Inhaltliche Mängel, aber richtige Schlussfolgerungen - so bewertet das Johann-Heinrich-von-Thünen-Institut (vTI) die Studie der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldinazur Bioenergie. In einem Papier bescheinigen die Braunschweiger Wissenschaftler unter Federführung von vTI-Präsident Prof. Folkhard Isermeyer der Leopolidina, mit ihrer kritischen Gesamtbewertung der bisherigen Bioenergiepolitik Deutschlands und der EU auf einer Linie zu liegen mit zahlreichen nationalen und internationalen Wissenschaftsgremien sowie einzelnen Autoren. Dies gelte für die beiden Kernforderungen, die Bionergieförderung zurückzufahren und sie so auszurichten, dass keine Konkurrenz zur Nahrungsmittelerzeugung entsteht.
Fehler in der Studie
Gleichzeitig mangele es der Leopoldina-Studie jedoch an wissenschaftlicher Stringenz. Das Thünen-Institut wirft den Kollegen von der Leopoldina vor, von einzelnen, für sich genommen meist schlüssigen Einzelbefunden zu weitreichenden und umfassenden Politikempfehlungen zu springen, „ohne dies im Einzelnen stringent herleiten zu können.“
Die Wissenschaftler des Thünen-Instituts verweisen ihrerseits auf das umfassende Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik beim Bundeslandwirtschaftsministerium zur Bioenergie aus dem Jahr 2008. Darin sei die Frage nach den Potentialen der Bioenergie eher negativ beantwortet worden. So könne weder der Energiebedarf in Deutschland noch weltweit auch nur annähernd durch Bioenergie gedeckt werden. Kaum positive Beiträge leiste die Förderung der Bioenergie zudem für die nationale Versorgungssicherheit.
Keine überzeugende Option
Sehr unterschiedlich falle die wissenschaftliche Bewertung der verschiedenen Bioenergielinien hinsichtlich ihrer Beiträge zum Klimaschutz aus, so die Braunschweiger Experten. Während Holz, Stroh und Biogas auf reiner Güllebasis aus klimapolitischer Sicht laut Thünen-Institut relativ günstig abschneiden, stellen Biogas auf Basis von Silomais sowie Biokraftstoffe unter klimapolitischen Aspekten „keine überzeugende Option“ dar. Negativ wird schließlich die Wirkung der Bioenergiepolitik auf die Entwicklung ländlicher Räume beurteilt. De Facto führe die Bioenergiepolitik nicht zu einem „Erhalt“ der Landwirtschaft, sondern nur zu einer Verdrängung von Nahrungsmittelproduktion durch Bioenergieproduktion auf der ohnehin genutzten Agrarfläche, so das Thünen-Institut.