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Überzeichnete Ausschreibung

Biomasse-Ausschreibung: Anlagenbestand ist akut gefährdet!

Auf das ausgeschriebene Volumen von 288 Megawatt (MW) wurden Gebote im Umfang von 910 MW eingereicht. Dass so viele Anlagen leer ausgegangen sind, ist für die Branche ein „Schock“.

Lesezeit: 5 Minuten

Noch nie hat es bei einer Ausschreibungsrunde für Biomasseanlagen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) so viele Gebotseingänge gegeben wie zum Gebotstermin 1. Oktober 2023: Auf das ausgeschriebene Volumen von 288 Megawatt (MW) installierter Leistung wurden Gebote im Umfang von 910 MW eingereicht. „Dass die zweite reguläre Biomasseausschreibung in 2023 überzeichnet sein wird, war abzusehen und wurde von uns im Verlauf des Jahres mehrfach prognostiziert. Doch eine derartige, mehr als dreifache Überzeichnung ist dann doch ein echter Schock und sollte als klares Signal der Branche an die Politik verstanden werden“, kommentiert Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüro Bioenergie, das Ergebnis. Das Hauptstadtbüro vertritt u.a. den Fachverband Biogas.

Hunderte Anlagen ohne Perspektive

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Es wird nun mehr als deutlich: die aktuellen Rahmenbedingungen für Biomasse im EEG 2023 führen in eine Sackgasse und setzt laut Fachverband Biogas dutzende Terrawattstunden Strom und Wärme aus Biomasse sowie die Zukunft zahlreicher Biomasseanlagen leichtfertig aufs Spiel. Denn hunderte von Bestandsanlagen, die auf Basis dieser Ausschreibung einen zweiten Betriebszeitraum von 10 weiteren Jahren anstrebten, stehen weiter ohne Anschlussperspektive dar.

Nicht nur angesichts der offenen Zukunft der Kraftwerkstrategie des Bundes ist es laut Rostek dringend erforderlich, die Rahmenbedingungen für Bioenergieanlagen so zu gestalten, dass diese weiterhin Versorgungssicherheit in den Sektoren Strom und Wärme gewährleisten. Es sei nicht vermittelbar, dass Versorgungssicherheit vornehmlich fossil erfolgen soll, zumal Bioenergieanlagen Strom bedarfsgerecht produzieren können.

Die Forderungen

Das Hauptstadtbüro wiederholt erneut den dringenden Änderungsbedarf:

  • Das Ausschreibungsvolumen muss nach oben angepasst und eben nicht wie im EEG 2023 geplant, über die kommenden Jahre noch weiter verringert werden.
  • Die wettbewerbsverzerrende Südquote, die zum Abbau gesicherter Leistung in allen anderen Regionen Deutschlands beiträgt, wie auch die endogene Mengensteuerung, die zu unnötiger Investitionsunsicherheit führt, sind ebenfalls unverzüglich abzuschaffen.

Höhere Zuschlagswerte nötig

Die allermeisten Anlagen werden zudem mit den konkurrenzbedingt viel zu niedrigen Zuschlagswerten keinen langfristigen, wirtschaftlichen Anlagenbetrieb aufrecht erhalten können, befürchtet der Fachverband. So wurde in der Oktober-Runde nur ein durchschnittlicher Zuschlagswert von 18,28 ct/kWh erreicht; in der Vorrunde lag dieser noch bei 18,92 ct/kWh. Viele Betriebe werden auf kurz oder lang ernsthaft eine Stilllegung in Betracht ziehen müssen. Bereits Anfang des Jahres unterstrichen zahlreichen Berechnungen, unter anderem des Deutschen Biomasseforschungszentrums, dass die Investitions- und Betriebskosten von Bioenergieanlagen im Zuge des Ukraine Konflikts deutlich gestiegen sind. Auch die Bundesnetzagentur, welche infolgedessen im Rahmen seiner Möglichkeiten die Gebotshöchstwerte um 10 Prozent anhob, unterstrich die Notwendigkeit einer deutlich höheren Anhebung.

