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Herausforderungen, Ideen, Pläne

Trends im Blick haben: Bäuerin Ann-Kathrin Harrje setzt auf mehrere Standbeine

Dass man sich auf einem Hof selbst verwirklichen kann, begeistert Ann-Kathrin Harrje. Sie sprudelt vor Ideen für neue Projekte auf dem Familienbetrieb in Niedersachsen.

Lesezeit: 5 Minuten

Erst der Mensch, dann der Betrieb – so könnte man das Credo von Ann-Kathrin Harrje aus Niedersachsen wohl zusammenfassen. Mit Ehemann Niklas, ihren beiden Söhnen Lasse (7) und Hanno (3) sowie den Schwiegereltern lebt sie auf einem Hof in Schiffdorf im Landkreis Cuxhaven. Dessen Schwerpunkte sind: 130 Milchkühe inklusive Nachzucht, 250 Bullen und 180 ha Grün- und Ackerland.

Nicht wachsen, sondern optimieren lautet hier die Strategie, z. B. durch ein automatisches Fütterungssystem, Melkroboter und Spaltenschieber. Die Arbeit soll sich zu „normalen“ Zeiten und ­unter guten Bedingungen erledigen lassen – ohne von anderen abhängig zu sein. Denn Harrjes wollen genügend Freiraum für das Familien­leben, Begegnungen und die persönliche Entwicklung schaffen.

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„Zeit mit unseren Kindern zu verbringen, etwa morgens in Ruhe zu frühstücken, hat für Niklas und mich oberste Priorität: Lasse und Hanno sind an dem seltenen Louis-Bar-Syndrom erkrankt, einem Gendefekt, der mit einer geringen Lebenserwartung einhergeht. Wir kämpfen für sie. Immer“, sagt Ann-Kathrin Harrje entschlossen. Den Kopf in den Sand zu stecken, ist für sie keine Option.

Sieben Therapietermine nimmt die 34-Jährige pro Woche mit ihren Jungs wahr. Um die beiden so lange wie möglich an der Landwirtschaft teilhaben zu lassen, wird die Hofstelle nach und nach rollstuhlgerecht; mittendrin findet sich ein Spielplatz, der das Gleichgewicht, die Feinmotorik und den Muskelaufbau fördern soll.

Landwirtschaft zum Anfassen

Getreu ihrem Vorsatz, Begegnungsstätte zu sein und Landwirtschaft erlebbar zu machen, hat Familie Harrje den Spielplatz, ja den ganzen Hof, für Besucher geöffnet. „Früher kamen alle Kinder aus dem Ort auf dem Bauernhof zusammen. Das soll wieder so sein. Wir wollen Zufluchtsort sein, sind immer da und ansprechbar“, erklärt Ann-Kathrin Harrje. Zudem beantworte sie die Fragen von Eltern, Kindern oder Besuchergruppen gerne. Woher sollten die Leute denn auch wissen, was Landwirtinnen und Landwirte bei der täglichen Arbeit, in der Ausbildung oder dem Studium lernen?

Man kann alles lernen, wenn man nur genügend Lust dazu hat."
Ann-Kathrin Harrje

Und sie selbst kann sich gut in die Perspektive der Besucherinnen und Besucher hineinversetzen, ist die gebürtige Bremerin doch ohne Stallgeruch aufgewachsen. Nach der Schule hatte Ann-Kathrin Harrje zunächst zwei Ausbildungen außerhalb der grünen Branche gemacht. Die Landwirtschaft hat sie sich vor zwölf Jahren zu eigen gemacht, als sie zu Niklas auf den Hof gezogen ist. Ab da galt: „Learning by doing“.

„Man kann alles lernen, wenn man nur genügend Lust dazu hat“, ist die Bäuerin überzeugt. Aktuell absolviert sie die Fortbildung zur Landwirtschaftsmeisterin. Ihre 180-seitige Abschlussarbeit macht es ihr neben Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit auch möglich, sich mit der Geschichte des Hofes und des Dorfes zu beschäftigen. Wann die junge Mutter daran schreibt? Nachts und bis in die frühen Morgenstunden. Energy Drink – nicht Kaffee – hilft, um wachzubleiben.

Aber zurück zum Vorhaben, Landwirtschaft erlebbar zu machen: Schon vor dreieinhalb Jahren hatte Ann-Kathrin Harrje außerdem die Idee, einen ­eigenen Bauernhofkindergarten einzurichten. Schließlich sei es gut für die Kinder, gefordert zu werden, eigene Aufgaben zu bekommen, viel an der frischen Luft zu sein und Kontakt mit Tieren zu haben.

Ein Gründungsseminar, mehrere Besichtigungstouren, die Suche nach einem Träger und die intensive Planung von Ausgleichsflächen mit Obstbäumen, später hängt das Projekt allerdings in der Bürokratieschleife. Erschwerend komme hinzu, dass im niedersächsischen Kindertagesstättengesetz keine Bauernhof-, sondern nur Regel- und Waldkindergärten aufgeführt werden.

Trends im Blick haben

Doch nicht nur ein Hofkindergarten ist im Gespräch. „Genauso wie jedes andere Wirtschaftsunternehmen, sollte man auf den Höfen Trends im Blick haben und sie aufgreifen“, meint Ann-­Kathrin Harrje. Ihr eigenes „Futter“ für Innovationen bekommt sie auf den Sitzungen ihrer zahlreichen Ehrenämter, z. B. im Vorstand der örtlichen Landfrauen oder im Ausschuss für Öffentlichkeitsarbeit. Darüber hinaus macht sie sich durch die Medien oder im Gespräch mit Menschen aus anderen Branchen schlau.

Projekte, die sowohl kurz- als auch langfristig auf ihrer Agenda stehen, sind: Den frisch umgebauten Veranstaltungsraum inklusive Küchenzeile und sanitären Einrichtungen auslasten und über eigene (Info-)Veranstaltungen hinaus für Tagungen und Workshops vermieten; Ferienwohnungen einrichten; Altgebäude umbauen. „Wenn wir bestehen bleiben wollen, dann müssen wir uns absichern und den Mut aufbringen, auch mal außer­gewöhnliche Schritte zu gehen“, sagt Ann-Kathrin Harrje. „Ich genieße es, dass ich mich hier auf dem Hof verwirklichen kann und viele Freiräume habe.“

Die Familie hält zusammen

Auf die Frage, ob sie denn zwischendurch Zeit zum Durchatmen habe, antwortet die Bäuerin mit einem Schmunzeln: „So etwas gibts hier nicht.“ Nach kurzem Überlegen fährt sie fort: „Wenn es mir zu viel wird, muss ich Mittel und Wege suchen, die mich entlasten. Und, ohne den Rückhalt der Familie könnte ich das hier alles gar nicht unter einen Hut bringen.“

So passen ihre Schwiegereltern beispielsweise häufig auf die Jungs auf, Niklas übernimmt einen Großteil des Tagesgeschäfts und bringt abends oft die Kinder ins Bett. Bei Engpässen springt jemand auf dem Trecker ein. Fest steht für Ann-Kathrin Harrje aber auch: Ohne ihren Taschenkalender mit grünem Ledereinband wäre es nicht möglich, den Überblick über sämtliche Termine und To-dos zu behalten.

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