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Niedersachsen will Bürger stärker an Energiewende beteiligen

Das neue Windgesetz sieht eine direkte Beteiligung von Bürgern vor. Der Landesverband Erneuerbare Energien begrüßt die Einigung, hätte sich aber eine Lösung auf Bundesebene gewünscht.

Lesezeit: 6 Minuten

Der Niedersächsische Landtag hat am 17. April 2024 das Niedersächsische Windgesetz verabschiedet. Damit soll der Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich beschleunigt und die Menschen vor Ort in den Kommunen direkt von jedem neuen Windrad und jeder Freiflächensolaranlage profitieren.

Mit dem Gesetz verdoppelt Niedersachsen, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, die Flächen für die Windenergie auf mindestens 2,2 % der Landesfläche, basierend auf der Potenzialstudie des Umweltministeriums. Danach sind 6,2 % der Landesfläche in Niedersachsen unter strenger Beachtung des Naturschutzes grundsätzlich für die Windenergie geeignet.

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„Gemäß der Einigung mit den Kommunalen Spitzenverbänden und zur faireren räumlichen Verteilung wird kein Landkreis überfordert, sondern die regionalen Teilflächen bei maximal 4 % Landkreis solidarisch umverteilt", sagt Energie- und Klimaschutzminister Christian Meyer.

Gleichzeitig werden die Verfahren mit einer Novelle des Raumordnungsgesetzes digitalisiert, beschleunigt und den Kommunen erstmals auch Teilflächenpläne Windenergie im Regionalen Raumordnungsprogramm ermöglicht. „Damit bleibt Niedersachsen bei der Windenergie spitze und wird seine Ausbauziele zusammen mit den Kommunen erreichen", so Meyer.

Jahresziel in Reichweite

Durch die vom Land eingerichtete Task-Force Energiewende wurden die Ausbau- und Genehmigungszahlen bereits deutlich gesteigert: Im 1. Quartal 2024 haben die Kommunen 504 MW Windenergie genehmigt. „Damit ist das Jahresziel von 1500 MW in guter Reichweite", so Meyer. Auch bei der Solarenergie konnte Niedersachsen 2023 mit 1411 MW Zubau gegenüber dem Vorjahr 2022 (614 MW) seine jährlich installiere Leistung mehr als verdoppeln. „Bei der Photovoltaik ist das der größte jährliche Zuwachs bisher, also ein Rekordzubau. Mit dem Solarpaket der Bundesregierung wird es weitere Erleichterungen etwa für Balkonkraftwerke und PV auf Unternehmensdächern geben", betont der Minister.

Bessere Teilhabe

Was ihn mit Blick auf das Niedersächsische Windgesetz besonders freue: „Die Menschen vor Ort, vor allem im Ländlichen Raum, werden von jedem neuen Windrad oder Freiflächen-PV Anlage direkt profitieren wie in keinem anderen Bundesland. Durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien werden Millionen Euro Wertschöpfung vor Ort generiert."

Denn mit dem Gesetz werden die Anlagenbetreiber erstmals verpflichtet, für jedes neue Windrad oder Freiflächenphotovoltaikanlage, eine Akzeptanzabgabe von 0,2 Cent pro Kilowattstunde an die jeweilige Gemeinde zu zahlen. Das sind rund 30.000 Euro pro Jahr für jedes neue Windrad. Die Kommunen können es frei für Naturschutz, soziale, kulturelle Zwecke für Bildung oder zur Stärkung der Daseinsvorsorge verwenden.

50 % der Einnahmen sollen möglichst in den jeweiligen Ortsteilen verwendet werden, wo das Windrad steht. Einmal im Jahr müssen die Kommunen die Bevölkerung darüber informieren, wofür sie das Geld verwendet haben. „Das kann kostenloser Eintritt im Freibad, die Stärkung des ÖPNV, das Kulturfestival, die Förderung sozialer Einrichtungen oder ein Programm zur Dorfbegrünung sein", so Energie- und Klimaschutzminister Meyer. „Sie können aber auch bis zu drei Jahre ansparen, wenn sie damit etwa eine Solaranlage oder Wärmepumpe ihrer Kita oder ihres Dorfgemeinschaftshauses finanzieren wollen. Es soll und muss immer der Steigerung der Akzeptanz der Erneuerbaren Energien dienen."

