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topplus Vollkostenrechnung

Ein Preis, der alle Kosten in der Schweinehaltung deckt

Welche Vollkosten verursachen die Erzeugung eines Ferkels und die Mast eines Schweins? Unser Autor ermittelt sie für das Strohschweinprogramm der Erzeugergemeinschaft Südbayern und der Rewe.

Lesezeit: 6 Minuten

Unser Autor: Norbert Schneider, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft

Das Bestreben nach einem gerechten Preis für ein erzeugtes Schwein ist nicht neu. Doch leider wurde dieses Ziel in der Vergangenheit viel zu oft verfehlt.

Schnell gelesen

  • Die LfL errechnet für ein Strohschwein-Programm die Vollkosten in der Ferkelerzeugung und Mast.

  • Für die Ferkelerzeugung gelten die Vorgaben von ITW und für ­gentechnikfreie Fütterung, für die Mast Haltungsform Stufe 3.

  • Die Vollkosten in der Ferkelerzeugung liegen aktuell bei 102,20 €/Ferkel, in der Mast bei 2,77 €/kg SG.

  • Die ermittelten Preise sind den ­Programmbetrieben in den folgenden sechs Monaten garantiert.

Die gerechteste Form der Bezahlung ist ein Schweinepreis, der auf Basis einer Vollkostenrechnung ermittelt wird. Dazu gehören neben den variablen und festen auch die kalkulatorischen Kosten wie die Entlohnung der Arbeitszeit und die Verzinsung des eingesetzten Kapitals.

Die Erzeugergemeinschaft (EG) Südbayern und die Rewe haben sich bei ihrem Programm „Bayerisches Strohschwein“ für diesen Weg entschieden und die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) gebeten, dafür die Vollkosten zu ermitteln.

Im März 2023 starteten wir mit der ersten Kostenermittlung bzw. Preisfeststellung. Sie umfasst sowohl die Ferkelerzeugung als auch die Mast und basiert auf Nettopreisen ohne Güllewert und ITW-Zuschlag. Nach jeweils sechs Monaten wird sie wiederholt. Für die variablen Kosten ziehen wir die Durchschnittswerte des letzten halben Jahres heran. Die festen und kalkulatorischen Kosten werden am Stichtag überprüft und aktualisiert.

Preise gelten sechs Monate

Die letzte Vollkostenrechnung fand Mitte März 2024 statt. Die ermittelten Preise gelten für die folgenden sechs Monate, aktuell also von April bis September 2024 (siehe Übersichten 1 und 2).

Das Programm „Bayerisches Strohschwein“ setzt in der Ferkelerzeugung die Teilnahme an ITW und die Fütterung ohne Gentechnik nach VLOG voraus. Für die Schweinemast gelten die Mindestanforderungen der Haltungsform Stufe 3 des Lebensmitteleinzelhandels. Allerdings muss die Stroheinstreu sichtbar vorhanden sein.

Die zugrunde gelegten Leistungskennzahlen entsprechen den Durchschnittswerten des Landeskuratoriums der Erzeugerringe für tierische Veredlung in Bayern (LKV). Derzeit sind das in der Ferkelerzeugung 25,6 verkaufte Ferkel pro Sau und Jahr bei 12 % Saugferkel- und 2 % Aufzuchtverlusten.

Variable Kosten Sauenhaltung

Für die Kosten der Bestandsergänzung ermitteln wir einen Durchschnittspreis für deckfähige bayerische Jungsauen der Rassen DL und DL x DE. Hinzu kommen Aufzuchtkosten von derzeit 37 € netto für die Zeit bis zum Decken. Bei der Remontierungsrate orientieren wir uns ebenfalls an den Werten des letzten LKV-Berichts.

Typische Rationen

Für die Futterkosten sind typische Rationen hinterlegt, die vom Institut für Tierernährung der LfL stammen. Die Zukaufpreise für Futtermittel und der Erzeu­gerverkaufspreis für Getreide basieren auf den Marktberichten des Bayerischen Bauernverbandes. Eigenerzeugtes Getrei­de erhält einen Aufschlag für das Umschlagen und die Handelsspanne der Lagerhäuser.

Die Daten für Tierarzt, Medikamente und Hygiene entnehmen wir jeweils dem letzten LKV-Bericht und ergänzen sie vorsorglich um die neue Gebührenordnung. Bei Strom, Wasser und Heizstoffen ermitteln wir die Verbräuche nach Stallsystemen laut KTBL und verrechnen sie mit den bayerischen Durchschnittspreisen des letzten halben Jahres.

In der Mast handelt sich um eine dreiphasige NP-reduzierte Futterration. Dabei werden klassische Komponenten wie Gerste, Weizen, genfreies Soja und Mineralfutter unterstellt. Ausgehend von den aktuellen LKV-Werten gehen wir in der Mast von 816 g Tageszunahmen und 2,7 % Verlusten aus. Das Lebendgewicht am Ende der Mast liegt bei 123,1 kg, das Schlachtgewicht bei 98,2 kg.

