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Gewässerschutz-Auflagen: (K)ein Buch mit 7 Siegeln

Lesezeit: 6 Minuten

Länderspezifischer Mindestabstand, 10 m oder 20 m – jedes Pflanzenschutzmittel hat zum Schutz von Gewässern andere Abstandsauflagen. Eine Schneise durch den Auflagen-Dschungel schlägt Ihnen Günter Klingenhagen, LWK Nordrhein-Westfalen.


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Pflanzenschutzmittel haben in Oberflächen- und Trinkwasser nichts verloren. Doch sie können leicht über Vorfluter und Bäche in Stauseen und Flüsse gelangen, die wie z. B. im Fall von Rhein und Ruhr, auch als Trinkwasserquelle dienen. Es gilt, den Trinkwassergrenzwert für Pflanzenschutzmittel von 0,1 Mikrogramm je Liter Wasser unbedingt einzuhalten. Auch Oberflächengewässer sollten nicht mehr enthalten. Bereits kleinste Wirkstoffreste reichen aber aus, diesen Grenzwert zu überschreiten.


Die verschiedenen Gewässerschutz- Auflagen von Pflanzenschutzmitteln haben daher das Ziel, den Eintrag dieser Stoffe zu verhindern. Vor allem wasserlösliche Wirkstoffe bereiten in Bächen Probleme. Niederschläge verlagern sie in tiefere Bodenschichten und über die Drainage gelangen sie direkt in die Vorfluter. Aus diesem Grund ist der Einsatz von wasserlöslichen Stoffen, wie z. B. Isoproturon (IPU), auf drainierten Flächen vom 1. Juni bis 1. März verboten.


Drift und Düsen:

Die Abstandsauflagen sollen auch den oberflächlichen Eintrag von Pflanzenschutzmitteln über Abdrift verhindern. Sie richten sich dabei nach dem möglichen Gewässereintrag und dem Gefährdungs­potenzial des Mittels für im Wasser lebende Organismen. So beträgt z. B. bei allen Pyrethroiden (Insektizide) wie Karate Zeon, Decis flüssig, Sumicidin Alpha EC und weiteren Produkten der Gewässerabstand bis zu 20 m. Wer die Mittel jedoch abdriftarm ausbringt, kann die vorgeschriebenen Abstände reduzieren. Eine abdriftarme Pflanzenschutzmittel-Anwendung gelingt mit Spritzdüsen, die möglichst wenig Feintropfen erzeugen. Je nach Feintropfenanteil sind sie in die folgenden Klassen eingeteilt: ohne, bis 50 %, 75 % und 90 % Abdriftminderung.


Der Anteil an Feintropfen hängt auch vom Spritzdruck ab. So kann eine Düse im Druckbereich von 2,5 bis 3 bar als „50 %“-Düse und bei 1 bar als „90 %“ eingestuft sein. Ohne Düsenwechsel ist es somit möglich, die Spritzbrühe auf der Fläche optimal zu verteilen und die Abstandsauflagen im Randbereich zu reduzieren. Dazu ein Beispiel: Das Mittel Sumicidin Alpha EC darf man grundsätzlich nur mit Düsen ausbringen, die eine Abdriftminderung von 50 % gewährleisten. Bei dieser Abdriftminderung ist ein Abstand zum Gewässer von 20 m, bei 75 % von 10 m und bei 90 % nur noch von mindestens 5 m einzuhalten. „Mindestens 5 m“ deshalb, weil z. B. in Mecklenburg-Vorpommern der länderspezifische Mindestabstand zu Gewässern 7 m beträgt.


Randstreifen gegen Runoff:

Ein großer Teil der Gewässerbelastung entsteht durch Runoff. Dabei fließt Wasser und damit die ausgebrachten Pflanzenschutzmittel oberflächlich von den Flächen ab. Ursache hierfür sind Stark­niederschläge. Diese häufen sich seit einigen Jahren und sind nicht auf bestimmte Regionen begrenzt. Oft bleibt es nicht beim Austrag von Wasser, nicht selten kommt es auch zur Erosion von Boden.


Ein bewachsener Randstreifen soll diesen Eintragspfad reduzieren und ist daher Auflage zahlreicher Pflanzenschutzmittel. Er muss eine geschlossene Pflanzdecke aufweisen. Zudem darf seine Schutzfunktion nicht durch z. B. das Befahren mit schwerem Gerät beeinträchtigt werden. Seine Mindestbreite variiert je nach Mittel von 5 bis 20 m.


