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topplus Biomethan-Jahreskonferenz

Großes Potenzial für Biomethan im Wärme- und Kraftstoffmarkt

Biomethan könnte ab dem nächsten Jahr als Brennstoff auch für Gasheizungen durchstarten, zeigte die Konferenz „Biogaspartner“ der dena in Berlin.

Lesezeit: 7 Minuten

Gasverteilnetze sind und bleiben die tragende Säule der Energieversorgung für den Mittelstand und private Haushalte. Das betonte Dr. Volker Bartsch, Leiter Politik, Klimastrategie und Energieeffizienz beim Deutschen Verband für das Gas- und Wasserfach (DVGW) auf der Jahreskonferenz „Biogaspartner“ der Deutschen Energieagentur (dena) am 14. November in Berlin.

Kritik an Stilllegungsplänen

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An die Verteilnetze sind laut Bartsch 1,8 Mio. industrielle und gewerbliche Verbraucher sowie 21 Mio. Privathaushalte angeschlossen – rund 50 % der deutschen Haushalte. Das könnte auch so bleiben. Denn eine Umfrage unter deutschen Kommunen zeigt: 95 % wollen langfristig auf klimafreundliche Gase setzen.

Darum kritisierte er die Vorschläge, einen Großteil der Gasnetze stillzulegen. „Mit dem Ziel der Klimaneutralität 2045 besteht für über 90 Prozent der bestehenden Gasverteilnetze absehbar keine Verwendung mehr“, hatte beispielsweise die Denkfabrik Agora Energiewende im April geäußert. Im Mai hatte der inzwischen entlassene ehemalige Staatssekretär und einstige Agora-Chef Patrick Graichen den Gasnetzbetreibern empfohlen, mit dem Rückbau der Netze zu beginnen, da 2045 niemand mehr mit Gas heizen würde. „Wer von Stilllegung der Gasverteilnetze spricht, muss wissen, dass er die meisten Mittelständler von der Energiewende abschneidet“, entgegnete Bartsch diesen Vorschlägen. Die meisten Abnehmer setzen dabei auf Biomethan – Wasserstoff ist nur da geplant, wo Biomethan nicht verfügbar ist.

Deutlich mehr Einspeiseanfragen

Die Verteilnetze sind nicht nur für die Abnehmer wichtig, sondern auch für die Biogaserzeuger: Nach einer Umfrage des DVGW berichteten 241 Gasnetzbetreiber mit zusammen 415.000 km Gasnetz, dass es aktuell 233 konkrete Anfragen zur Einspeisung von Biomethan gäbe. „Das ist mehr, als wir 2022 überhaupt an Biomethananlagen am Netz hatten“, sagt Bartsch.

Damit möglichst viele Biogasanlagen auf die Biomethanproduktion umrüsten und zu wettbewerbsfähigen Kosten Biogas aufbereiten können, sollen Rohgassammelleitungen helfen. Hierfür gibt es nach DVGW ein großes Potenzial. Nach ersten Ergebnissen im Forschungsprojekt ENEVEG (Erweiterte Nutzung von erneuerbaren Gasen) könnten 3800 Anlagen in 586 Netzen zusammengeschlossen werden. Knapp 540 Netze bestehen dabei aus weniger als zehn Biogasanlagen, 264 Netze sogar nur aus drei Anlagen.

Wärmemarkt als neuer Absatzweg

Ein wichtiger Absatzweg für das Biomethan ist laut Bartsch künftig der Wärmemarkt. „Die Kunden können mit Biomethan sämtliche Anforderungen an das Gebäudeenergiegesetz erfüllen, ohne z.B. in eine Wärmepumpe investieren zu müssen“, sagt er. Er prognostiziert Biomethanpreise von 10 bis 12 ct/kWh, womit das grüne Gas günstiger als Wasserstoff, aber nicht teurer als Erdgas wäre.

Laut DVGW würde ein „normaler“ Neubau der Energieeffizienzklasse B bei den Jahreskosten mit Erdgas oder Biomethan gleich auf wie mit einer Wärmepumpe liegen. Ein gut sanierter Altbau der Energieeffizienzklasse D dagegen würde mit Biomethan günstiger heizen als mit einer Wärmepumpe.

„Aus diesem Grunde unterstützen wir die Forderung der SPD nach einer Grüngasquote“, sagt Bartsch. Die Fraktion hatte im August hierzu folgendes vorgeschlagen: Unternehmen, die Erdgas an Endkunden liefern, sollen verpflichtet werden, einen jährlich steigenden Anteil „erneuerbarer Gase“ zu liefern. Diese würden dann nach und nach Erdgas verdrängen. Die Quote soll von 0,67 % im Jahr 2025 auf 7,5 % im Jahr 2030 steigen. Der Vorschlag erinnert an die Beimischung von Biodiesel in fossilem Diesel oder Bioethanol in Benzin.

Ebenso werde es künftig eine Verbindung von Biomethan und Wasserstoff geben, in dem Biomethan- und Power-to-Gas-Anlagen kombiniert werden. „Dafür ist eine Lösung noch nicht in Sicht, das Thema müssen wir 2024 dringend in Angriff nehmen“, betonte Bartsch.

