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GVO-Tagebuch Nr. 16: Regierung sieht keinen Handlungsbedarf

Von Anton Glogger\-Hönle aus Attenhofen: 5. November 2010 Pioneer überweist umgehend die Soforthilfe. 16. November 2010 Auf einer Weiterbildungsveranstaltung des LKP erfahre ich, dass es in den Wochen nach der Umbruchverfügung der Regierung von Oberbayern unter den Landwirten einigen Ärger gegeben hat.

Lesezeit: 8 Minuten

Von Anton Glogger\-Hönle aus Attenhofen:


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5. November 2010 Pioneer überweist umgehend die Soforthilfe. 16. November 2010 Auf einer Weiterbildungsveranstaltung des LKP erfahre ich, dass es in den Wochen nach der Umbruchverfügung der Regierung von Oberbayern unter den Landwirten einigen Ärger gegeben hat. Unter anderem zeigte ein Landwirt seinen Kollegen bei der Regierung von Oberbayern an, weil dieser seiner Pflicht der Maisvernichtung nicht genügend nachgekommen wäre. 23. November 2010 Endlich äußert sich der dritte im Bunde wieder zum Thema GVO. Das Land Niedersachsen (hier als Vertreter der öffentlichen/ politischen Seite) steckt jetzt schon, bevor das Klageverfahren überhaupt begonnen hat, seine Positionen ab. Jede Schuld, durch etwaige zu spät erfolgte Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse wird weit von sich gewiesen. Aus der Stellungnahme geht auch hervor, dass aus Sicht des Landwirtschaftministeriums in Niedersachsen die Schuld alleine bei Pioneer zu suchen ist. Es sei auch noch keine Klage gegen das Land Niedersachsen im Gange. Wenn Pioneer so vorgeht wie geplant, kann die Firma durch die Vereinbarung die zur Auszahlung der Soforthilfe geführt hat, juristische Schritte gegenüber dem Land Niedersachsen einleiten. Die Vorgehensweise ist eine Musterklage gegen Pioneer und wenn Pioneer den Prozess verliert, dann kann gegen das Land Niedersachsen ein Amtshaftungsverfahren eingeleitet werden. Es gehen wohl noch einige Monate, wenn nicht gar Jahre ins Land bevor dieser Klageweg eine rechtliche Lösung bietet. Da kann noch viel gentechnisch verunreinigtes Saatgut in Umlauf gebracht werden. 29. November 2010



Sogar Stimmen aus dem Bundestag (Elvira Dobrinski\-Weiß verbraucherpolitische Sprecherin der SPD\-Bundestagsfraktion) lassen sich nach langem, tiefem Schweigen vernehmen und kommen immerhin schon nach einem halben Jahr zu der Erkenntnis, dass die betroffenen Landwirte letzten Endes nicht auf ihrem Schaden sitzen bleiben dürfen. Die SPD hatte von der Bundesregierung eine Klarstellung verlangt, ob die Koalition mit der Haftungsregelung im Gentechnikgesetz für einen schnellen und unbürokratischen Schadensaugleich zwischen Verursacher und Geschädigten sorgen wolle. Die Bundesregierung sieht jedoch keinen Handlungsbedarf, denn die bestehenden zivilrechtlichen Vorschriften seien ausreichend, da das Gentechnikhaftungsrecht nur den Umgang mit zugelassenen gentechnisch veränderten Sorten regele und nicht von konventionellem Saatgut, welches versehentlich gentechnische Veränderungen aufweist und in Verkehr gebracht wurde. Ein Entgang von z.B. 40 ha mal 1800 € seien auch nicht Existenz bedrohend. So lautet die Gleichung der Bundesregierung. Bei einer jeweiligen Einzelfallprüfung, wäre diese Gleichung nicht so glatt aufgegangen. Für die meisten der betroffenen Landwirte ist die nun ausbezahlte Soforthilfe ausreichend um den Ernteausfall und die folgenden Arbeiten zu decken. Für einige ist es jedoch nur ein Teil der entstandenen Kosten. Und für manche Familie ist es gerade noch gut gegangen und wird Weihnachten mit einer dicken Sorge weniger feiern können.



