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Ein gesunder Darm bringt höhere Leistungen

Lesezeit: 9 Minuten

Eine gesunde Darmflora verdrängt krankmachende Keime und ist Voraussetzung für hohe Leistungen und fitte Schweine. Welche Rolle dabei die Fütterung spielt, erklärt Josef Bunge, Landwirtschaftskammer NRW.


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Wie wichtig ein gesunder Darm für die Verdauungsfunktion und hohe Leistungen ist, ist bekannt. Darüber hinaus ist der Darm aber auch das größte Immunorgan des Schweins. Die Darmzotten sind von Lymphkanälen durchzogen, deren Lymphknoten Abwehrzellen bilden. Rund 70 % der vom Körper gebildeten Antikörper werden von der Darmschleimhaut freigesetzt.


Ist die Darmfunktion beeinträchtigt bzw. die Schleimhaut beschädigt, wird das Immunsystem geschwächt. Krankheitsausbrüche sind die Folge. Tatsächlich sind rund zwei Drittel der Krankheitsursachen bei Schweinen im Darm zu suchen. Für gute Leistungen und einen hohen Gesundheitsstatus ist die optimale Darmgesundheit daher das oberste Gebot.


Hochleistungszentrum Darm


Das Multifunktionssystem Magen-Darm-Trakt kann jedoch nur dann optimal funktionieren, wenn sich die Darmflora im Gleichgewicht befindet (siehe Kasten Seite S 27). Wichtig ist dabei vor allem, dass der Darm ausreichend und gleichmäßig mit darmeigenen Keimen besiedelt ist, so dass krankmachende Keime keine Chance haben, sich dort einzunisten.


Probleme bereiten immer wieder eine mangelnde Futter- und Wasserhygiene oder eine nicht angemessene Futterzusammensetzung. Denn der Darm steht in direkter Verbindung nach außen, und wird so ständig mit den äußeren Einflüssen wie z. B. Wasser, Futter oder Keimen konfrontiert. Bei Hygieneproblemen kommt es zu einer Anflutung von darmfremden Keimen. Das Gleichgewicht der Darmflora wird gestört, pathogene Keime breiten sich aus und setzen Endotoxine frei. Diese gelangen über die Darmwand in die Blutbahn und können Krankheiten verursachen. Neben akuten Durchfallerkrankungen kommt es vor allem zu MMA-Problemen, Entzündungen, Fieber und Hautnekrosen wie Blutohren. Gleichzeitig wird das Immunsystem geschwächt, so dass die Abwehrzellen nicht richtig arbeiten können (siehe Übersicht 1).


Der Darm braucht Rohfaser


Bei der Rationsgestaltung wird häufig der Fehler gemacht, dass aufgrund der steigenden Leistungen ein hoher Anteil energie- und proteinreicher Komponenten und zu wenige Rohfaserprodukte eingesetzt werden. Darunter leidet die Darmflora. Zur Unterstützung der Darmflora und Darmtätigkeit sollte jedes Futter fermentierbare, quellfähige Rohfaserkomponenten enthalten. Sinnvoll sind z. B. Trockenschnitzel, Malzkeime, Biertreber, Apfeltrester, Kleien, Sojabohnenschalen oder Holzfaser. Die Rohfaser von Maisspindeln und Stroh sind weder fermentierbar noch quellfähig und somit nicht darmwirksam.


Rohfaser übernimmt bei der Verdauung vielfältige Funktionen: Sie liefert zum Teil Energie für die Darmbakterien, so dass diese sich ausreichend vermehren. Gleichzeitig wirken Faserkomponenten positiv auf die Darmbewegung. Rohfaser fördert zudem die Sekretion von Verdauungssäften und regt damit auch die Vermehrung der Darmflora an.


Allerdings weisen die Faserträger unterschiedliche Qualitäten auf. Wichtig ist der Gehalt an bakteriell fermentierbarer Substanz (BFS). Denn nur die BFS können die Bakterien verwerten und zu kurzkettigen Fettsäuren umsetzen, die im hinteren Darmabschnitt resorbiert werden. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Quellfähigkeit bzw. die so genannte Wasserhaltekapazität. Je mehr Wasser die Faserkomponente aufnehmen kann, desto höher ist das Quellvermögen (vergleiche Übersicht 2). Positiv dabei ist, dass der Nahrungsbrei länger im Darm verweilt und die Darmtätigkeit angeregt wird.