GEG-Ziele mit Biomethan erreichen

Auch Thomas Wencker kritisierte, dass im Zusammenhang mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) oftmals von einem Wärmepumpenzwang gesprochen werde. Er ist Referent für effiziente Energiesysteme und erneuerbare Gase in der Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch (ASUE), die seit 2021 zum DVGW gehört. „Jeder kann seine Gasheizung weiter betreiben und dafür Biomethan nutzen, um das Ziel von 65 % erneuerbare Energien zu erfüllen“, betonte er. Bis zum Jahr 2045 werde fossiles Methan bedeutungslos.

Für den Umstieg ist eine erhebliche Ausweitung der Biomethanproduktion nötig. Wie er ausführt, gibt es heute 8,81 Mio. Gasheizungen in Deutschland. Die dafür verwendete Gasmenge liegt bei 260 TWh. „Angenommen, durch die kommunale Wärmeplung und den Tausch von Heizungen nähme der Gasverbrauch um z.B. 30 % ab, blieben immer noch 180 TWh als Biomethan-Bedarf übrig", schätzt er.

Heute ist der Anteil von Biomethan im Wärmemarkt nach Zahlen des Umweltbundesamtes mit 0,4 % noch sehr gering. Auch bei der Stromerzeugung (0,5 %) oder im Verkehr (0,2 %) ist der Anteil sehr überschaubar.

Viel Potenzial für grünes Methan

„Strom und Wasserstoff reichen für die Energiewende allein nicht aus“, ist auch Zoltan Elek überzeugt. Der Geschäftsführer des Biomethanhändlers Landwärme begründet das so: „Wir diskutieren seit 6 bis 7 Jahren intensiv über Wasserstoff, aber passiert ist seitdem nicht viel. Die Produktion ist noch weit weg von dem, wo wir heute beim Biomethan sind.“

Für „grünes“ Methan sieht er noch viel Potenzial. Deutschland könnte im Jahr 2030 rund 100 TWh produzieren. Neben Biogas könnte es aus Holz, aus Abfällen und sogar strombasiert als synthetisches Methan hergestellt werden. „Auch die Verwendung von Wasserstoff im Verbrennungsmotor bringt im Vergleich zu Biomethan keinen Vorteil, sondern nur in der Brennstoffzelle“, argumentiert er weiter.

Wichtig für den Marktausbau sei es, dass Biomethan eine wichtige Rolle in der Nationalen Biomassestrategie spiele. Ein Plus für den Brennstoff sieht er auch in der CO₂-Rückführung: Bei der Gasaufbereitung wird hochreines CO₂ abgeschieden, das industriell genutzt oder zu synthetischem Methan weiterverarbeitet werden könnte.

Import von Biomethan möglich

Die große Nachfrage könnte auch mit ausländischem Biomethan gedeckt werden. „Seit Juli 2023 können wir in Deutschland nach einem aktuellen Urteil des Finanzgerichts Brandenburg Gas importieren. Das Angebot an nachhaltigem Biomethan in Deutschland könnte sich damit verdoppeln“, sagt er. Die ersten Mengen Biomethan aus der Ukraine erwartet wer schon in den nächsten Monaten.

Zudem ist es möglich, im Ausland verflüssigtes Bio-LNG auf die deutsche Treibhausminderungsquote anzurechnen. Alle LNG-Tankstellen in Deutschland könnten 2024 auf Bio-LNG umstellen. Elek beziffert den Absatzmarkt für Biomethan als Kraftstoff mit 3 TWh, Tendenz steigend.

Getrübt werden die guten Marktaussichten allerdings derzeit durch den Import von „fortschrittlichen Biodiesel“ aus China. Er hat zum Einbruch der Preise für die Treibhausgasminderungsquote im Kraftstoffmarkt geführt. „Das Problem ist seit 13 Monaten bekannt. Aber bislang hat sich nichts getan“, kritisiert er. Besonders Biomethanhersteller seien davon betroffen. Denn anders als Biodiesel oder Bioethanol könnte man das leitungsabhängige Gas nicht außerhalb von Europa verkaufen. „Das Problem ist: Wenn Abfall doppelt so viel Wert wie Palmöl ist, findet dieses den Weg in die Fritteuse und wird damit zum Altspeiseöl“, erklärt er.

Was für den Marktausbau nötig ist

Die drei Experten sind sich einig: Die Produktion von Biomethan muss schnell hochgefahren werden. „Erdgas und Erdöl fliegen mittelfristig raus aus dem Wärmemarkt und die langfristige Verfügbarkeit von Wasserstoff ist noch unsicher. Daher brauchen wir schnell einen Zubau an neuen Biomethananlagen. Es darf keine zwei bis fünf Jahre dauern, bis ein Projekt umgesetzt ist“, fordert Wencker. Zudem müssten Biomethanprojekte einfacher umzusetzen sein ohne aufwändiges BImSch-Verfahren oder die Störfallverordnung.

Eine weitere Forderung ist der Abbau von Bürokratie: „Wir brauchen schnellere Genehmigungen und Zusagen der Netzbetreiber. Zudem brauchen wir mehr Planungssicherheit, damit Anlagenbetreiber rechtzeitig Komponenten mit langer Lieferzeit wie Verdichter bestellen können“, zählt er weiter auf.

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