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Hachenberg: „Die Industrie hat einen großen Hunger nach Biomasse“

Der US-Holzpelletproduzent Enviva sieht im deutschen Markt große Absatzchancen. Wir sprachen mit Deutschlandchef Marius Hachenberg über Rohstoffquellen und künftige Absatzmärkte.

Lesezeit: 5 Minuten

Nach einem Bericht im „Spiegel“ will der Holzpelletproduzent Enviva den deutschen Markt „erobern“ und jährlich über 1 Mio. t Holzpellets über den Atlantik schiffen. Seit Januar 2020 ist Enviva mit einem Büro in Berlin in Deutschland vertreten. Das 2004 gegründete Unternehmen ist nach eigenen Angaben heute der weltweit größte Hersteller von nachhaltigen industriellen Holzpellets. Envivas zehn Produktionsanlagen im Südosten der USA haben eine Gesamtkapazität von derzeit rund 6,2 Mio. t Holzpellets pro Jahr. Im top agrar-Interview erläutert Deutschlandchef Marius Hachenberg, warum der hiesige Markt für den Konzern interessant ist – vor allem für die Industrie.

Enviva produziert jährlich über 6 Mio. t Holzpellets. Welche Rohstoffe verwenden Sie?

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Hachenberg: Unsere zehn Standorte liegen im Südosten der USA. Der nördlichste Bundesstaat davon ist Virginia, das ungefähr auf der Höhe von Spanien liegt. Dort gibt es aufgrund der klimatischen Verhältnisse viele Kiefernwälder. Die Bäume wachsen in 25 bis 30 Jahren bis zur Hiebreife sehr schnell. Das hat man schon früh erkannt. In vergangenen Jahren gab es hier eine florierende Papierindustrie, die aber nach und nach abgewandert ist. Das Potenzial nutzen wir jetzt.

In einem Bericht im „Spiegel“ werden US-Umweltschützer zitiert, die Ihre Holzverwertung kritisieren. Auch in Deutschland gibt es kritische Stimmen zum Import von Holz aus Übersee, weil das Abholzen der CO₂-Senken unterm Strich klimaschädlicher sei als das Verdrängen von fossilen Brennstoffen. Wie bewerten Sie das?

Hachenberg: Wir kennen diese einfache und sehr tendenziöse Meinungsmache. Vor allem die Vorstellung, mit nicht nachhaltig erzeugten Holzpellets würden hierzulande ineffiziente Kohlekraftwerke betrieben, löst viele negative Emotionen aus. Aber die Darstellung ist schlicht falsch. Wir halten strenge Nachhaltigkeitskriterien ein. Für jede Tonne Holz, die in den Wirtschaftswäldern im Südosten der USA geerntet wird, wachsen jährlich ca. 1,75 t nach. Auch in unseren Einzugsgebieten ist der Waldbestand zwischen 2011 bis 2021 um 20 % gewachsen. Die Einnahmen aus dem Holzverkauf setzen Anreize bei den privaten Waldbesitzern, wieder aufzuforsten. Die Nachhaltigkeit im Forst ist unsere Lebensgrundlage.

In Deutschland werden jährlich rund 4 Mio. t Holzpellets produziert, davon 3,5 Mio. t im Inland verbraucht. Es gibt also offensichtlich keinen Mangel. Warum ist der deutsche Markt jetzt für Sie interessant als Exportland?

Hachenberg: Anders, als in den Medien dargestellt, haben wir nicht den Hausbrand im Fokus. Wir produzieren Industriepellets, die gar nicht für die private Pelletheizung geeignet wären. Deutschland hat die große Aufgabe vor sich, in der Industrie fossile Kraftstoffe zu ersetzen. Das betrifft zum einen die Prozesswärme, die in vielen Betrieben heute auf Basis von Kohlenstaub oder Erdgas bereitgestellt wird, also mit fossilen Energieträgern. Hier sind Temperaturen bis 1500 °C nötig, weit jenseits des Temperaturniveaus, das man z.B. mit der viel diskutierten Wärmepumpe heutzutage erzeugen kann. Hierfür ist Biomasse prädestiniert. Zwar ist auch Wasserstoff im Gespräch. Aber es wird noch viele Jahre dauern, bis davon genügend zur Verfügung steht. Zum anderen haben wir die chemische Industrie, nach der Automobil- und der Maschinenbaubranche umsatzmäßig der drittgrößte Industriezweig in Deutschland. Hier gibt es eine große Nachfrage nach biogenem Kohlenstoff in der Grundstoffchemie, der heute auch noch aus fossilen Quellen stammt. Die Nachfrage nach diesen beiden Produkten, also Brennstoff für Prozesswärme und Rohstoff für die Chemieindustrie, wollen wir bedienen. Zusätzlich steigt in vielen Ländern die Nachfrage nach biobasierten Komponenten für Flugtreibstoff, nicht nur in Europa, sondern auch in den USA und in Asien. Auch dafür sind Holzpellets ein interessanter Rohstoff, aus dem sich weitere Produkte extrahieren lassen.

Auch hierzulande gibt es viel Rest- und Abfallbiomasse. Ist die regionale Herkunft nicht sinnvoller und sicherer für die Industrie als der Import aus Übersee?

Hachenberg: Ja, regional erzeugte Biomasse mit kurzen Transportwegen ist immer sinnvoll. Aber die Industrie benötigt skalierbare Mengen zu verlässlichen Preisen mit mittel- bis langfristigen Lieferverträgen. Der Bedarf lässt sich mit regionalen Wertschöpfungsketten nicht immer bedienen. Wenn eine so große Industrie wie in Deutschland versorgungssicher auf Biomasse umstellen will, geht das nur mit großen Partnern und einem entsprechenden Import.

Warum setzen Sie dabei auf Pellets? Denn das Zerkleinern, Trocknen und Pelletieren verursacht ja allein schon Kosten von 80 bis 100 €/t.

Hachenberg: Pellets haben verschiedene Vorteile: Sie sind lagerfähig, einfacher zu transportieren, haben eine hohe Energiedichte und lassen sich über definierte Eigenschaften normen. Auch kann die Industrie das Holz in Form von Pellets einfacher verarbeiten.

Sie haben die Verbrennung von Pellets in Kohlekraftwerken angesprochen. Ist das ebenfalls ein Markt für Sie?

Hachenberg: Es gibt Länder wie Dänemark, Niederlande, Belgien oder Großbritannien, die pragmatisch mit dem Thema umgehen und mit Pellets in Kraftwerken Kohle verdrängen. In Deutschland ist der Einsatz nicht geplant, hier sehe ich auch in absehbarer Zeit keine Tendenz in der Bundesregierung, das ändern zu wollen und die Umrüstung in Kraftwerken anzureizen. Wenn sich einzelne Kraftwerksbetreiber dazu bereiterklären sollten, wären wir gesprächsbereit. Aber viele haben sich ohnehin für Wasserstoff als Option entschieden. Darum ist und bleibt die Industrie in unserem Fokus.

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