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topplus Hitze, Sonne oder Fliegen die Ursache?

Tipps aus der Praxis: So nutzen die Kühe wieder den gesamten Stall

Landwirte sind verzweifelt: Die Kühe stehen stundenlang dicht gedrängt in einem Stallbereich. Sind Hitze, Sonne oder Fliegen das Problem? Wir haben Landwirte und Experten nach Tipps gefragt.

Lesezeit: 5 Minuten

"Wir haben schon alles versucht: neue Schlauchbelüftung, mehr Fliegenbekämpfung, wir haben Kriechströme und Wasseradern geprüft. Und trotzdem: Jedes Jahr im Sommer nutzen unsere Kühe plötzlich nur noch einen Teil des Stalls. Viele ­Boxen bleiben stundenlang ungenutzt. Natürlich wirkt sich das irgendwann auch auf die Milchleistung aus. Es ist frustrierend!“ Das berichtet ­Richard Meutes aus Rommersheim (Rheinland-Pfalz). Und damit ist er nicht alleine.

Ähnliche Rückmeldungen aus ganz Deutschland sowie Österreich haben uns erreicht, nachdem wir online über das Verhalten von Milchviehherden berichtet haben. Über social media haben wir ebenfalls nachgefragt:

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Auch Claus Schnakenberg, Ringleiter im Beratungsring ­Beverstedt (Niedersachsen) kennt das ­Problem von mehreren Betrieben: „Weil die Kühe nur einen Stallteil nutzen, liegen und fressen sie weniger oder un­regelmäßiger. Es kommt vermehrt zu Klauenerkrankungen. In einigen Betrieben stiegen die Zellzahlen und die Milchleistung ist gesunken.“

Doch was sind die Ursachen und wie lässt sich dieses Verhalten verhindern?

Natürliches Herdenverhalten

Englischsprachige Fachzeitschriften bezeichnen es als „bunching“ (deutsch: bündeln), wenn Kühe dicht gedrängt in einem Stallbereich stehen. Es ist kein unbekanntes Phänomen, sagt Verhaltensexperte Ronald Rongen. „Bereits im 19. Jahrhundert wurde das bei Rindern beobachtet und dokumentiert. Ich kenne es seit mehr als 20 Jahren von Betrieben im In- und Ausland. In den letzten Jahren tritt es verstärkt auf.“

Das auffällige Verhalten beginnt seiner Erfahrung nach in der Regel im Frühjahr/Sommer, dauert manchmal sieben bis acht Stunden pro Tag und hört in der Regel im Herbst wieder auf.

„Man sieht oft, dass sich die Tiere zu einer Seite des Stalls bewegen, wobei dies hauptsächlich, aber nicht ausschließlich im nördlichen, nordöstlichen oder nordwestlichen Teil des Stalls geschieht“, so Rongen. Häufig trete es bei hellem Sonnenschein oder warmem und/oder schwülwarmem Wetter auf.

Zahlreiche Ursachen möglich

Grundsätzlich sei das Verhalten der Rinder, sich gemeinsam in eine Ecke des Stall zusammenzustellen, eine natürliche Strategie nach dem Motto: „Als Gruppe ist man sicherer und stärker“. Besonders in Stresssituationen trete das Herdenverhalten daher verstärkt auf bzw. werde dadurch ausgelöst.

Allerdings sind die Ursachen seiner Meinung nach vielfältig. Um nur einige Beispiele zu nennen: Sonneneinstrahlung, Schattenwirkung, Raumtempe­ratur, Ventilatoren, Luftströmung und Lüftungsverteilung, „saisonales“ Stallklima, Stalleinrichtung, elektromagne­tische Felder, Kriechstrom, Schädlings-/Fliegendruck oder Gruppengröße der Herde. Außerdem könne auch eine Kombination verschiedener Faktoren die Ursache sein.

Rongen gibt zu bedenken, dass die Art der Milchviehhaltung das Verhalten von Rindern beeinflusst: „Das „bunching“ wird unter anderem dadurch ausgelöst, dass die Rinder in der begrenzten Stallumgebung nicht fliehen können. Ein oder mehrere Umweltfaktoren können dieses Verhalten dann noch verstärken.“

Was ist die Lösung?

