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Dürre: Biogasanlagenbetreiber bangen um ihre Futtergrundlage

Nach einer nässebedingten späten Aussaat setzt jetzt die Trockenheit dem Mais zu. Biogasanlagenbetreiber setzen jetzt verstärkt auf Getreide-GPS.

Lesezeit: 5 Minuten

Nach fast sechs Wochen ohne Regen sorgen sich viele Biogasanlagenbetreiber um die Futtergrundlage für ihre Anlagen. „Schon letztes Jahr hatte es bei uns in Nordbayern aufgrund der Trockenheit 25 bis 50 % weniger Erträge beim Mais gegeben“, blickt Norbert Bleisteiner, Leiter der Landmaschinenschule Triesdorf aus Bayern zurück. Allerdings: Die Anlagenbetreiber konnten noch von den guten Erträgen von 2021 profitieren. Das ist 2023 anders. „Die Lage war noch nie so dramatisch: Das Frühjahr war nass und kalt, darum ist der Mais erst spät gelegt worden. Wegen der Trockenheit ist er in einigen Regionen nur 15 bis 20 cm hoch“, sagt Bleisteiner.

Wegen der Notlage entscheiden sich aktuell viele Anlagenbetreiber, Getreide als Ganzpflanzensilage (GPS) zu ernten und als Futter für die Biogasanlage zu verwerten. „Dabei entsteht aktuell auch eine Konkurrenzsituation zur Milchviehhaltung, die vor ähnlichen Problemen steht“, sagt er. Sein Rat: Anlagenbetreiber sollen eine Risikostreuung anstreben und zumindest einen Teil der zu erwartenden Ertragsausfälle beim Mais über GPS absichern. „Wünschenswert wären partnerschaftliche Beziehungen zwischen Ackerbauern und Anlagenbetreibern, um bei Krisen wie diesen künftig flexibel reagieren zu können“, rät er.

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Betreiber sind nervös und unsicher

Auch in der Region Rosenheim wandert zurzeit hauptsächlich Triticale als GPS in die Biogasanlagen. „Allgemein herrscht Ratlosigkeit, bei den Substratpreisen, die sich entgegengesetzt zu den Strompreisen an der Leipziger Strombörse entwickeln, fahren die meisten Anlagen die Leistung in den Sommermonaten herunter, um wenigstens im Winterhalbjahr Volllast fahren und die Wärme gut verkaufen zu können“, sagt Sepp Lausch, Berater für Biogasanlagen und selbst auch Anlagenbetreiber aus Großkarolinenfeld (Bayern). Seiner Meinung nach herrscht aktuell Ratlosigkeit und Frust vor.

Dramatische Region in Nordbayern

Die Trockenheit sei auch im Landkreis Rhön Grabfeld wieder beängstigend, beschreibt Kreislandwirt Mathias Klöffel, der außerdem Mitgeschäftsführer der Bauernverbandstocher Agrokraft ist. "Von vereinzelten Gewittern abgesehen, ist seit der Maisaussaat kein Regen mehr gefallen. Die schlechteste Maisernte unserer Biogaslaufzeit im Jahr 2022 wird dieses Jahr voraussichtlich nochmal unterboten. Teilweise vertrocknet der Mais und stirbt ab", berichtet er. Für Getreide geplante Flächen, die als GPS geerntet werden, gäbe es bisher nicht.

In der Region wird vermehrt das Kulap-Programm "Humusaufbau" mit 40 % humusfördernde Pflanzen angenommen. Dabei handelt es sich vorwiegend um Kleegras und Luzerne. "Diese Früchte kommen noch am besten mit der Trockenheit klar. Wir versuchen auch, mit mehr Mist und Gülle die fehlenden Mengen aufzufangen. Wenn das nicht reicht, werden wir die Anlagenleistung reduzieren müssen."