Die Investitionskosten für die Ställe und davon abgeleitet die Abschreibung, Zinsen und Unterhalt stammen aus der aktuellen KTBL-Datensammlung.

30 € Stundenlohn

Beim Arbeitszeitbedarf greifen wir auf Erfahrungswerte aus bayerischen Schweinebetrieben zurück. In der Ferkelerzeugung unter ITW-Bedingungen unterstellen wir 1,0 Akh/Sau und Jahr mehr als in der konventionellen Sauenhaltung. In der Schweinemast zeigen unsere Untersuchungen, dass der Mäster bei Haltungsform Stufe 3 etwa 0,8 Akh/Platz mehr aufwenden muss als in der konventionellen Schweinemast.

Die Lohnkosten werden vom Tarif­vertrag der Länder für Landwirtschaft abgeleitet. Dabei unterstellen wir eine Mischung aus Tätigkeiten für den Betriebsleiter und für Beschäftigte. Aktuell leiten wir daraus einen Lohnansatz von 30 €/Akh ab.

102,20 € Vollkosten pro Ferkel

In der Summe errechnen sich unter diesen Annahmen aktuell Vollkosten von 2.931 €/Sau. Zieht man davon die anteiligen Erlöse für die Altsau und Spanferkel ab, bleiben noch 2.535 €/Sau. Daraus ergeben sich Vollkosten von 102,7 € für ein Qualitätsferkel mit 30,3 kg, was dem durchschnittlichen Verkaufsgewicht bayerischer Ferkel entspricht. Dieser Wert enthält die Zuschläge für Gewicht, Qualität, Partiengröße, Kastration und Impfungen.

Das entspricht einem vollkostendeckende Grundpreis von 93,90 €, Dieser Wert lässt sich mit der Notierung eines 28 kg-Ferkels vergleichen.

2,77 € pro kg Schlachtgewicht

Die Vollkosten je kg Schlachtgewicht (SG) belaufen sich auf 2,61 €. Der Wert ergibt sich aus der Summe aller Kosten geteilt durch das Schlachtgewicht. Bereinigt man dieses Ergebnis um die Verluste und rechnet die Vorkosten hinzu, ergibt das aktuell einen vollkostendeckenden Preis je kg SG von 2,77 €/kg SG bei 57 % Magerfleischanteil.

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Standpunkt

„Der Vertrag gibt mir Sicherheit“

Ferkelerzeuger und Mäster Franz Baierl aus der Oberpfalz erklärt, warum er sich am Kostpreis-Modell beteiligt.

"Ich habe letztes Jahr einen neuen Ferkelaufzucht- und Maststall bezogen, der den Vorgaben von Haltungsform 3 entspricht."

Nach einiger Über­legung habe ich mich entschieden, am Programm „Bayerisches Strohschwein“ teilzunehmen, das nach Vollkosten abrechnet. Damit sichere ich mir für die Laufzeit des Vertrages für die höhere Haltungsstufe, in die ich erheblich investiert habe, eine kostendeckende Produktion. Der Vertrag läuft fünf Jahre, kann sich dann aber fortlaufend verlängern.

Vor Neubezug des Stalles lagen Angebote von zwei weiteren Abnehmern vor. Ein Angebot basierte auf dem VEZG-Preis plus einen Aufschlag. Der zweite Abnehmer bot mir auch ein Kostpreis-Modell an, wobei ein freier Gutachter die Vollkosten ermittelt. Ich habe mich für den Vertrag mit der EG Südbayern entschieden, die wiederum einen Vertrag mit der Rewe hat. Ein Grund war, dass hier ein Agrarökonom der LfL die Kosten ermittelt.

Ein Vergleich mit meinen Werten zeigt, dass die errechneten Vollkosten meine Kosten abdecken. Die Vollkostendeckung bezieht sich auf mittlere Leistungswerte. Wenn ich bessere Leistungen erziele, sind meine Kosten etwas niedriger, bei unterdurchschnittlichen Leistungen wären die Kosten nicht komplett gedeckt. Ich kann also meinen Betriebserfolg über mein Leistungsniveau steuern. Der Leistungsansporn bleibt.

Meine unternehmerische Freiheit sehe ich durch die Kostpreis-Rechnung nur bedingt eingeschränkt. Innerhalb des Vertragszeitraums bin ich zwar an die Vorgaben gebunden und kann positive Marktentwicklungen nicht in dem Maß mitnehmen wie ein freier Betrieb. Aber dafür habe ich eine Absicherung nach unten. Und nach fünf Jahren kann ich frei entscheiden, ob ich weitermache oder nicht."

Ihre Meinung ist gefragt

Wie stehen Sie zu den Kostpreismodellen in der Schweinevermarktung, die jetzt vereinzelt angeboten werden? Hatten Sie bereits ein solches Angebot und wie haben Sie sich entschieden?

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