Der Verhaltensexperte empfiehlt betroffenen Betrieben, die Tiere genau zu beobachten und das Verhalten ­sowie die äußeren Umstände (Wetter, etc.) zu dokumentieren. Rongen: „Wenn bestimmte Luftströme oder Lüftungsmuster die Ursache sind, sollte man versuchen, diese zu ver­bessern. Bei Fliegenbefall ist eine gezielte und stallfliegenspezifische Bekämpfung angebracht.“

Mehrere Landwirte haben berichtet, dass sie mit einer Fliegenbekämpfung das Problem in den Griff bekommen haben. Laut Experten ist der Fliegendruck in den letzten Jahren ­generell gestiegen. Kurzfristig können Pour­On-Präparate hilfreich sein, ­wobei diese Fliegen nur abwehren und Wartezeiten zu berücksichtigen sind. Langfristig effektiv sei nur eine im Frühjahr beginnende, regelmäßige Larvenbekämpfung.

Berater Claus Schnakenberg erklärt: „Einige Betriebe haben gute Erfahrungen mit einer verstärkten Fliegenbehandlungen oder Ventilatoreneinsatz gemacht – aber nicht alle.“

Auch Landwirt Richard Meutes hat die Lösung noch nicht gefunden. „Seitdem die Außentemperaturen gesunken sind, stehen, liegen und fressen die Kühe wieder gleichmäßig im Stall verteilt. Wir müssen im nächsten Jahr schauen, ob oder wie stark das Verhalten auftritt und verschiedene Maßnahmen testen.“

SCHNELL GELESEN

Auf vielen Betriebe stehen die Kühe im Sommer zeitweise dicht gedrängt in einem Stallbereich.

Sinkende Milchleistung, höhere ­Zellzahlen oder Klauenprobleme können die Folge sein.

Die Ursachen sind laut Experten nicht eindeutig, sondern betriebsindividuell und haben oft mehrere Gründe.

Suche nach Ursache: Viele Betriebe sind ­verzweifelt

Wir haben top agrar-Leserinnen und Leser nach ihren Erfahrungen gefragt. Eine konkrete Lösung gibt es noch nicht, das zeigen diese vier Beispiele:

  • Endlich greift jemand dieses Thema auf! Ich beobachte das Verhalten schon seit Jahren und vermute vor ­allem beißende Fliegen als Ur­sache. Das Behandeln mit PourOn ­sowie Kuhdusche zeigte bei uns ­Wirkung. Doch komplett ausrotten konnten wir die Fliegen nicht. In den nächsten Jahren wird uns dieses Problem vermutlich stärker beschäftigen als uns lieb ist. (Gerhard Lindner, Auerbach, Bayern)
  • Wir haben dieses Phänomen wochenlang bei uns im Stall beobachtet. Die Kühe drängten schon am frühen Nachmittag in den oberen alten Stall bzw. Wartehof. Der Stall besteht schon seit ca. zwölf Jahren, aber dieses Verhalten ist absolut neu. (Carsten Gosch, Oldenbüttel, Schleswig-Holstein)
  • Schon im alten Stall hatten wir das Problem. Wir haben Curtains eingebaut, einen weiteren Ventilator angebracht, die Liegeboxen elektrisch geerdet – aber nichts funktionierte. Im neuen Stall haben wir das Problem jetzt wieder. Eine Vermutung ist Elektrosmog, da im gemiedenen Stallteil die Kuhantennen und Steuererungen der Ventilatoren sind.­ (Tanja Laures, Fleringen, Rheinland-Pfalz)
  • Es war katastrophal: Ab 10.00 Uhr haben sich die Kühe zusammengerottet und erst abends wieder im Stall verteilt. Die Außentemperatur spielte keine Rolle. Die Roboter-Melkungen sind auf 2,1 abgesackt und die Futteraufnahme ist um 3 kg Trockenmasse eingebrochen. Nachdem wir die Tiere mit einem Aufgussmittel gegen Fliegen behandelt und die Ventilatoren verstärkt haben, hat sich die Situation verbessert. (Ulf Gelhaar, Steinau-Seidenroth, Hessen)

Wir werden das Thema weiter verfolgen. Haben Sie andere Erfahrungen gemacht oder weitere Tipps für Berufskollegen? Dann schreiben Sie mir: anke.reimink@topagrar.com

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