Direkte Beteiligung der Anwohner

Neben den Gemeinden müssen die Betreiber der Anlage mit im Schnitt weiteren 0,1 ct/kWh die Menschen im Umfeld von 2,5 Kilometern der Anlage direkt profitieren lassen. „Diese direkte Beteiligung der Menschen vor Ort ist neu und bundesweit einzigartig", sagt der Minister - und zwar zusätzlich zu den 0,2 Cent für die Kommune. Dazu ist ein flexibles Bündel von Ausschüttungen für Bürger möglich: dauerhaft niedrige Strompreise, eine Direktzahlung an die Menschen um die Anlage pro Kopf (quasi Erneuerbaren-Energien-Geld für die Anwohner) oder die Beteiligung an Bürgerenergiegenossenschaften, Anteilsscheinen, Energiesparbriefen oder Schwarmfinanzierung und Crowdfunding.

Wenn Anteile an der Anlage an die Bürger angeboten werden, müssen dies mindestens 20 % der Anteile sein, bei Direktausschüttungen sind es 0,1 ct/kWh, also auch hier 15.000 Euro pro Windrad an die Einwohner rund um die Anlage. Das bedeutet, dass dann zum Beispiel die Anwohner um die Anlage bei zehn Windrädern dauerhaft 150.000 Euro ausgeschüttet bekommen. Wieviel das pro Kopf ist, hängt dann davon ab, wie viele Menschen im 2,5-Kilometer-Radius wohnen. Meyer: „Unterm Strich profitieren die Kommunen und Menschen vor Ort vom Ausbau der Wind- und Solarenergie in einzigartiger Weise.“

0,3 ct/kWh an die Bürger 

Damit fließen im Schnitt 0,3 Cent pro neu erzeugter Kilowattstunde erneuerbaren Strom an die Kommunen und Menschen vor Ort. Die Betreiber können sich die Abgabe aus dem EEG-Anlagen vom Bund aus dem Steuersäckel erstatten lassen.

Energie- und Klimaschutzminister Meyer: „Damit fließt eine millionenstarke Wertschöpfung durch den Ausbau von Wind und Sonne in die ländlichen Regionen Niedersachsens. Und das wird die in den letzten Jahren ohnehin schon gestiegene Akzeptanz für Windräder nochmal steigern."

Allein für den Landkreis Rotenburg, der mit 4 % seiner Fläche Platz für 700 bis 800 zusätzliche Windräder bietet, würden nach einer Studie zusätzlich rund 1,1 Milliarden Euro Wertschöpfung in den Landkreis fließen.

Branche begrüßt das Gesetz

Der Landesverband Erneuerbare Energien Niedersachsen/Bremen (LEE), der das Thema von Beginn der Koalitionsverhandlungen an begleitete und sich mit konkreten Vorschlägen in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht hat, zeigt sich mit dem Ergebnis zufrieden.

„Wir sind erleichtert, dass es uns im Gesetzesverlauf gelungen ist, die Beteiligung von Kommunen und Bürgern durch unsere Vorschläge erheblich zu entschlacken. Wir haben uns im letzten Jahr intensiv in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht und unsere Vorschläge an Regierung und Parlament adressiert. Wir danken ausdrücklich für den konstruktiven Austausch“, sagt Bärbel Heidebroek, LEE-Vorsitzende. Um ein regulatorisches Durcheinander auf Länderebene zu vermeiden, wäre dem Verband allerdings eine bundeseinheitliche Lösung lieber gewesen.

Ausnahmen nötig 

Heidebroek führt weiter aus: „Die Akzeptanzabgabe von 0,2 Cent pro Kilowattstunde an die Kommunen zahlt die Branche in der Regel bereits jetzt, deren Verbindlichkeit unterstützen wir. Wir bedauern aber, dass Wind- und Solarenergieanlagen, die über unterschiedliche Modelle Gewerbebetriebe oder die Industrie bilanziell oder direkt versorgen, nur in einem sehr engen Rahmen von allen Beteiligungspflichten ausgenommen werden sollen.“ Die vorgesehene Beteiligung bei nicht durch das EEG geförderten Projekten verteuere direkt den Strompreis und ersticke dieses sich gerade entwickelnde Geschäftsfeld im Keim.

Kritisch sieht Heidebroek auch die Einbeziehung von Freiflächen-Photovoltaik in das Gesetz, da die Ausschreibungsergebnisse zeigen, dass es schwierig ist, in Niedersachsen auch ohne Sonderabgaben Zuschläge für Projekte zu erhalten. Allerdings begrüße der LEE die Zusage von Parlament und Landesregierung, die Wirkungen des Gesetzes zu evaluieren und gegebenenfalls kurzfristig Änderungen vorzunehmen.

Flächenausweisung zügig umsetzen

Der LEE sieht nun die Planungsregionen in der Pflicht, bereits jetzt in der regionalen Raumordnung die Flächenziele für 2032 umzusetzen. „Raumordnungsverfahren sind langwierig und es macht gerade vor dem Hintergrund der personellen Kapazitäten keinen Sinn, zweimal in das Verfahren zu gehen“, begründet Heidebroek den LEE-Vorschlag.

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