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Erneuerbare Energien machen Pelletproduktion krisensicher

Bei der Spezialreise von Farm-Tours und top agrar zum Thema Energie besichtigten die Teilnehmer eine moderne Holzpelletproduktion – ein Paradebeispiel für die Sektorkopplung.

Lesezeit: 6 Minuten

Gerade erst hat ein Schubboden-Auflieger einen großen Berg Sägemehl abgeladen, da kommt schon der nächste. Über dem ganzen Gelände liegt ein würziger Geruch nach Nadelholz. „Wir verarbeiten hier vor allem Tannen-, Fichten- oder Lärchenholz aus einem Umkreis von 50 bis 100 km“, sagt Gerd Seiler, Leiter in der Holzpelletproduktion der WUN Bioenergie GmbH im bayerischen Wunsiedel. Das Werk verarbeitet ausschließlich Hackschnitzel aus Restholz sowie Nebenprodukte aus Sägewerken wie Säge- und Hobelspäne sowie Stäube.

Zwei Produktionslinien

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Das erste Werk ist vor zwölf Jahren in Betrieb gegangen und vor sechs Jahren erweitert worden. Heute liegt die Produktionskapazität bei rund 200.000 t Holzpellets pro Jahr, wobei das Werk zwei Qualitäten produziert: Das Gros sind hochwertige Pellets der Qualitätsstufe EN plus für den Privathaushalt. Auf einer zweiten Linie entstehen dunkelbraune Pellets mit einem höheren Rindenanteil. Diese „Nawaro-Pellets“ werden zur Stromerzeugung in Holzvergasern eingesetzt und der Strom nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vergütet.

Der Produktionsprozess

Die Rohware wird – getrennt nach den beiden Linien – zunächst gesiebt. Stücke über 6 cm werden ausgeschleust. Der Rest wird in einer Nasszermahlung sehr fein zerkleinert und zu einem Bandtrockner weitertransportiert. Der Trockner für die EN plus-Pellets schafft 35 t/h, der kleinere für die Nawaro-Pellets 6 t/h. Sie trocknen das Material von 30 % Restfeuchte auf ca. 7 bis 8 %. Anschließend kommt das Holzmehl in Trockenspansilos.

Vor dem Pressen wird es im Reifebunker mit Stärke und Wasser zu einem festen Brei vermischt. Dieser besteht aus unter 1 % Stärke, 3 % Wasser und 96 % Holzmehl. Per Förderband gelangt er zu der Presse, dem Herzstück der gesamten Produktion. Die Presse besteht aus einem Zylinder mit vielen Löchern, der sogenannten Matrize. Innerhalb des Rings laufen zwei Walzen. Sie pressen den Brei durch die Löcher, wobei die länglichen Stäbchen, die Pellets, entstehen. In dem Werk gibt es insgesamt fünf dieser Pressen, die parallel arbeiten.

Die Vermarktung

Durch den hohen Druck und die Reibung in den Matrizen haben die fertigen Pellets eine Temperatur von teilweise 70 °C. Die Erhitzung sorgt dafür, dass die Stäbchen auf eine Restfeuchte von 10 % trocknen. „Der Druck ist so hoch, dass die Dichte der Pellets fünfmal so groß ist wie beim Rohholz“, sagt Seiler. Der Druck sorgt auch dafür, dass der Heizwert von Weich- und Hartholz (also Nadel- und Laubholz) annähernd gleich ist: Weichholzpellets haben einen Heizwert von 4,8 kWh/kg, Hartholzpellets kommen auf 4,9 kWh/kg.

Nach dem Pressen werden die Pellets in eine Lagerhalle geblasen, wo sie abkühlen können. Von hier aus gelangen sie danach entweder in die Silos zum Beladen der Tankfahrzeuge oder in die Absackanlage.

Die meisten Pellets werden lose verkauft. Für die Vermarktung ist die BayWa AG zuständig, die auch den Einkauf der Rohstoffe für die Pelletproduktion übernimmt. Die Auslieferung der Ware erfolgt über zwölf Tanklastzüge, die aus einem Silo von oben befüllt werden und dann die Pellets bei den Kunden ähnlich wie Kraftfutter in der Landwirtschaft in die entsprechenden Bunker einblasen.