Man kann dies als Geschäftsrisiko abtun. Aber auf so manchen Betroffen wirkte es wie höhere Gewalt. Was kann man denn gegen eine Anordnung tun, die bei nicht Befolgen mit einem Busgeld bewehrt ist und rechtliche Mittel keine aufschiebende Wirkung haben? Es ist schon wie höhere Gewalt wenn Saatgut in den Boden kommt, welches verunreinigt ist und keiner eine Schuld erkennen will, denn es ist ja noch nicht juristisch geklärt, ob was drin war. Oder kommt die höhere Gewalt von Seiten des Staates durch Politiker, die sich ohne Nachdenken äußern, damit die Bürger (in der Regel alle) per Anordnung vor Schaden geschützt werden sollen. Die Pflicht die Bürger in Schutz zu nehmen ist ja schön und gut, jedoch müssen gleichzeitig die Bürger vor Schaden in Form von Anfeindungen der Mitbürger, Medien, Kollegen usw. bewahrt werden, die sich des Problems per Anordnung annehmen und den Mais, der gänzlich ohne Zutun, also durch höherer Gewalt auf ihre Felder kam, zu vernichten. Hätten die betroffenen Landwirte und Pioneer nach langem Hin und Her nicht den Weg der Vereinbarung über die Soforthilfe einschlagen können, dann bliebe nur der zähe und steinige Pfad des zivilrechtlichen Schadenersatzes für jeden einzelnen betroffenen Landwirt. Möglicherweise wäre dadurch für manchen Betrieb doch eine finanzielle Durststrecke entstanden, bis die Gerichte die Straße der Erleuchtung gewiesen hätten, mit unklarem Ziel in weiter Ferne. Es steht außer Frage, dass für den Fall der Aussaat von GVO Saatgut von den drei Beteiligten Staat, Saatgutfirma, Landwirt, der am wenigsten Beteiligte, aber am meisten beschäftigte, der Landwirt im Regen gelassen wird. Denn es besteht offensichtlich keine Gesetzeslücke im Gentechnikgesetz sonder eine zwischen den juristischen Möglichkeiten, nämlich diese, dass der Landwirt keine Entschädigung bekommt, wenn juristisch nicht geklärt werden kann, wer denn nun an der Verunreinigung, den Verzögerungen, der Art der Probenahme usw. schuld ist. Hier lautet dann die Gleichung 40 ha x 0 = 0 minus Verfahrenskosten und Ersatzbeschaffung! Bei allem Positiven der Soforthilfevereinbarung, bleibt für viele doch das schale Gefühl der abhängigen Dankbarkeit und einer gewissen Ohnmacht. 30.November 2010



Bei einer Infoveranstaltung vergleicht ein renommierter Agrarjournalist die Situation Europas im Konzert des Gentechnikanbaus mit einem Aschenbecher. Der Aschenbecher repräsentiere Europa und drum herum ist die Welt. Warum er ausgerechnet einen Aschenbecher als Sinnbild nannte ist mir nicht ganz klar geworden. Vielleicht will die Welt der gentechnisch veränderten Organismen Europa in der Pfeife rauchen. Oder aber sind wir in Europa ein erhaltenswürdiges Überbleibsel, welches dem Rest der Welt die Vielfalt der althergebrachten Pflanzenzüchtung erhält, jedoch wie die schwindende Zahl der Raucher ein Schattendasein führen wird. Zufällig lese ich zurzeit ein Buch des bekannten Journalisten Peter Scholl Latour, der in seinem Werk "Großmacht im Treibsand" die Denkweise der dahingegangenen Bush Administration als eine von Gott gewollte Demokratisierung des Restes der Welt nach amerikanischem Vorbild darstellt. Ganz nebenbei ist einer der Konzerne, welcher den Rest der Welt mit gentechnisch veränderten Organismen beglücken will, ein amerikanischer mit Sitz in St. Louis im Bundesstaat Missouri in "Gods own Country". Betrachten wir also die Gentechnik mal aus einem calvinistisch geprägten Standpunkt, dann müssen wir quasi den Aschenbecher als Hölle sehen, da wir die Segnungen der US amerikanischen Saatgutmultis nicht demütig annehmen und müssen mit dem jüngsten Gericht rechnen. 1. Dezember 2010



