Landwirtschaft und Verbraucher haben sich stark voneinander entfernt. Wer Fleisch zum Billigpreis an der Ladentheke kauft, macht sich selten klar, was dahinter steckt. Darauf hat Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Dr. Robert Habeck auf der letzten Station seiner Sommerreise bei einem Landschlachter und bei der Böklunder Plumrose GmbH am vergangenen Freitag hingewiesen. Eine Woche lang hatte er sich zuvor von der Tierproduktion über den Transport bis zur Schlachtung über die realen Produktionsbedingungen in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung informiert.
Auf seiner Reise machte sich der Minister ein Bild von der Rinderzucht, besuchte große Schweinezucht- und Mastanlagen, beobachtete die Verladung von Schlachtvieh und Schlachtungen in einem Schlachtbetrieb. „Wir müssen einen ehrlichen Blick wagen: Unter welchen Bedingungen werden Tiere gezüchtet, gemästet und wie sterben sie“, sagte Habeck. Er bezeichnete einen solchen Blick als „hart“. Ihn irritiere beispielsweise der Anblick von Sauen im Ferkelschutzkorb, berichtete Habeck. Aber er habe erfahren, dass es für vieles plausible Antworten gebe. So liege die säugende Sau im Ferkelschutzkorb, weil sie sonst ihre Ferkel erdrücke. Die Schweineschwänze würden kupiert, weil sich noch nicht erklären lasse, warum Schweine Schwänze bissen und es deshalb noch keine gesundheitlich bessere Lösung für die Tiere gebe. Allerdings werfe jede Antwort wieder Fragen auf, stellte der Bündnisgrüne fest.
Landwirtschaft durch Verbraucher und Einzelhandel unter Druck
Klar werde auch, so Habeck weiter, wenn die Verbraucher weiter viel Fleisch für wenig Geld essen wollten, werde man nicht um eine industriell geprägte, intensive Nutztierhaltung von sehr vielen Tieren in den Betrieben umhinkommen. Aber sie müsse dem Tierwohl und der Umwelt verpflichtet sein. Das sei leicht gesagt, doch es zu erreichen, sei schwer und stehe zum Teil im Widerspruch, so der Minister. Er betonte, auch die Landwirtschaft stecke in harten wirtschaftlichen Zwängen, die der Verbraucher mit seinem Kaufverhalten präge. Zwischen ihnen in der Produktionskette stünden Vermarkter und Einzelhandel. „Für sie ist oft der niedrigste Preis oberste Priorität“, unterstrich Habeck.
Nach seiner Auffassung werden außerdem zum Teil die Qualitätsstandards falsch gesetzt. Qualität bedeute, dass die Tiere gut gehalten würden, die Löhne fair seien und der Inhalt gesund und hochwertig sei. „Wir können innerhalb des bestehenden Systems höhere Standards - etwa durch Ordnungsrecht - herbeiführen, aber damit bleiben wir im System. Die Landwirte, die ich getroffen habe, achten und schätzen ihre Tiere, obwohl sie intensiv wirtschaften“, resümierte der Minister. Zwar stünden auch die Bauern in der Pflicht für mehr Tierwohl und höhere Umweltstandards, aber die Politik müsse ebenso die Vermarktung und die Nachfrage im Blick haben. Wenn „tierische Produkte im Einzelhandel verramscht werden, ist das ein Skandal“. (AgE)
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