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Gesunde Kartoffeln sind kein Selbstläufer

Lesezeit: 7 Minuten

Bakterielle Ringfäule, Kartoffelkrebs und Nematoden sind die Schreckgespenster des Kartoffelbaus. Wie Sie Ihre Flächen vor Quarantäne-Schaderregern schützen, erklärt Prof. Dr. Joachim Kakau, Hochschule Osnabrück.


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Hygienemaßnahmen sind in viehhaltenden Betrieben im Stallbereich selbstverständlich, in Ackerbaubetrieben dagegen bisher viel zu selten. Das muss sich ändern, vor allem beim Anbau von Kartoffeln. Denn diese sind besonders durch Schadorganismen gefährdet. Das hat Gründe:


  • Die Kartoffelknolle ist ein sehr gutes Substrat für die Vermehrung von pilzlichen und bakteriellen Schaderregern.
  • Die Knollen werden im Boden direkt von Schaderregern befallen oder diese haften äußerlich mit der Erde an ihnen. Damit besteht ein großes Risiko, sie mit den Knollen zu verschleppen.
  • Alle bodenbürtigen Schadorganismen werden mit Erde von befallenen Flächen auf nicht befallene verfrachtet.


Hygienemaßnahmen im Kartoffelbau dienen dazu, die Knollen gesund zu halten und Erreger nicht auf befalls-freie Flächen zu verschleppen. Dies ist besonders wichtig bei Quarantäne-Schaderregern wie bakterielle Ringfäule, Schleimkrankheit, Kartoffelkrebs und Nematoden.


Wird Befall festgestellt, hat dies schwerwiegende Folgen, die von der Anbaueinschränkung bis hin zu langjährigen Flächensperrungen reichen. Besonders problematisch sind Erreger, die sehr lange im Boden überdauern wie Kartoffelzystennematoden (10 Jahre) und Kartoffelkrebs (über 20 Jahre).


„Kritische“ Knollen

: Da die Knolle mindestens ein Jahr überdauern muss, ist ein wirkungsvoller natürlicher Schutz wichtig. Diesen bieten die widerstandsfähige Korkschale und die darunter liegenden Gewebeschichten der Rinde. Sind die Abschlussgewebe intakt, bilden sie eine wirksame Barriere. Wenn es aber zu Verletzungen dieser Schutzschicht kommt – breits feine Haarrisse reichen – dringen Schadorganismen ungehindert in die Knolle vor. Viele benötigen Beschädigungen als Eintrittspforte. Wollen Sie Ihre Knollen gesund erhalten, sollten Sie zwei Aspekte besonders beachten: Beschädigungen vermeiden und Infektionsdruck verringern (Checklisten Seite 95 und 97).


Sehr wirkungsvoll ist, auf dem Roder Steine, Kluten und vor allem kranke Knollen auszusortieren. Denn Steine und Kluten führen zu starken Beschädigungen. Kranke Kartoffeln erhöhen zudem sehr stark den Infektionsdruck. Bis zum Verlesetisch kommen sie nur mit wenigen anderen Knollen in Kontakt. Sobald sie aber in den Bunker fallen, gelangen die Schaderreger massenhaft auf andere Knollen.


Hierbei handelt es sich zunächst nur um Kontaminationen, die aber später zu Infektionen führen können. Diese Ansteckung setzt sich bei jedem weiteren Abschnitt in der Transport- und Einlagerungskette fort, bei dem die Knollen in Bewegung geraten und durchmischt werden. Bei den bakteriellen Erregern (siehe Übersicht 1, S. 96) kann sie „lawinenartige“ Ausmaße annehmen. Auch gesunde, aber kontaminierte Knollen geben die Erreger weiter. Bei Schadpilzen ist dies bei Fusarium und etwas geringer bei Rhizoctonia möglich.


Weniger Erde!

Die im Verfahrensablauf mitgeführte Erde spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Ziel ist, so wenig Erde wie möglich und so viel wie nötig mitzuführen. Sie wird zwar als schützendes Polster auf dem Roder benötigt, freie Erde sollte aber auf keinen Fall bis in den Bunker gelangen.


Problematisch genug ist bereits die den Knollen anhaftende Erde. Ist es viel, bedeutet das auch viel Wasser. Dies führt später im Lager zu einem höheren Aufwand bei der Trocknung. Durch den Erdanhang sind die Schadorganismen geschützt und haben zunächst genügend Feuchtigkeit für ihre Lebensaktivitäten. Nach dem Abtrocknen wirkt die Erdkruste konservierend auf Pilze und Bakterien. Insgesamt erhöht die Erde die Menge an Schaderregern, die ins Lager gebracht wird. Dort können sie in feuchtem Zustand durch Verschmieren an Maschinen, Geräten und Oberflächen der Lagereinheiten sowie in trockenem Zustand durch Staubverfrachtung verbreitet werden. Daher sind Reinigen und gegebenenfalls Desinfizieren wichtige Maßnahmen. Der erste Schritt ist, das Lager vor dem Neubefüllen von Erde sowie Knollen und Kraut komplett zu reinigen.


So wenig Staub wie möglich!

Schwieriger ist es, das Lager von Erdkrusten und Staub zu reinigen. Erdkrusten müssen Sie über längere Einweichzeiten und mit einem Hochdruckreiniger gründlich beseitigen. Staub ist besonders problematisch, weil mit ihm Sporen von Schaderregern, z.B. Silberschorf, verbreitet werden. Auch kann die Belastung der im Lager beschäftigten Menschen damit erheblich werden. Vermeiden ist einfacher und billiger als Beseitigen. Der Annahmebereich sollte daher so gut wie möglich vom Lagerbereich getrennt oder eine Abluftanlage vorhanden sein. Mit dem Staubsauger oder einer Kehr-Saugmaschine lässt sich Staub beseitigen.


