteln zu schaffen.

Der nigerianische Milchsektor gibt derzeit so wenig her, dass weniger als 10 % der Nachfrage des Landes von den einheimischen Erzeugern gedeckt werden kann. Ein weiteres Ziel ist, den Nigerianern landwirtschaftliche Fortbildungen anzubieten.

Wie viel Milchgeld bekommt ein ­nigerianischer Farmer zurzeit, wenn er an Ihre Molkerei liefert?

Pedersen: Umgerechnet erhält er rund 35 ct/kg Milch. Das entspricht den hiesigen Marktverhältnissen.

Gefährdet das Arla-Projekt nicht die Existenz kleiner Familienbetriebe vor Ort?

Pedersen: Nein, im Gegenteil. Wie mit dem Bundesstaat vereinbart, arbeiten wir mit den Landwirten zusammen und bauen das Projekt gemeinsam auf und aus. Wir sammeln ihre Milch und garantieren ihnen ein Einkommen. Mit den Schulungen, die sie erhalten, sind sie in der Lage, ihre Betriebe zu optimieren.

Wie wurde das Land, auf dem Sie die Farm errichten wollen, ­vorher genutzt?

Pedersen: Gar nicht. In dieser Region ist nicht viel Infrastruktur vorhanden. Obwohl der Boden sehr fruchtbar ist, wurde das Land nicht bewirtschaftet. Das Land, das wir gepachtet haben, gehört dem Staat. Wir können die Farm also errichten, ohne jemandem etwas wegzunehmen. Außerdem haben wir hier dank Brunnen genügend Wasser.

Muss die Farm in Nigeria die ­gleichen Arla-Standards erfüllen wie die europäischen Lieferanten der ­Genossenschaft?

Pedersen: Ja. Wir werden die Kühe hier nach den Richtlinien von Arlagarden halten. Am Klimacheckprogramm nehmen wir zu Beginn zwar noch nicht teil, perspektivisch wollen wir das aber auch tun. Nachhaltigkeit ist wichtig. Für die Menschen hier geht es aber in erster Linie um die Existenzsicherung und eine ausreichende Versorgung mit Lebensmitteln.

Welche Produkte stellt die Molkerei in Nigeria her?

Pedersen: Wir konzentrieren uns hier vor Ort auf die Produktion von Trinkjoghurt. Die hier produzierten Produkte wollen wir hier in der Region vertreiben. Weitere Arla-Produkte kommen über Importe aus ­Europa nach Nigeria, überwiegend aus unserem Werk im rheinland-pfälzischen Pronsfeld.

Plant Arla den Bau einer eigenen Molkerei vor Ort?

Pedersen: Derzeit sind wir gut aufgestellt. Wenn sich der Markt jedoch weiterentwickelt, werden wir auch andere Möglichkeiten prüfen.

Was ist das Ziel in Bezug auf die Herdenleistung und was ist das Ziel hinsichtlich der verarbeiteten Milchmenge in der Molkerei?

Pedersen: Wir wollen eine Herdenleistung von 3 Mio. kg pro Jahr ­erreichen. Das sind rund 25 bis 30 l je Kuh und Tag.

Welche Menge wir in der Molkerei verarbeiten werden, lässt sich schwer vorhersagen. Das hängt davon ab, wie viel Milch die einheimischen Farmer liefern.

Welchen Stellenwert hat Arla in zehn Jahren in Nigeria?

Pedersen: Wir wollen der führende Anbieter für Milchprodukte sein. Hoffentlich werden sich viele Landwirte in der Region niedergelassen haben. Wir wollen Milchsammelzentren errichtet haben und Schulen und medizinische Anlaufstellen sind vom Bundesstaat in der Region rund um den Betrieb aufgebaut worden. Es sollen kleine Dörfer entstanden sein, in denen Milcherzeuger ihre Produktion vergrößern können. Weitere Arla-Erzeugerbetriebe haben wir nicht geplant.

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Nigeria wächst

Nigeria ist das bevölkerungsreichste Land in Afrika und der Staat mit der größten Volkswirtschaft. Aktuell leben dort rund 200 Mio. Einwohner. Prognosen zufolge soll sich die Bevölkerung bis 2050 auf etwa 400 Mio. verdoppeln.

