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Getreide-Sprossen:Futter aus dem Brutraum

Lesezeit: 4 Minuten

Sprossen aus Getreide-Samen sollen sich in speziellen Anlagen hoch­ziehen und an Rinder ­verfüttern lassen. Was steckt hinter dem „hydroponischen Futter“?


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In schwarzen Plastik-Wannen lagern die Getreide-Samen. In regelmäßigen Abständen springt die Bewässerung an. Optimale Lichtverhältnisse bringen die Samen zum Keimen. Die Wurzeln verweben sich zu einer festen Matte, knallgrün schießen die Sprossen hervor.


Nach sieben Tagen lassen sich die 18 kg schweren Matten aus Getreide-Sprossen ernten und an Rinder verfüttern. Für das „hydroponische Futtersystem“ sind weder Boden noch Gülle oder Nährstoffe nötig. Kontinuierlich soll sich frisches Futter produzieren lassen. Sieht so die Flächen unabhängige Futter-Produktion der Zukunft aus?


Kontinuierliche Produktion:

Das Wort „Hydroponic“ stammt aus dem griechischen und steht für „Wasser“ und „Arbeiten“. Und das ist auch fast alles, was für die Sprossen-Produktion nötig ist: In dem vollisolierten Raum werden die Samen regelmäßig bewässert. Temperatur und Licht sind optimal eingestellt. Innerhalb von sechs Tagen keimen die Samen aus und die Sprossen verwachsen zu festen Matten. Am siebten Tag können die Matten „geerntet“ und direkt verfüttert werden. Ein Kilogramm Samen liefert etwa 7 kg Futter.


Das leere Regalfach wird direkt mit neuen Samen befüllt. Am folgenden Tag ist das nächste Fach erntereif. So entsteht eine kontinuierliche Produktion von frischem Futter. Gut eignen sich Samen von Gerste oder auch Luzerne, Weizen und Sonnenblumen.


Eiweiß-Futter trotz Trockenheit:

„Das System wurde Mitte der 90er Jahre in Australien und den USA entwickelt, als Wasser für die Bewässerung der Felder knapp war. Auch heute noch schwören viele Landwirte in trockenen Regionen auf diese Art der Futterproduktion“, sagt Gunnar Helmert, Geschäftsführer der Firma sol-4-u Europe.


Sein Unternehmen vermarktet Anlagen und Technik für die Produktion von hydroponischem Futter in den Mittleren Osten, Indien und Afrika. „In Australien stehen Anlagen verschiedener Hersteller, die 4 000 bis 5 000 kg Futter pro Tag produzieren. In den USA gibt es eine, die 40 000 kg pro Tag produziert“, sagt Helmert.


Die Gersten-Sprossen enthalten laut Helmert fast 15 % Rohprotein. Sie seien reich an Vitaminen, Zink, Selen und Eisen; die Verdaulichkeit liege bei 80 bis 90 %. „Den Rindern schmecken die Sprossen sehr gut. Sie fressen die Matten komplett auf, mit Wurzeln und allem“, berichtet Helmert.


Zusätzlich sei das eiweißreiche Futter gut für die Tiergesundheit. In amerikanischen Versuchen habe sich laut Helmert herausgestellt, dass die Milchleistung um etwa 10 % steigen kann, bei einem 14 % höherem Fettgehalt. Auch sollen die Trächtigkeitsraten steigen und die Kälber vitaler sein.


Die Technik, die vom griechischen Unternehmen VIT in Thessaloniki produziert wird, hat aber ihren Preis. Für eine Einheit, die pro Tag 2 000 kg frisches Futter produziert, ist ein etwa 150 m2 großer isolierter Raum nötig. Dieser muss mit Regalen und Wannen, LED-Beleuchtung, Bewässerungsanlage sowie Heiz- und Lüftungstechnik ausgestattet werden. Die Kosten liegen bei rund 85 000 €. Für Installation und Programmierung der Technik sind noch einmal 11 000 € fällig. Die Gesamt-Investition liegt somit bei rund 100 000 €.


Die Investition soll sich aber rentieren: Weil mit den Sprossen weniger Eiweiß-Futter zugekauft werden muss, sollen die Futterkosten im Vergleich zu üblichen Milchvieh-Rationen sinken, erklärt Helmert.


Mit einer 2 000 kg-Anlage lassen sich etwa 100 Kühe versorgen. Die Ration besteht dann zum Großteil aus Sprossen. Der mittlere Tagesbedarf an Sprossen liegt laut Helmert bei etwa 3 % der Lebendmasse oder rund 20 kg pro Kuh und Tag. Zusätzlich werden etwa 6 kg Trockenmasse aus Stroh, 4 kg Maissilage und ­etwas Mineralstoffe zugefüttert.


Schimmel-Stellen möglich?

Knackpunkt der Sprossen-Produktion sind die hohe Luftfeuchtigkeit und Wärme in dem isolierten Raum. Sind Bewässerung oder Belüftung nicht korrekt eingestellt, kann sich Schimmel bilden. „Bei unseren griechischen Anlagen ist das bisher kein Problem“, sagt Helmert. Er rechnet daher auch in Nordeuropa nicht mit Problemen.


Auch der hohe Arbeitsaufwand ist zu beachten: Der Betreiber muss die Sprossen jeden Tag ernten, die Wannen waschen und wieder mit Saatgut befüllen. Die Matten mit den Sprossen wiegen bis zu 18 kg und müssen mit der Hand aus den Wannen geholt und zu den Tieren gebracht werden. Weiterer Nachteil ist auch, dass mit der „hydroponischen Futterproduktion“ keine Fläche für die Gülle-Ausbringung verfügbar ist.


Dennoch verkauften verschiedene Hersteller in den letzten fünf Jahren in Australien und den USA rund 1 000 Produktionsanlagen. Um erste Erfahrungen in Europa sammeln zu können, sucht Helmert jetzt Test-Betriebe. Mit der niederländischen Universität Wageningen will er den Anbau und die Auswirkungen der Sprossen in einer Rinder-Ration in einer Studie überprüfen.

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