Entsprechende Auflagen gibt es bei Herbiziden, Insektiziden und Fungiziden. Wie die Wasserabstands-Auflagen der meisten aktuellen Maisherbizide zeigen, lassen sich die Mittel bei Düsen mit 90 % Abdriftminderung bis an den länderspezifischen Mindestabstand einsetzen (Übersicht 1). Dies ändert sich bei Flächen mit mehr als 2 % Hanglage zum Gewässer. Auf diesen Flächen stehen kaum noch Mittel zur Verfügung, die ohne Randstreifen auskommen. Diese sind allerdings nur erforderlich, wenn vor der Saat gepflügt wird. Bei Direkt- und Mulchsaat ist ein Streifen nicht verpflichtend. Der Grund dafür: Man geht davon aus, dass der Boden durch diese Art der Bewirtschaftung mehr Wasser aufnehmen kann und verzichtet daher auf diese Auflage.


Wer auf seinen Flächen mit mehr als 2 % Hangneigung möglichst viel Produktionsfläche nutzen möchte, ist mit konsequenter Mulchsaat am besten bedient (siehe Übersicht 2 auf S. 8). Mit einem Abstand von 5 m zum Gewässer lassen sich bereits die rechtlichen Anforderungen in allen Kulturen erfüllen, ohne beim Resistenzmanagement Abstriche zu machen. Denn der Abstand lässt sich durch vertretbare Kompromisse bei der Mittelwahl weiter bis auf den länderspezifischen Mindestabstand reduzieren.


Wer die Hangfläche nicht ohne Pflug bestellen möchte, kann dagegen kaum auf einen bewachsenen Randstreifen am Gewässer verzichten. Denn die Mittelwahl ist dann so eingeschränkt, dass langfristig ein Pflanzenschutz nach guter fachlicher Praxis nicht mehr möglich ist. Nur der Einsatz von Insektiziden in Getreide und Raps könnte bei einem Mittelkompromiss ohne einen Randstreifen auskommen.


Als Agrarumweltmaßnahme ist es im Rahmen von regionalen Programmen möglich, für bewachsene Randstreifen Fördermittel zu erhalten. Hierzu sind länderspezifische Vorgaben einzuhalten (Infos dazu auf S. 36). Auch im „Greening“ ist eine finanzielle Unterstützung für Pufferstreifen an Gewässern vorgesehen. Problematisch bleibt aber der Verlust von Produktionsfläche vor allem in Regionen mit Vieh.


Futter für die Würmer:

Mit einer gezielten Mittelwahl oder der Anlage von bewachsenen Randstreifen lassen sich die Gewässerschutzauflagen erfüllen und die Gewässer schützen. Doch damit sollten Sie sich nicht zufrieden geben! Denn der Abgang von Boden und damit eventuell auch von Wirkstoffen bei Starkniederschlägen lässt sich durch Randstreifen nicht genügend verhindern. Dafür ist es notwendig, die Wasseraufnahmefähigkeit der Böden zu erhöhen. Dies gelingt durch Stabilisierung der Bodenstruktur. Diese hängt vom Gleichgewicht der Nährstoffe zueinander, dem pH-Wert und dem Humus- sowie Porengehalt im Boden ab.


Sobald es um den Aufbau von Humus, Ton-Humus-Komplexen und stabilen Poren geht, kommen Mikroorganismen und Regenwürmer ins Spiel. Doch die „Herde unter der Erde“ braucht Futter: Erntereste und organische Dünger. Sind sie damit gut versorgt, können sie am besten arbeiten.


Zusätzlich können Zwischenfrüchte helfen, den Boden vor Erosion zu schützen – nicht nur in der Zeit, in der die Pflanzen den Acker bedecken. Der Boden ist auch nach dem Absterben des Bewuchses im Frühjahr noch einige Zeit weniger empfindlich gegenüber hohen Wassermengen. Das lässt sich z. B. durch den Flaschentest belegen (siehe Kasten). In einem Versuch mit und ohne Erbsen als Zwischenfrucht und flacher Bodenbearbeitung im Herbst zeigte sich Folgendes:


  • Der Boden mit Zwischenfrucht konnte auch nach Abfrieren der Erbse im Frühjahr die Wassergabe deutlich besser aufnehmen,
  • er leitete sie besser ab und
  • verschlämmte weniger als der Boden ohne Zwischenfrucht.


Das Bodenleben zu fördern, kann somit viele positive Effekte mit sich bringen. Das lässt sich in diesem kleinen Test aber auch in der Praxis beobachten. Denn lebendige Böden können neben der besseren Wasserspeicherung auch Wirkstoffe schneller verdauen als verdichtete, humusarme Böden. Fakt ist: Ein intakter Boden bleibt wo er ist und ist so der beste Wasserschützer.


Es gibt allerdings Regen­ereignisse, die dazu führen, dass Keller und Tiefgaragen überfluten. Denn die Kanalsysteme können die in kurzer Zeit fallenden Wassermassen nicht schnell genug ableiten. Man sollte daher außerhalb der Landwirtschaft anerkennen, dass diese Starkregenereignisse auch ein noch so gutes Kanalsystem der Regenwürmer überfordern. Unter diesen Bedingungen ist es nicht auszuschließen, dass Wasser und Boden, aber auch Pflanzenschutzmittel die Ackerfläche verlassen.

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