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Handel nur noch mit BVD-unverdächtigen Rindern

Lesezeit: 6 Minuten

Die bundesweite BVD-Sanierung steht bevor. Darauf sollten sich Rinderhalter bereits jetzt einstellen. Was konkret zu tun ist, erklären Dr. Horst Schirrmeier und Dr. Martin Beer vom Friedrich-Loeffler-Institut.


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Die Bovine Virusdiarrhoe (BVD) ist eine schwere Infektionskrankheit des Rindes. Sie ist unheilbar. Etwa 60 % aller Rinder infizieren sich im Laufe des Lebens mit demVirus.


Zwar verläuft die Krankheit bei erwachsenen Tieren und Kälbern meist ohne Symptome ab. Allerdings können so genannte Dauerausscheider (persistent infiziert, PI-Tiere) die Mucosal Disease (MD, Schleimhaut-Krankheit) erleiden. Diese verläuft immer tödlich (siehe Kasten rechts).


Bundesweite Sanierung kommt


Die wirtschaftlichen Schäden durch BVD/MD sind enorm. Wir schätzen den Gesamtschaden in Deutschland auf 240 bis 420 Mio. ¤ pro Jahr. 2008 wurden 1 301 Fälle offiziell gemeldet. Die Dunkelziffer dürfte aber um ein Vielfaches höher liegen. Denn die Rate der Dauerausscheider wird auf 0,1 bis 2 % der gesamten Rinderpopulation von 12,9 Mio. Tieren geschätzt. Das wären bis zu 260 000 Rinder! Besonders gefährdet sind Regionen mit einer hohen Rinderdichte: Je mehr Rinder pro km2 stehen, desto häufiger tritt BVD auf. Zu den Brennpunkten zählen der Südwesten Schleswig-Holsteins, der Nordwesten Niedersachsens, das Allgäu und der Südosten Bayerns (Karte).


Um die wirtschaftlichen Verluste zu reduzieren, sollen mit der BVD-Bekämpfung die Dauerausscheider gemerzt werden. Dazu haben einige Bundesländer bereits freiwillige Kampagnen gestartet. Die Bundesregierung hat nun Ende 2008 ein bundesweites Sanierungsprogramm beschlossen.


Dieses sieht vor, dass ab dem 1. Januar 2011 nur noch „BVD-unverdächtige Rinder“ oder Rinder aus „BVD-unverdächtigen Beständen“ gehandelt werden dürfen. Doch auch wenn die Verordnung erst 2011 greift, sollte bereits jetzt jeder Landwirt seinen Bestand auf BVD untersuchen lassen. Denn nur wenn die Herde bzw. das Tier „unverdächtig“ ist, darf er ab Januar 2011 noch Tiere handeln. Beginnen Landwirte zu spät mit der BVD-Untersuchung, müssen sie Handelsbarrieren befürchten.


Aber was kommt konkret auf die Betriebe zu und wie erlangen sie den Status „unverdächtig“?


Ab 2011 gilt nach der BVD-Verordnung eine generelle Untersuchungspflicht für alle Rinder bis zum 6. Lebensmonat. Zudem müssen alle Tiere, die auf Auktionen, Tiermärkte oder Gemeinschaftsweiden gebracht werden, auf BVD untersucht werden. Ausgenommen sind nur Tiere, die ausschließlich im Stall gemästet und dann direkt zum Schlachter geliefert werden sowie Tiere, die unmittelbar in andere Länder exportiert werden. Weitere praxistaugliche Ausnahmen gibt es nicht.


Ziel: „Unverdächtig“


Negativ getestete Tiere erhalten den lebenslangen Status „unverdächtiges Rind“ (virusfrei). Dieser Status ist auch auf das Muttertier übertragbar, da die-ses kein PI-Tier sein kann. Somit kann relativ schnell für viele ältere Tiere der Status ermittelt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass dem untersuchten Tier eindeutig eine Mutter zugeordnet werden kann. Finden sich Dauerausscheider in den Untersuchungen, müssen diese gemerzt werden.


Wenn alle Tiere eines Bestandes den Status „unverdächtig“ erreicht haben und über einen Zeitraum von zwölf Monaten die nachgeborenen Kälber ebenfalls negativ getestet wurden, erhält der Betrieb den Status „unverdächtiger Bestand“. Wenn die Untersuchungen ausschließlich auf die Kälber beschränkt bleiben, ist ein solcher Status frühestens nach zwei Jahren erreichbar. Das ist der Grund, warum Bundesländer, wie Sachsen-Anhalt, Sachsen und Schleswig-Holstein nach wie vor die Gesamtbestandsuntersuchung als Einstieg vorziehen – trotz zunächst scheinbar höherer Kosten. Denn auf diese Weise ist der Bestandsstatus „unverdächtig“ bereits innerhalb eines Jahres erreichbar.