Leichte Entspannung in Baden-Württemberg

„Bisher sehen die Maisbestände bei uns in der Region noch sehr ordentlich aus, der Regen in der vergangenen Woche hat da noch ein wenig Entspannung gebracht. Die Entwicklung ist allerdings etwas verzögert und insbesondere die spät gesäten Bestände sind regional z.T. auch etwas lückig“, erklärt Jörg Messner, Biogasberater am Landwirtschaftlichen Zentrum für Rinderhaltung, Grünlandwirtschaft, Milchwirtschaft, Wild und Fischerei Baden-Württemberg (LAZBW). Allerdings sei es jetzt kaum abzuschätzen, wie sich die Bestände tatsächlich entwickeln und wie die Erträge dann im Herbst sein werden. „Da im vergangenen Jahr im südlichen Baden-Württemberg überwiegend eine sehr gute Maisernte eingefahren wurde, ist der Druck aktuell noch nicht so groß, da oft noch ausreichend Reserven vorhanden sind. In der Mitte und im Norden des Landes dürfte es anders aussehen“, sagt Messner.

GPS wird von vielen Betreibern ohnehin in einem nennenswerten Umfang für Biogas siliert. In diesem Jahr gibt es nach Messners Beobachtung relativ viele Getreidebestände mit starkem Fuchsschwanzbesatz. „Ich kann mir vorstellen, dass hier in etwas größerem Maße auch solche Bestände, bzw. Teilschläge für Biogas einsiliert werden, um das Aussamen zu verhindern.“

GPS kann wirtschaftlicher sein

„Es gibt einzelne Anlagen, die aktuell zur Sicherung der Futtergrundlage GPS vor allem auf Basis von Roggen und Triticale machen. Dieses geschieht aber meistens nicht in Anbetracht der kommenden Ernte, sondern weil die Ernte im letzten Herbst nicht nur dürrebedingt knapp, sondern auch teuer war“, berichtet Roland Schulze Lefert, Spezialberater Biogas an der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. „Wenn dann eine Futterlücke bis zur eventuellen auch wieder knappen Silomaisernte im Herbst klafft und die alternative Silomais-Zukäufe aus dem Silo über 70 €/t kosten, dann geht die Rechnung immer zu Gunsten des Getreide-GPS auf“; rechnet er vor.

Nach Berechnungen der Landwirtschaftskammer ist der Anbauer bei einem Getreidepreis von 180 €/t mit einem GPS-Preis von 35 €/t (stehend ab Feld) sehr gut bedient. Für entsprechende Fein-Kalkulationen im Einzelfall hat die Kammer den Unternehmerkreisbetrieben ein Exceltool zur Verfügung gestellt, das eine Ableitung vom Getreidepreis auf den GPS-Preis ermöglicht und gleichzeitig einen Preisvergleich auf Gasertragsbasis zu Silomais bietet.

Etliche Anbauer sind aber laut Schulze Lefert bei der Nutzung ihres Getreides eher konservativ eingestellt: „Da kommt nur der Drescher als Erntemaschine zum Einsatz und höchstens stark verunkrautete (Teil-)Flächen werden den Biogasanlagen angedient. Somit gehen aktuell hauptsächlich Flächen der Betreiber in die GPS-Nutzung.“

Zudem hätten im Herbst und Winter viele Landwirte die Gunst der Stunde genutzt und ihre Getreidepreise über Kontrakte abgesichert. Damit sei der Getreidepreis, den der Biogasanlagenbetreiber dem Anbauer zahlen müsste, deutlich höher und schnell jenseits aller wirtschaftlicher Vernunft.

Differenziertes Bild in anderen Regionen

In anderen Regionen ist das Stimmungsbild differenzierter:

  • Ostbrandenburg (Gerd Hampel, Agrarberater aus Berlin): „Bei uns in der Region ist noch alles normal. Viele Biogasanlagen machen generell Getreide-GPS. Wenn jetzt Regen bis zu uns kommt, wird der Mais gut weiterwachsen.“
  • Dr. Stefan Rauh, Fachverband Biogas: „Es gibt Regionen, in denen Druschqualitäten nicht mehr erreichbar sind und nun nach Biogasanlagen gesucht wird, die das Material häckseln, so dass kein Totalausfall resultiert. Eine Win-Win-Situation für beide Seiten.“
  • Nord-Niedersachsen (Sven Plorin, Sprecher der Regionalgruppe Nordhannover beim Fachverband Biogas): „In unserer Region hat der Einsatz von Getreide-GPS noch nie eine große Rolle gespielt. Wenn Getreide eingesetzt wird, dann auf Basis von stark mutterkornhaltigen Ernten. Auch der Anbau von Grünroggen für Biogasanlagen ist bei uns rückläufig.“

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