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Landwirte in Westfalen

WLV-Präsident Beringmeier zu Bauernprotesten: „Galgen geht gar nicht“

15.000 Schlepper und 20.000 Landwirte demonstrierten am Montag allein in Westfalen. Der WLV zeigt sich zufrieden - und grenzte sich klar von unerwünschten Mittstreitern ab.

Lesezeit: 7 Minuten

Rund 15.000 Schlepper und ca. 20.000 Landwirtinnen und Landwirte waren zum Start der Aktionswoche gegen die Streichungspläne der Regierung beim Agrardiesel bei zahlreichen Aktionen des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) auf den Straßen in Westfalen-Lippe unterwegs.

WLV-Präsident Hubertus Beringmeier und seine Stellvertreter Henner Brach und Michael Uckelmann zeigten sich im Rahmen des Havichhorster Presseabends in Münster erleichtert, dass die Aktionen friedlich und ohne besondere Vorkommnisse verliefen. Sie bedankten sich bei der Polizei, die alle Treckerfahrten begleitet hat und entschuldigten sich bei den Bürgerinnen und Bürgern für Verkehrsbeeinträchtigungen, die teils vor Ort entstanden waren.

Danke an die Bevölkerung

„Wir bedanken uns für die breite Unterstützung und das Verständnis, für viele gute Gespräche am Rande der Veranstaltungen und ganz besonders bei unseren Landwirtinnen und Landwirten, die mit außerordentlichem Engagement zum Erfolg des Aktionstages vor Ort beigetragen haben“, sagte Beringmeier.

Er nutzte die Gelegenheit auch, um sich klar vor Beifall aus der falschen Ecke und unerwünschten Mitstreiter abzugrenzen, die in einigen Regionen Deutschlands aus der rechten Ecke heraus versuchen, die Demonstrationen der Landwirte zu unterwandern.

„Galgen geht gar nicht“, stellte der Landwirt aus Ostwestfalen klar und berichtete davon, dass Fahnen mit fragwürdigen Symbolen und Galgen auf den Demonstrationen nichts zu suchen hätten. Den bislang unbekannten Fahrer eines Pickups mit Deutschlandfahnen, der sich unter die Demonstrierenden mischen wollte, habe er selbst mit Berufskollegen zur Rede gestellt und nach Hause geschickt.

„Von Personen, die Umsturzfantasien propagieren oder Gewalt verherrlichen, die Politiker bedrohen und bedrängen, sowie von Personen mit einer rechtsextremen Gesinnung oder aus anderen radikalen Randgruppen distanzieren wir uns aufs Schärfste. Damit zusammenhängende, teils parallel stattfindende Aktionen sind ausdrücklich keine Aktionen unserer Landwirtschaftlichen Kreisverbände in Westfalen-Lippe. Wir stehen für friedlichen und demokratischen Protest und werben mit unserer Aktionswoche ausschließlich für die Rücknahme der geplanten Haushalts-Streichungen im Agrar-Sektor“, machte Beringmeier deutlich.

Weitere Aktionen geplant

Im weiteren Verlauf der Aktionswoche finden am Mittwoch, 10. Januar, zahlreiche Aktionen in Innenstädten statt, die unter dem Motto „Landwirtschaft trifft Bürger“ den Dialog mit Verbraucherinnen und Verbrauchern forcieren. Am Freitag, 12. Januar, treffen Landwirtinnen und Landwirte vielerorts auf Bundestagsabgeordnete, um im Gespräch mit den Politikerinnen und Politikern die zentralen Anliegen des Berufsstandes zu verdeutlichen. Für die vom Deutschen Bauernverband angekündigte Großkundgebung in Berlin am Montag, 15. Januar, haben sich bereits zahlreiche Landwirtinnen und Landwirte aus Westfalen-Lippe angemeldet. Eine Übersicht zu den geplanten Aktionen gibt es unter wlv.de/aktionswoche

Gesprächsangebote der Politik annehmen

Angesprochen auf die Frage, ob sich durch die Große Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf die Themen der Landwirte eine Chance ergeben könnte, um liegengebliebene Ansätze wie die Vorschläge der Zukunftskommission Landwirtschaft oder das Borchert-Konzept zum Umbau der Tierhaltung voranzubringen, zeigte sich Beringmeier optimistisch. Man werde die Gesprächsangebote der Politik, die unter anderem Vize-Kanzler Robert Habeck gemacht habe, annehmen.

Tierwohl und Immissionsschutz in Einklang bringen

Das ein grundsätzliches Umdenken auch abseits des Agrardiesels erforderlich ist, machten die weiteren Fachthemen des Abends deutlich. Nach Einschätzung des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes ist das Bundesförderprogramm zum „Umbau der Tierhaltung“ unzureichend und wird der essenziellen wirtschaftlichen Bedeutung der Nutztierhaltung nicht gerecht.

„In der aktuellen Fassung kann die Förderung nicht zu einem breiten Umbau der Tierhaltung führen, weil durch die vorgesehenen Fördergrenzen nach Betriebsgröße nur eine beschränkte Zugänglichkeit besteht“, machte WLV-Präsident Hubertus Beringmeier deutlich.

Nur mit einer umfassenden Übernahme von Investitionen und laufenden Kosten, die grundsätzlich alle Betriebe in Anspruch nehmen können, kann demnach die heimische Nutztierhaltung gestärkt und somit die Produktion von qualitativ hochwertigem Fleisch auf Dauer regional sichergestellt werden. Es brauche eindeutige politische Signale für ein geändertes Bau- und Immissionsschutzrecht, damit vom geschlossenen Stall in höhere Haltungsformen mit Außenklima umgestellt werden könne.