Bei der Auswahl der Faserträger ist generell das Mykotoxinrisiko zu beachten. Bei den Kleien und beim Stroh ist das Risiko erheblich höher als z. B. bei Apfeltrester oder Trockenschnitzeln. Kaum ein Rohfaserträger erfüllt jedoch alle Qualitätskriterien gleichzeitig. Für eine ausgewogene Rationsgestaltung und Ernährung der Darmbakterien ist es daher sinnvoll, mehrere Faserträger zu kombinieren. Für Selbstmischer bieten sich so genannte Fasermixe an.


Vorverdauung fördern


Mangelnde Rohfaseranteile und hohe Energie- und Proteingehalte können dazu führen, dass die Verdauung im Magen und die Aufspaltung im Dünndarm nicht optimal ist. Dadurch gelangt unverdauter Futterbrei in die hinteren Darmab­schnitte. Die Folge: Darmfremde Keime spalten unverdaute Stärke sowie Protein auf und vermehren sich. Der Darmflora fehlen die Faserkomponenten als Nahrungsgrundlage und sie wird weiter zurückgedrängt.


Für eine bessere Vorverdauung bieten sich proteinärmere Mischungen an. Im Ferkelfutter sollten überwiegend hochwertige Protein- und Energie­komponen­ten wie Plasmaprotein und Kartoffeleiweiß bzw. auf­geschlossenes Getreide eingesetzt werden. Das können die jungen Schweine besser verwerten.


Gleichzeitig sollten Sie die Asche- bzw. Mineralstoffgehalte im Auge behalten. Diese verhalten sich wie Sand und schmirgeln die Darmzotten regelrecht ab. Das Gewebe wird geschädigt, so dass der Nährstofftransport und das Immunsystem in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Darmzotten bei Ferkeln sind besonders empfindlich. Deshalb sollte der Aschegehalt beim Futter für abgesetzte Ferkel maximal 5,5 % betragen.


Aufgrund der hohen Futteraufnahme von über 7 kg während der Säugephase spielt der Aschegehalt auch bei der Fütterung laktierender Sauen eine große Rolle. Bei diesen Futtermengen werden immerhin gut 400 g Rohasche durch den Darm geschleust. Daher ist es sinnvoll, hochverdauliche, organische Mineralstoffträger einzusetzen, um die Einsatzmenge zu verringern. Aufgrund der geringeren Futteraufnahme haben die Aschegehalte in der Mastschweinefütterung eine geringere Bedeutung.


Nützlich für eine gute Darmfunktion ist die Struktur bzw. die Strukturwirksamkeit des Futters. Entscheidend ist, dass der Anteil der Körnung mit weniger als 0,5 mm Durchmesser deutlich unter 30 % liegt. Sonst kann es zur Verkleisterung des feinen Futters im Darm kommen. In der Ferkelfütterung ist daher Mehlfutter den Pellets vorzuziehen. Gut strukturiertes, mehlförmiges Futter wird gleichmäßiger aufgenommen und eingespeichelt sowie im Magen gut durchmischt und vorverdaut.


Zusätze und ihre Wirkungen


Neben den unterschiedlichen Möglichkeiten der Rationsgestaltung können verschiedene Futterzusätze die Darmtätigkeit unterstützen:


Probiotika: Hierbei handelt es sich meist um Sporen der Milchsäurebakterien, die dem Mineral- bzw. Mischfutter zugesetzt sind. Über das Futter aufgenommen keimen sie aus, besiedeln vorrangig den Dünndarm und nehmen hier eine so genannte Platzhalterfunktion ein – unterstützend zur darmeigenen Flora. Das heißt, dass sich keine Schadkeime einnisten können. Zudem regen sie die Ausschüttung von Enzymen und somit die Nährstoffverdauung an.


Eine ähnliche Wirkung haben auch flüssige, milchsäurehaltige Spezialprodukte, die in Betrieben mit Flüssigfütterung eingesetzt werden können.


Prebiotika wie z. B. Oligosaccharide oder Inulin gelangen unverdaut in den Dickdarm und stehen hier darmeigenen Bakterien als Nahrungsquelle zur Verfügung. Vorsicht ist bei Dysenterie-Problemen geboten: Brachyspiren profitieren ebenfalls von den Prebiotika.


Futtersäuren unterstützen die Vorverdauung im Magen. Gekapselte Säuren gelangen bis in den Darmabschnitt und wirken hier antimikrobiell.


Ätherische Öle und Kräuter regen die Speichelbildung und die Enzymtätigkeit an. Sie unterstützen die Verdauung, so dass kaum unverdauter Nahrungsbrei im Dickdarm ankommt. Zudem haben sie z. T. einen antimikrobiellen Effekt.