Mit dem Status „un-verdächtig“ gibt es weni-ger Handelsrestriktionen. Selbst junge, noch nicht untersuchte Kälber dürfen verkauft werden. Bei konsequentem Vorgehen ist es durchaus möglich, dass in fünf bis sieben Jahren alle Betriebe in Deutschland diesen Status erreichen.


Blut- oder Ohrstanzprobe?


Als Diagnostikmethode für BVD bieten sich Blutproben oder Ohrstanzproben an. Die zuständige Behörde darf die Methode bestimmen. Sie sollte ihren Entschluss von der jeweiligen Situation im Bundesland abhängig machen.


Bei der Ohrstanzprobe wird den neugeborenen Kälbern beim Einziehen der Ohrmarken Gewebe entnommen. Dieses wird an ein Labor geschickt und untersucht. Das Verfahren eignet sich besonders für Betriebe mit Kälberhandel. Sie erhalten so schnell einen Status für die Tiere. Auch für die Mutterkuhhaltung ist es die praktikabelste Methode. Für Großbetriebe mit eigener Nachzucht kann die Blutuntersuchung ab dem dritten Lebensmonat eine günstige Alternative sein.


Die notwendige Dokumentation der Ergebnisse in die HIT-Datenbank soll das zuständige Veterinäramt übernehmen.


Welche Kosten letztlich auf den Rinderhalter zukommen, ist allerdings noch nicht klar. Fest steht, dass zu den einmaligen Untersuchungskosten von ca. 7 ¤ pro Tier die Kosten für Blutentnahme und Ohrstanzprobe sowie die Merzung der PI-Tiere kommen. Offen ist in einigen Bundesländern noch, wie hoch die Beihilfen für die Bestands-Untersuchungen ausfallen.


Aber auch die Behörden und Labore müssen hinsichtlich Logistik, Untersuchungsmethode, Ohrmarken-Bestellung usw. jetzt schnell Klarheit schaffen. Da es sich um ein geschlossenes Bekämpfungskonzept handelt, müssen Landwirte, Tierärzte, Untersuchungslabore, Veterinärämter und Verbände unbedingt gemeinsam vorgehen.


Status bleibt bei Impfung erhalten


Zur Diskussion bei der BVD-Bekämpfung steht immer wieder die Impfung.


Solange der Großteil der PI-Tiere in größeren Gebieten oder ganz Deutschland noch nicht gemerzt ist, bietet die Impfung eine sinnvolle Maßnahme. Durch den gezielten Einsatz lassen sich Reinfektionen verhindern. Denn in antikörperfreien Beständen kann durch Tierkontakte, Zukäufe oder Weidegang das BVD-Virus schnell zurückkehren. Sie können so effektiv geschützt werden. Der Status „unverdächtiger Bestand“ wird durch die Impfung nicht beeinflusst. Erst in der Schlussphase der BVD-Ausrottung (extrem wenig PI-Tiere) sollte die Impfung eingeschränkt werden.


Derzeit sind in Deutschland sowohl Impfstoffe mit aktivierten (Lebendvakzine) als auch mit inaktivierten BVD-Viren (Totvakzine) zugelassen (Übersicht).


Die Lebendvakzine sind sehr wirksam und schützen zuverlässig vor einer Infektion. Sie eignen sich zum Aufbau eines langanhaltenden Schutzes, insbesondere für Tiere vor der ersten Trächtigkeit.


Die immunisierende Leistung der Totimpfstoffe ist geringer. Sie sind aber häufig zum Schutz vor Infektionen des Embryos und Fetus zugelassen und schützen somit vor PI-Tieren. Sie sind eine Alternative zu Booster-Vakzinierungen und können bei der Grundimmunisierung den Lebendvakzinen vorgeschaltet werden. So sinkt das Restrisiko, dass die Tiere den Lebendimpfstoff ausscheiden.


Wir halten fest


BVD ist eine der schwersten Rinderseuchen. Wenn sie sich zur Mucosal Disease entwickelt, verläuft sie tödlich.


Mit der bundesweiten BVD-Verordnung sollen die Dauerausscheider des Virus gemerzt werden. Ab 2011 dürfen nur noch „unverdächtige Rinder“ oder Rinder aus „unverdächtigen Beständen“ gehandelt werden.


Deshalb sollten Rinderhalter bereits jetzt ihren Bestand untersuchen. Nur so finden sie infizierte Tiere und müssen keine Handelsrestriktionen befürchten.

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