In der Diskussion um die korrekte Vermessung von Almen, die betroffene Landwirte bereits zu ersten Demonstrationen getrieben hat, setzt Österreichs Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich jetzt auf den ehemaligen EU-Agrarkommissar Dr. Franz Fischler.
Dieser wurde vergangene Woche zum Leiter einer „Sonderkommission“ ernannt, die nach einer Lösung in dem Streit zwischen Wien und Brüssel sorgen soll. Bis Mitte dieser Woche soll die dazu geeignete Vorgehensweise festgelegt werden. In einer ersten Stellungnahme machte Fischler deutlich, dass er die Lösung vieler strittiger Fälle bis Juni für unrealistisch halte. Bislang sei noch nicht einmal die von Österreich bei der EU beantragte Streckung der Fristen für die Festlegung der Almflächen genehmigt.
Laut Fischler werden in den kommenden Wochen alle EU-Mitgliedstaaten über den österreichischen Antrag abstimmen; hier sei von einem positiven Ergebnis auszugehen. Bis Juni sei es dann durchaus möglich, die Großzahl der weniger schwierigen Fälle von Flächendifferenzen zu lösen. Aufwendiger werde es hingegen für kompliziertere Fälle. Hier kann sich Fischler vorstellen, dass die betroffenen Landwirte trotz der Beanstandungen von Seiten der EU einen Antrag auf Flächenförderung stellen; dieser sollte dann mit einer Fußnote versehen werden, aus der hervorgehe, das es sich noch nicht um die endgültige Fläche handele; diese werde später nachgereicht.
Der ehemalige EU-Agrarkommissar will sich zudem anschauen, ob das von Österreich angewendete System zur Flächenfeststellung überhaupt „EU-kompatibel“ ist. Zwar habe das Wiener Landwirtschaftsministerium versichert, dass der „Almleitfaden“, der die entsprechenden Regelungen enthalte, von Brüssel akzeptiert worden sei. Allerdings stamme dieser Leitfaden aus dem Jahr 2000, und seitdem habe es diverse Änderungen gegeben.
Stufenplan erarbeiten
Fischler kündigte zur Lösung der Almflächenvermessung einen „Stufenplan“ an, der noch diese Woche erarbeitet werden soll. Dann werde man daran gehen, die leichtesten Fälle rasch zu lösen; für die schwierigen Fälle seien hingegen Besichtigungen vor Ort notwendig, die zunächst von Sachbearbeitern vorgenommen werden sollten. Werde dabei keine Einigung erzielt, müssten sich Kommissionsvertreter der Fälle annehmen.
Mit Blick auf die Zukunft mahnte Fischler an, ein geeignetes Flächenerfassungssystem zu entwerfen. „Österreich ist gut beraten, ein automatisiertes System einzuführen. Das würde auch bedeuten, dass man die Dynamik in der Nutzungsentwicklung feststellen kann“, so der Tiroler.
Im Raum stehe auch die Frage, wer bei Nicht-Erfüllung von EU-Richtlinien zahlen müsse, so Fischler. Wenn ein einzelner Landwirt falsche Summen bezogen hat, müsse er diese zurückzahlen. Gebe es aber - wie derzeit der Fall - häufige Abweichungen, dann verlange die EU von Österreich pauschal eine Rückzahlung.
Zuletzt war die Rede von einer „finanziellen Berichtigung“ in Höhe von bis zu 64 Mio Euro für möglicherweise rund 11 000 ha landwirtschaftlicher Nutzflächen, die in den Jahren 2008 und 2009 nicht korrekt erfasst wurden. Die seit Mitte April in der Öffentlichkeit zirkulierenden Zahlen über die Höhe möglicher Rückzahlungen seien weit überhöht, hieß es vergangene Woche aus höchsten Beamtenkreisen des Landwirtschaftsministeriums. (AgE)
Hintergründe:
Almbauern protestieren gegen Rückforderungen aus Brüssel (16.4.2013)
Tiroler Almbauern: „Uns geht die Luft aus!“ (5.4.2013)