Baustelle Biomethan-Ausschreibung

Schließlich würden die Ausschreibungsergebnisse in der Gesamtbetrachtung mit den bereits vorliegenden Ausschreibungen zu Biomethan zeigen, dass die mit dem Osterpaket 2022 vorgenommene Neuausrichtung der EEG-Vergütung für Biomasse weg von flexiblen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auf Basis von Biogas, Holz und Biomethan hin zu reinen Biomethan-Spitzenlastkraftwerken ohne Wärmeauskopplung in keinster Weise von den Branchenakteuren angenommen werde. Die Biomethan-Ausschreibung fand keinen einzigen Bieter, während die Biomasseausschreibung dreifach überzeichnet ist. Rostek: „Die Neuausrichtung ist also nicht nur energiewirtschaftlich unnötig und klimapolitisch kontraproduktiv – die neue Systematik der EEG-Vergütung für Biomasse verfehlt damit schlicht ihr Ziel und sollte rückgängig gemacht werden.“

Massive Einschränkungen im Norden

Von den Zuschlägen in der Oktoberausschreibung gingen nur rund 33 Megawatt, also 11,4 % des Ausschreibungsvolumens, nach Niedersachsen, dem Land mit der meisten installierten Biogasleistung bundesweit. "Dies zeigt, wie akut die Bedrohungslage für den niedersächsischen Biogasanlagenbestand ist. Nach dem aktuellen Mechanismus gibt es für den Großteil der innovativen Konzepte zur flexiblen Stromerzeugung mit intelligenten Wärmeversorgungen keine Grundlage", kritisiert Joost Kuhlenkamp, Referent für Bioenergie und Wärme beim Landesverband Erneuerbare Energien (LEE).

Wärmekonzepte ohne Chance

Bei den Ausschreibungen für Biomasse werden Gebote in der Südregion bevorzugt bezuschlagt, die in etwa den Gebieten südlich der Main-Linie entspricht. Beim aktuellen Gebotstermin wurde die Hälfte der ausgeschriebenen Menge an dortige Projekte vergeben. Laut Bundesagentur konnte diese bevorzugte Zuschlagsmenge erneut vollständig ausgeschöpft werden. Dieser Mechanismus verzerrt nicht nur den Wettbewerb, sondern sorgt insgesamt für einen Verlust von gesicherter Leistung in weiten Teilen der Bundesrepublik.

Kuhlenkamp: „Wir kritisieren die im EEG viel zu niedrig angesetzten Ausschreibungsvolumina und die Südquotenregelung. Die Einführung der Südquote verschärft die Lage für Betreiber von Anlagen in Niedersachsen erheblich. Es besteht die Gefahr eines flächendeckenden Verlusts von bestehender, nachhaltiger und flexibler Anlagenleistung in der Region." Ohne die Chance auf einen Ausschreibungszuschlag seien die Biogasbranche und auch viele der so notwendigen und schon bestehenden Wärmekonzepte im ländlichen Raum ohne Chance.

Kraftwerksstrategie ohne Biogas?

Dies ist umso bedenklicher, da die Bundesregierung mit der angekündigten Kraftwerksstrategie erheblich hinter dem Zeitplan liegt. Kuhlenkamp erklärt dazu: „Diese sollte bereits vorliegen, eine politische Grundlage hierfür scheint aber noch nicht gegeben. Dabei ist es genau diese grüne, gesicherte Leistung, die in der Kraftwerksstrategie gesucht und durch die Bedingungen der Biomasseausschreibung aktiv behindert wird. Hier gilt es zwingend politisch anzusetzen, denn die Kraftwerksstrategie darf nur mit grüner Energie und nicht mit einem Freifahrtschein für teure, neue Erdgaskraftwerke umgesetzt werden.“

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