Weniger große Dimensionen, aber dennoch eine hohe Bedeutung hat die Landwirtschaft in Nigeria. Sie ist geprägt von Kleinbetrieben, die oft nur für den Eigenbedarf wirtschaften. Laut Germany Trade and Invest (GTAI) ist die Landwirtschaft der größte Sektor des Landes und trägt mit 24 % zum Bruttoinlandsprodukt bei.

Mit einer Beschäftigungsrate von 35 % ist er zudem der größte Arbeitgeber. Nach Angaben von GTAI beträgt der Anteil von Kleinbauern rund 80 %, die 90 % der Gesamtleistung erwirtschaften.

Nigeria ist abhängig von Importen. Viele Bauern können aufgrund von Kapitalmangel nicht in moderne Agrartechnik investieren. Außerdem fehle es an Fachwissen, so GTAI. Der Staat versucht mit Förderprogrammen den Sektor zu wandeln, um die Produktion zu erhöhen und die Ernährungssicherheit zu gewährleisten. Seit einigen Jahren steigen immer mehr private Investoren aus dem Ausland in den Sektor ein. Neben Arla investiert z. B. auch FrieslandCampina in Nigeria.

Arla-Sprecher Markus Teubner erklärt: „Nigeria ist ein wichtiger Markt für uns. Sowohl aufgrund der Importe von Arla-Milchprodukten als auch wegen des Aufbaus des heimischen Marktes.“ Am Ende profitierten nicht nur die Menschen vor Ort, sondern auch Arla und die Mitglieder. Denn starke Auslandsmärkte tragen positiv zu Arlas Geschäftsergebnis bei, ist er überzeugt.

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K O M M E N T A R

Wo ist der Haken?

von Kirsten Gierse-Westermeier

Arla möchte in Nigeria bessere Bedingungen für die Menschen schaffen. Ein Projekt reiner Nächstenliebe? Wohl kaum, wie Peder Pedersen und Markus Teubner einräumen.

In zehn Jahren will die europäische Molkereigenossenschaft führender Anbieter von Milchprodukten vor Ort sein. Die Wirtschaftlichkeit steht also im Vordergrund. Das ist legitim.

Arla ist ein genossenschaftlich organisiertes Unternehmen, das die eigene Existenz und die der ­Mitglieder sichern muss. Aber auch die Einheimischen profitieren: Bildung, Arbeitsplätze, Infrastruktur und die Milchsammlung und -entlohnung. Oder?

Es ist angebracht, auch kritisch hinzuschauen. Laut einem Experten wirtschaften Kleinbauern in Afrika oft seit Generationen, ohne ­offizielle Grundbucheinträge oder verbriefte Landrechte. Wenn Investoren aus dem Ausland kommen, um sich das Land anzueignen, verlieren die Bauern ihre Lebensgrundlage. Oft würden die Regierungen das Land ­gerne verkaufen, um Geld zu machen. Die Bevölkerung könne schwer für ihre Rechte eintreten.

Ob das so auch in Nigeria stattfindet, lässt sich nicht beurteilen. Die Welthungerhilfe, die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammen­arbeit (giz) oder der Deutsche Bauernverband konnten oder wollten jedenfalls keine Einschätzung zu unserer Anfrage abgeben.

Germany Trade and Invest (GTAI) erklärte aber, dass internationale Investoren gerne gesehen sind bei Projekten, die mehr lokale Wertschöpfung als Ziel haben. Eine Konkurrenzsituation entstehe nicht. Vorteil sei, dass Kleinbauern ihre Milch direkt an den Großbetrieb ­liefern und angemessen vermarkten können. Eine „Win-win-Situation“ für beide Seiten, so GTAI.

Arla schafft Hilfe zur Selbsthilfe und steigert dabei im besten Fall Umsatz und Wertschöpfung. Wenn davon auch die europäischen Landwirte profitieren, könnte das Projekt für drei Seiten eine „Win-win-win-Situation“ werden.

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