Auf Anfrage beim BBV und Herrn Schmidt dem Geschäftsführer von Pioneer Hi \- Bred Northern Europe erhalte ich Auskunft darüber, dass die Musterklage gegen Pioneer noch nicht eingereicht wurde, aber wohl in einer intensiven Vorbereitungsphase ist. Herr Schmidt informiert mich auch über die Pressemitteilung die diesen Tagen von Seiten Pioneers an die Medien verbreitet wird. Hier geht hervor, dass 99 % der insgesamt 228 betroffenen Landwirte der Vereinbarung über die Soforthilfe zugestimmt haben. "Die Soforthilfe bietet eine finanzielle Unterstützung für entstandenen Ernteausfälle und Umbruchkosten auf insgesamt 1650 ha Maisfläche in Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern und Hessen." "Das Übereinkommen mit den Landwirten bietet Pioneer jetzt die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit des Handelns der Kontrollbehörden gerichtlich prüfen zu lassen." Für Pioneer müssen auch die Unsicherheiten im Handel mit konventionellem Saatgut geklärt werden. Eine Nulltoleranz kann auf Grund von Schwankungen bei Probenahmen und Messergebnissen im Mikrospurenbereich keine Sicherheit gewährleistet werden. Es wird einen Bestimmungsgrenze von 0,1 Prozent gefordert. Schließlich werde auch im Lebensmittel- sowie im Futtermittelbereich mit Grenzwerten gearbeitet. Österreich biete hier ein Beispiel. Auf die Frage, ob Pioneer von sich aus den Landwirten für die kommende Saat eine freiwillige Übereinkunft anbiete, sollte sich so ein Fall wiederholen, antwortet mir Herr Schmidt, dass es möglicherweise eine 0,1 % ige Lösung nach dem Österreichischen Modell geben könnte. Aber wenn nicht? Der Info \- Veranstaltung der ich heute beiwohne kommt das Thema Genmais auch auf den Tisch. Es geht klar hervor, dass die Umbruchverordnung eine rein politische Entscheidung war. Es gab wohl auch heftige Auseinandersetzungen unter den einzelnen Ministerien (Umwelt und Landwirtschaft) über die Vorgehensweise. Zudem sind ja nicht nur die Kosten des Umbruches entstanden, sondern auch die Kosten der Kontrolle, Nachkontrolle, Vorarbeiten bei der Landesanstalt für Landwirtschaft, in den Ämtern für Landwirtschaft, in den Ministerien, Regierungen usw. Ganz zu schweigen von der Arbeit die liegen blieb. Besonders Pflanzenzüchter im Kartoffelbereich wollen sich gegen Verunreinigung durch GVO absichern. 5. Dezember 2010 Schnee bedeckt die Felder und breitet seinen Mantel über die Ereignisse des vergangenen Jahres. Im Europa der Regionen sollen auch die Abstände zwischen den Feldern, die genehmigtes Saatgut mit GVO tragen und konventionellen Feldern regional geregelt werden. 12. Dezember 2010 Das Patent auf Broccoli soll fallen. Jedoch ist durch diesen Spruch nichts geklärt, denn einzelne Pflanzenteile können trotzdem patenrechtliche geschützt werden. Wir Menschen nehmen uns ganz schöne Rechte heraus, nur um Märkte zu beherrschen. Gleichzeitig sind wir nicht mal fähig das wesentliche auf den Punkt zu bringen, nämlich unseren Planeten vor uns selbst zu schützen, wie die Klimakonferenz mal wieder eindrucksvoll gezeigt hat.


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