Mittelkettige Fettsäuren liefern Energie für die darmeigenen Bakterien und hemmen speziell pathogene Keime.


Bei Darmstörungen schnell reagieren


Verdauungsstörungen treten häufig in Stresssituationen auf. Jede Umstallung, Rangkämpfe, Futterwechsel, hoher Erregerdruck oder eine Antibiotikabehandlung belasten den Darm. Während dieser Zeit ist es besonders wichtig, Maßnahmen zu ergreifen, um die Darmgesundheit zu unterstützen.


Abrupte Futterwechsel sollten Sie zumindest in der Ferkelaufzucht vermeiden. Damit sich das Magen-Darm-System und vor allem die Darmflora auf die neue Futterzusammensetzung einstellen können, sollten Sie gleitende Futterübergänge schaffen.


Für eine gleichmäßige Darmtätigkeit ist entscheidend, dass der Nahrungsbrei kontinuierlich im Darm ankommt. Ferkel und auch Mastschweine sollten das Futter in kleinen Portionen gleichmäßig über den Tag verteilt erhalten. Denn sie haben einen verhältnismäßig kleinen Magen und kurzen Darm. Überfressen sich vor allem die jungen Tiere, ist die Vorverdauung im Magen unzureichend. Magen-Darm-Störungen bzw. Durchfälle sind vorprogrammiert.


Anders ist die Situation bei niedertragenden Sauen. Hier hat es sich bewährt, die Tiere einmal täglich zu füttern. Der Verdauungstrakt ist lang und für einen ausreichenden Vorschub ist eine Futtermenge von mindestens 1,5 kg notwendig, damit es nicht zur Darmträgheit und zu Verstopfungen kommt.


In Stresssituationen ist der Einsatz von Futterzusätzen besonders sinnvoll. In der Ferkelfütterung sollten Futtersäuren und Probiotika Standard sein. Auch während bzw. nach einer Antibiotikagabe sollte man auf Probiotika nicht verzichten. Denn diese helfen die durch das Antibiotikum zerstörte Darmflora wieder aufzubauen.


Vor dem Einsatz bestimmter Zusätze bzw. verschiedener Fütterungsstrategien sollten Sie gemeinsam mit dem Tierarzt den Keimdruck und das Erregerspektrum im Betrieb ermitteln. Zu den pathogenen Darmbakterien gehören vor allem E. Coli, Lawsonia intracellularis (PIA), Brachyspira hyodysenteriae (Dysenterie) und Salmonellen.


Der Einsatz von hochverdaulichen Stärke- und Proteinkomponenten wirkt sich beim Vorkommen aller vier Erreger positiv auf die Darmflora aus. Es kommt weniger unverdaute Stärke oder Protein in die hinteren Darm­abschnitte. Den krankmachenden Keimen wird so die Nahrungsgrundlage ent­zogen.


Säureprodukte wirken vor allem gegen E. Coli und Salmonellen. Bei Lawsonien und Brachyspieren gibt es hingegen nur begrenzte bzw. kaum Erfolge. Der Einsatz von Probiotika als so genannte Platzhalter hat sich bei Coli- und Salmonellen-Problemen ebenfalls bewährt. Die verbesserte Verdauungsleistung führt zu einer verringerten Nahrungsanflutung in den hinteren Darmabschnitten, so dass auch PIA- und Dysenterie-Erreger in Schach gehalten werden. Prebiotika wirken positiv gegen Coli und Salmonellen. Allerdings stehen sie auch den Brachyspiren als Nahrung zur Verfügung. Bei PIA- und Salmonellen-Problemen ist es sinnvoll, gröberes Futter einzusetzen, feineres Futter bei Dysenterie-Druck.


Fazit


Der Darm ist ein Multifunktionsorgan. Er muss nicht nur Futterbestandteile verwer-ten, sondern ist auch ein wichtiger Baustein des Immunsystems beim Schwein. Um den Darm gesund zu erhalten, sind folgende Punkte zu beachten:


Das Gleichgewicht der Darmflora muss stabil sein.


Das Futter sollte nicht zu hohe Proteingehalte aufweisen und ausreichend fermentierbare, quellfähige Rohfaserkomponenten enthalten.


Wichtig ist auch, die Vorverdauung zu fördern, damit nicht zu viel unverdauter Futterbrei in die hinteren Darmabschnitte gelangt und von pathogenen Keimen verwertet werden kann.


Zur Unterstützung der Darmflora und Darmgesundheit ist der Einsatz von Futterzusätzen sowohl zur Prophylaxe als auch bei speziellen Verdauungsproblemen sehr hilfreich.

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