„Tierwohl und Emissionsschutz – beide in der Verfassung festgeschrieben – müssen unweigerlich miteinander in Einklang gebracht werden. Vor allem die rechtssichere Auslegung der TA Luft ist Voraussetzung dafür, dass unsere Betriebe mit Tierhaltung ihre Ställe hinsichtlich mehr Tierwohl öffnen können“, so Beringmeier.

Appell für kooperativen Naturschutz

WLV-Vizepräsident Michael Uckelmann widmete sich dem Gesetz zur Wiederherstellung der Natur, der Pflanzenschutzanwendungsverordnung und der generellen Schutzgebietsausweisung und kritisierte die Belastungen für die deutsche und europäische Landwirtschaft.

„Ziel ist es, auf den jeweiligen Betrieb abgestimmte, geeignete Maßnahmen zu identifizieren und möglichst ökologisch und effektiv umzusetzen. Auf freiwilliger Basis arbeiten Landwirte und ehrenamtliche Naturschutzinteressierte an Möglichkeiten, um Lebensräume für Feldhase, Rebhuhn sowie Feldlerche und Co. aufzuwerten.

Der Schutz der Biodiversität ist die Grundlage für das Wirtschaften auf unseren Höfen. Gerade deshalb brauchen wir den Schulterschluss zwischen Landwirtschaft und Umweltschutz und werben bei der Politik für kooperative Ansätze“, machte Uckelmann deutlich.

Er verwies auf die sehr gute Zusammenarbeit mit der Stiftung Westfälische Kulturlandschaft, die derzeit rund 20 Projekte in Westfalen-Lippe zugunsten von Umwelt- und Naturschutz umsetzt. Insgesamt muss nach Einschätzung des Berufsstandes bei allen Bemühungen um Natur und Umwelt primäres Ziel sein, mit entsprechenden Maßnahmen die landwirtschaftliche Erzeugung zu erhalten und gleichzeitig Umweltziele zu erreichen.

Tragfähige Konzepte für Landwirtschaft im Mittelgebirge

WLV-Vizepräsident Henner Braach lenkte den Blick auf die Landwirte in den Mittelgebirgen. Dort werden voranging Grünland mit Weidetierhaltung und Forstwirtschaft betrieben. Neben den Markterlösen der Tierhaltung auf Grünland spiele die Förderung für Grünlandbetriebe eine wichtige Rolle. Dabei spiegele sich die Bedeutung des Grünlands etwa für die Speicherung von Kohlenstoff, zum Wasserschutz und für die Artenvielfalt nicht in den Fördermöglichkeiten der Gemeinsamen Agrarpolitik wider.

Für 2025 sei eine neue Öko-Regelung vorgeschlagen, die den maximal zweimaligen Schnitt einer Fläche zum Fördergegenstand habe. „Problematisch ist, dass es im Rahmen der Ökoregelungen und auch mit Blick auf Umweltprogramme der GAP bisher keinen adäquaten Förderbaustein für Grünlandbetriebe gibt.

Nach Einschätzung des Verbandes ist es Aufgabe der Politik, die Belange der Grünlandbetriebe sowie der Milchviehbetriebe mit Weidehaltung zu berücksichtigen und einen entsprechenden Vorschlag für die GAP-Agrarförderung zu machen“, so Braach.

Wind als Chance für den Wald

Er sieht in Bäuerlichen Bürgerwindenergiekonzepten mit besonderem Blick auf den Wald große Chancen für Klimaschutz und Menschen vor Ort. Auf den von Dürre, Stürmen und Borkenkäfern geschädigten Waldflächen könnten von Waldbewirtschaftern Standorte entwickelt und partnerschaftlich mit der lokalen Kommune als mögliche Windenergieflächen überplant werden.

„Mit den Erlösen kann die Wiederaufforstung finanziert und die Flächen können langfristig gesichert werden. Der pauschale, und auf Landesebene bereits abgeschaffte 1.000 Meter-Abstand zu Siedlungen schließt viele hervorragend geeignete Potenzialflächen grundsätzlich aber aus. Es ist nicht zielführend, dass die antiquierten Pauschalabstände durch die Hintertür in der Regionalplanung nun wieder ausgebuddelt werden sollen“, bewertete Henner Braach die Regionalplanung im südwestfälischen Raum.

Probleme mit dem Wolf

Mit Blick auf die weitere Ausbreitung des Wolfes und damit einhergehenden Sorgen der Weidetierhalter mit Rindern, Pferden, Ziegen und Schafen machte Henner Braach deutlich, dass sich der Wolf als Raubtier ohne natürliche Feinde weiter schnell in Deutschland ausbreitet und in der Folge weitere Schritte nötig sind, um die Weidetierhaltung als gesellschaftlich erwünschte Form der Tierhaltung zu sichern.

„Wir fordern die Feststellung des günstigen Erhaltungszustandes des Wolfes und eine darauf aufbauende Entnahmequote und die Lockerung des Schutzstatus des Wolfs auf europäischer Ebene. Darüber hinaus brauchen wir eine rechtliche Grundlage für ein regional differenziertes Bestandsmanagement und die Festlegung von Gebieten, in denen aufgrund von Topographie, Vegetation oder Bodenbeschaffenheit keine wolfsabweisende Zäunung möglich ist“, sagte Henner Braach in Münster.

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