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topplus Nachhaltig und CO2 neutral

Schweinehalter in Dänemark setzen auf klimafreundliche Schnitzel

Ab 2050 will Dänemark alle Lebensmittel nachhaltig und klimaneutral erzeugen. top agrar hat recherchiert, welche Maßnahmen die dänische Schweinebranche dazu ergreift.

Lesezeit: 6 Minuten

Bei einem Selbstversorgungsgrad von mehr als 620 % brauchten die dänischen Schweinefleisch­erzeuger schon immer gute Argumente, um der Konkurrenz eine Nasenlänge voraus zu sein. Nur so konnten sie sich auf den internationalen Märkten behaupten.

Zurzeit bestimmen Nachhaltigkeit und Umweltschutz weltweit die öffentliche Diskussion. Deshalb will die dänische Schweinebranche nicht nur beim Tierwohl, der Lebensmittelsicherheit und Rückverfolgbarkeit hohe Standards setzen, sondern auch beim Klimaschutz und der Nachhaltigkeit die Nase vorn haben. Das Ziel: Ab 2050 sollen alle Nahrungsmittel nachhaltig und klimaneutral produziert werden.

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Mehr Output mit weniger Input

Dazu hat die Branche einige Projekte auf den Weg gebracht, die alle unter dem Motto stehen „more with less“, also mehr Schweinefleisch zu erzeugen um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren, und gleichzeitig die natürlichen Ressourcen zu schonen.

Mit Erfolg: In den letzten 30 Jahren ist es der Branche gelungen, die Schweinefleischproduktion um knapp 40 % zu steigern, gleichzeitig jedoch die ­Umwelt-belastung zu vermindern. Die Stickstoffemissionen je erzeugtem Kilogramm Schweinefleisch wurden nach Angaben des dänischen Informations- und Wissenszentrums „Seges“ um rund 53 %, die für Phosphor um 56 % und die Ammoniakverluste sogar um 75 % reduziert.

Auch der CO2-Ausstoß wurde seit 1995 um 45 % vermindert. Das nächste ehrgeizige Zwischenziel auf dem Weg zur vollständigen Klimaneutralität ist es, den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2030 um 70 % zu senken. Dazu müssen jedoch alle Akteure entlang der fleisch­erzeugenden Kette an einem Strang ziehen. Das betrifft die Regierung und die Forschung ebenso wie die Landwirte, sowie die Schlacht- und Verarbeitungsunternehmen.

Nach Seges-Untersuchungen fällt der überwiegende Teil der Klimawirkung während der Mast an (59,1 %). Auf die Ferkelaufzucht entfallen 21,5 % und auf die Ferkelerzeugung nur 14 %. Der Transport (0,3 %) und die Schlachtung (5,1 %) hingegen haben einen wesentlich geringeren ­Einfluss auf das Klima. Die größten Stellschrauben im Bereich der Primär­produktion sind nach Ansicht der Wissenschaftler der Futtermittelanbau, die Wurfgröße der Sauen und die Verdauung der Schweine.

Grasprotein statt Soja

Großen Einfluss auf die Nachhaltigkeit haben die eingesetzten Futtermittel. Ab 2025 soll das Sojaschrot zum Füttern dänischer Schweine daher ausschließlich aus umweltverträglicher und entwaldungsfreier Produktion stammen. Die Branche forciert zudem den Anbau heimischer Eiweißpflanzen und die Erforschung alternativer Proteinquellen.

Ein vielversprechender Ansatz ist die Gewinnung von „grünem Protein“ aus heimischem Gras, Klee und Luzerne. Dieses Verfahren wird von der Universität Aarhus und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen im Forschungszentrum Foulum intensiv erforscht. Das frisch geerntete Gras wird dazu zunächst zerkleinert und gepresst. Der Pflanzensaft wird gefiltert, mithilfe eines Wärmetauschers auf 80 °C erwärmt und das ausgeflockte Eiweiß in einer Zentrifuge abgeschieden. Durch Milchsäuregärung wird das Pflanzeneiweiß ausgefällt und dann getrocknet.

Das so gewonnene trockene Proteinpulver ist lange haltbar und kann in das Futter von Schweinen oder Hühnern eingemischt oder in der menschlichen Ernährung eingesetzt werden. Der Presskuchen dient als Strukturfutter für Rinder, wird in Biogasanlagen vergoren oder zur Herstellung von Dämmmaterial verwendet.

Hohe Investitionskosten

Versuche der Universität Aarhus haben gezeigt, dass der Eiweißgehalt des ­Graskonzentrats mit 50 % etwa dem von Sojaschrot entspricht. Zudem ist die Aminosäurezusammensetzung vergleichbar gut und das grüne Eiweiß enthält einen hohen Anteil ungesättigter Fettsäuren. Da es zudem schmackhaft ist, könnte es Sojaschrot in den Rationen größtenteils ersetzen, ohne das Wachstum der Schweine oder deren Fleischqualität negativ zu beeinflussen.