Die Energieproduktion

Für die Pelletproduktion benötigt das Werk Strom. Um diesen herzustellen, sind in dem Werk verschiedene Anlagen installiert:

Zum Einsatz, sodass ein hoher Selbstversorgungsgrad mit Strom und Wärme existiert:

  • Auf den meisten Dächern der Betriebsgebäude sind Photovoltaikanlagen ca. 2 MW Leistung installiert. Sie produzieren Strom in erster Linie für den Betrieb. Was nicht verwendet wird, wird ins Netz eingespeist.
  • Ein Biomassekessel verbrennt Landschaftspflege- oder Wipfelholz. Die Wärme erhitzt in einer nachgeschalteten Organic-Rankine-Cycle (ORC)-Anlage ein organisches Medium, über das eine Dampfturbine mit Generator angetrieben wird. Die Anlage mit 750 kW elektrischer Leistung erzeugt ebenfalls Strom für den Betrieb, die Abwärme wird zum Trocknen der Späne genutzt.
  • Die Asche aus dem Biomassekessel soll künftig als Dünger verwendet werden. Dafür ist eine Zertifizierung nach dem Gütezeichen RAL-Dünger der Bundesgütegemeinschaft Holzasche angestrebt.
  • Drei Erdgas-BHKW mit insgesamt 4500 kW elektrischer Leistung sowie ein Holzgas-BHKW mit 1200 kW produzieren Strom und Wärme. „Wir selbst nutzen sie auch in einem Burkhardt-Holzvergaser mit angeschlossenem BHKW zur Strom- und Wärmeproduktion“, sagt Seiler.
  • Auf dem Gelände sind zwei Pufferspeicher mit insgesamt 120.000 l Volumen installiert. Sie bündeln alle Abwärmeströme von den BHKW und der ORC-Anlage.

Wasserstoff als Alternative

Eine andere Alternative wäre Wasserstoff. Neben dem Betriebsgelände der WUN Bioenergie haben das Gasunternehmen Rieser und das Industrieunternehmen Siemens eine Wasserstoffproduktion errichtet. An der WUN H2 ist SWW beteiligt. Von dem Werk verläuft eine Wasserstoffleitung zu den Erdgas-BHKW in der Pelletproduktion. „Ziel ist es, ein Teil des Erdgasbedarfs durch den grünen Wasserstoff oder Biomethan zu ersetzen“, sagt Seiler. Als Stromquelle für die Wasserstoffproduktion dient in erster Linie Wind- und Solarstrom aus Anlagen in der Umgebung, wenn der Strompreis wegen Überkapazitäten im Netz sehr günstig ist.

Turbulenzen auf dem Pelletmarkt

Die Ukrainekrise hat sich aber nicht nur auf die Produktionskosten in dem Werk ausgewirkt. „Viele Menschen hatten Angst vor Versorgungsengpässen und haben große Mengen Pellets auf Vorrat gekauft“, hatte er festgestellt.

Aber die enorme Nachfrage in Kombination mit den gestiegenen Energiekosten hatten zu einer Verdreifachung der Pelletpreise im Sommer 2022 geführt. Zwischenzeitlich mussten Kunden fast 800 €/t bezahlen. „Der Pelletmarkt wird weiterhin von vielen Faktoren beeinflusst, deren Ursache die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine sind. Dazu gehören eine stark erhöhte Nachfrage, die Verteuerung von Produktion und Logistik sowie hohe Rohstoffkosten aufgrund einer rückläufigen Baukonjunktur“, erklärte der DEPV im Oktober 2022.

Inzwischen hat sich die Lage wieder beruhigt: Die Nachfrage ist extrem zurückgegangen, weil viele Lager noch voll sind. Die Zahlen des Deutschen Energieholz- und Pelletverbandes (DEPV) geben Seiler recht: In Deutschland wurden 2022 rund 3,7 Mio. t Pellets produziert, der Inländische Verbrauch lag dagegen bei 3,2 Mio. t. Das bedeutet: Es wurden auch in der Gaskrise noch Pellets ins Ausland exportiert. Und die Kapazität ist noch nicht am Ende: Das Rohstoffpotenzial allein aus Sägenebenprodukten beträgt 6 bis 7 Mio. t – alternative Rohstoffe wie nicht-sägefähiges Rundholz noch nicht mitgerechnet, teilt der DEPV mit.

Auch die WUN Bioenergie sieht sich mit der eigenen Energieproduktion für die nächsten Jahre krisensicher aufgestellt. „Mittelfristig arbeiten wir daran, dass wir ganz auf Erdgas verzichten können.“

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