Maschinenwäsche ist ein Muss.

Das Reinigen aller eingesetzten Maschinen, Geräte und Fahrzeuge ist wegen des „Multiplikator-Effektes“ besonders wichtig. Besteht ein höheres Risiko aufgrund stärker befallener Partien, spart das Reinigen letztlich Zeit und Geld. Ob danach noch zusätzlich eine Desinfektion nötig ist, lässt sich nicht pauschal sagen. Grundsätzlich gilt aber: Eine Desinfektion ersetzt nicht die Reinigung. Und unsachgemäßes Reinigen vermindert deren Wirkung. Der Arbeitsablauf ist wie folgt:


  • Die zu reinigenden Oberflächen müssen frei zugänglich sein.
  • Oberflächen grob reinigen.
  • Einweichen mit ausreichend Wasser, bei stärkeren Erdkrusten nachfeuchten.
  • Reinigen mit Hochdruckreiniger bis die ursprüngliche Oberflächenstruktur der Materialien wieder zu erkennen ist.
  • Oberflächen trocknen lassen.
  • Ausbringen der Desinfektionslösung.


Nach derzeitigem Stand der Zulassung steht zur Desinfektion nur das Mittel Menno Florades zur Verfügung. Es tötet Pilze, Bakterien und Viren ab, erfasst jedoch nicht die Dauersporen des Kartoffelkrebses. Für Nematodenzysten liegen keine Wirksamkeitsergebnisse vor.


Verschleppungsrisiko:

Alle Schaderreger im Boden gelangen über die Pflanz-knolle oder Erde auf Befallsflächen (Übersicht 2, S. 98). Dies erfolgt direkt durch Wind- und Wassererosion sowie Maschinen und Geräte. Ein indirektes Verschleppen ist neben Pflanzknollen über Sortierabfälle und Erde möglich, die in Verarbeitungsbetrieben anfällt oder über Futterpflanzen in die Gülle oder Substrate in die Biogasanlage gelangt. Mit Pflanzgut werden verbreitet:


  • Erreger in oder an Knollen,
  • Nematodenzysten in anhaftender Erde,
  • alle anderen Schadorganismen, die lange im Boden überdauern.


Mit den Pflanzknollen bringt man zwar nur wenig Erde auf die Fläche, aber man verteilt sie dort gleichmäßig. Besonders risikoreich ist, auf Flächen mit enger Kartoffelfruchtfolge Pflanzgut für den Nachbau anzubauen, denn dadurch reichern sich dort auch Schadorganismen der Kartoffel an. Auf keinen Fall sollte man dafür Flächen nutzen, bei denen nicht sicher ist, ob sie frei von Quarantäne-Schaderregern wie Kartoffelkrebs und -zystennematoden sind.


Sortierabfälle von eigenen Kartoffeln sollten Sie möglichst nicht auf dem Acker ausbringen. Abfälle oder Kraut-und Knollenreste aus Sortier- oder Verarbeitungsbetrieben dürfen Sie auf keinen Fall auf Ihren Flächen verteilen! Ein hohes Risiko geht auch von Resterden aus diesen Betrieben aus, da man hiermit große Erdmengen flächendeckend ausbringt. Lehnen Sie dies ab! Organische Dünger bringt man zwar auch auf der gesamten Fläche aus, das Risiko ist hier aber deutlich niedriger, weil der Erdanteil in der Regel gering ist.


Ein Verschleppen mit Maschinen und Geräten ist möglich, die verfrachtete Erdmenge aber meist nur gering. Allerdings gilt bei den Quarantäne-Schaderregern eine Nulltoleranz. Daher ist selbst bei wenig Erdanhang an Reifen oder Bodenbearbeitungsgeräten das Risiko hoch. Deutlich höher ist es aber beim Kartoffelroder, da bei feuchten und schwereren Böden sehr große Erdmengen an der Maschine haften bleiben.


Setzen Sie nur eigene Maschinen ein und treten auf Ihren Flächen keine problematischen Schaderreger auf, können Sie auf das Reinigen bei Flächenwechsel verzichten. Bei überbetrieblichem Maschineneinsatz sind diese auf jeden Fall beim Betriebswechsel zu reinigen.


Noch mehr Risiken:

Grundsätzlich können Sie sich alle Schadorganismen, die lange im Boden überdauern (Übersicht 3), auf diese Art „einfangen“. Das erfolgt z.B. auch mit dem Rübenroder oder mit Abfallerde aus der Zuckerfa-brik. Weniger problematisch sind diese, wenn sie noch bekämpfbar oder resistente Sorten verfügbar sind. Gegen Kohlhernie, Typ2 des Gerstengelbmosaikvirus und vor allem Weizenmosaikvirus stehen bisher aber nur wenige Sorten zur Verfügung. Bei bodenbürtigen Getreideviren, Rizomania und Kohlhernie besteht darüber hinaus die Gefahr, dass neue Rassen selektiert werden, die die Sortenresistenz brechen. Gelingt es Züchtern nicht rechtzeitig, neue Resistenzquellen zu finden, ist ein Anbau dieser Kulturen auf Befallsflächen unrentabel. Vermeiden Sie daher das Risiko der Verschleppung auch dieser Schaderreger!-hm-

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