Noch sind die Investitionskosten allerdings zu hoch. Das grüne Protein kommt daher vermutlich zunächst nur in der dänischen Bioschweinehaltung zum Einsatz, denn Bio-Sojaschrot ist annähernd doppelt so teuer wie konventionelle Ware. Nach bisherigen Erfahrungen lassen sich pro Hektar 0,72 t reines Grasprotein erzeugen. Um den Proteinbedarf der ökologischen Schweinehaltung ganz Dänemarks zu decken, wären demnach 20.000 ha Biograsflächen erforderlich.

Doch die dänischen Tierernährer gehen noch weiter. Jüngste Errungenschaft der Branche ist eine elektronische Datenbank zur Berechnung des CO2-Fußabdrucks von Futtermitteln. Anhand dieser Daten können die Schweinehalter bei der Rationsgestaltung nicht nur die enthaltenen Nährstoffe der jeweiligen Komponente berücksichtigen, sondern auch deren Klimawirkung berechnen.

Auch die Schweinezüchtung trägt dazu bei, die Nachhaltigkeit zu verbessern. Denn jedes zusätzlich abgesetzte Ferkel und jedes zusätzliche Gramm Tageszunahmen erhöht die Produk­tivität und schont so die natürlichen Ressourcen. Die Futtereffiziens und die Wurfgröße sind daher zentrale Elemente der dänischen Zuchtstrategie.

Im internationalen Vergleich führen die dänischen Schweinehalter hier seit Jahren das Feld an. Laut Auswertung der InterPIG haben die dänischen Ferkelerzeuger im Jahr 2019 stolze 14,9 Ferkel pro Wurf abgesetzt. Deutschland liegt auf Platz zwei mit 13,0 Ferkeln.

Das gleiche Bild bei den Zunahmen: Die dänischen Mäster erreichten mit ihren Mastschweinen im Gewichtsabschnitt von 30 bis 120 kg 954 g Tageszunahmen. Deutschland belegt Platz zwei mit 931 g.

Nachhaltige Tierhaltung

Auch die Haltung kann dazu beitragen, dass Dänemark klimaneutraler produziert. Eine Schlüsselrolle nimmt dabei das Güllemanagement und das Senken der NH3-Emissionen ein. Wird die Gülle z. B. unterflur gelagert, wird weniger klimaschädliches Ammoniak freigesetzt, wenn die Gülle häufiger abgelassen wird und in einen überdachten Güllebehälter gepumpt wird. 

Technisch aufwendiger sind Verfahren der Güllekühlung bzw. der Gülleansäuerung. Durch Güllekühlung z. B. können die NH3-Emissionen im Stall um mehr als 30 % reduziert werden. Und die in der Wärmepumpe gewonnene Wärme lässt sich dann zum Aufheizen von Ferkelnestern und Klein­klimazonen im Aufzuchtstall nutzen.

Noch effektiver ist die Gülleansäuerung, bei der der Gülle Säure (z. B. Schwefelsäure) zugemischt wird, die den pH-Wert auf 5,5 senkt und die NH3-Emissionen in Mastschweineställen um bis zu 64 % reduzieren kann.

Nachhaltig ist aber auch die Verwertung der Gülle in einer Biogasanlage, oder der Einsatz energiesparender ­Pumpen bzw. Lüftungsventilatoren und Leuchtmittel im Stall.

Antibiotikafreie Tierhaltung

Nachhaltigkeit bedeutet für die dänischen Schweinehalter aber auch, weniger Antibiotika einzusetzen. Das gilt vor allem für sogenannte Reserveantibiotika, die für die menschliche Gesundheit besonders wichtig sind. Dazu gehören Fluorchinolone, Cephalosporine der dritten und vierten Generation oder das Cholistin. Von 2009 bis Mai 2021 gelang es den dänischen Schweinehaltern, den Einsatz von Antibiotika für die Produktion eines Mastschweins von der Geburt bis zur Schlachtung von 4,2 g auf 2,7 g zu senken.

Vier dänische Vermarkter, zu denen u. a. Danish Crown und Wiking Meat gehören, unterstützen darüber hinaus ein Konzept, bei denen komplett auf den Einsatz von Antibiotika verzichtet wird (siehe top agrar 6/2017). Die Rede ist von sogenannten OUA-Schweinen (opdraettet uden antibiotika = aufgezogen ohne Antibiotika).

Lesen Sie morgen die Reportage über Berith und Jens Peter Nissen, die mit der freiwilligen Klimazertifizierung staatlichen Vorgaben zuvorkommen wollen.

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