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Kälber aus dem Allgäu: Wo geht die Reise hin?

Lesezeit: 6 Minuten

Nirgendwo in Deutschland ist die Kälbervielfalt so groß wie im Allgäu. Das erfordert eine ausgeklügelte Vermarktung. top agrar hat den Markt analysiert.


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Zwar ist das Allgäu noch immer eine Braunvieh-Hochburg. Etwa 50 % reinrassige Braunviehtiere und ein Viertel Kreuzungen aus Braunvieh mal Fleischrassen dominieren den Nutzkälbermarkt. Hinzu kommen aber noch 15 % Fleckvieh- und Holsteinkälber, der Rest sind sonstige Rassen.


Zwei Vermarkter:

Neben privaten Viehhändlern vermarkten dort zwei bäuerliche Organisationen Nutzkälber (Übersicht 1):


  • Die Braunviehzuchtorganisation Allgäuer Herdebuchgesellschaft (AHG) verkauft an ihren Vermarktungsstandorten Kempten und Buchloe jährlich rund 36 000 Kälber.
  • Die Kälber EG Allgäu ist eine Selbsthilfeeinrichtung mit mehr als 1 000 Mitgliedern im Umkreis von 50 km um Kempten, die jährlich rund 12 000 Kälber vermarktet.


Beide Organisationen halten wöchentlich am Montag bzw. Dienstag ihre Festvermarktung ab. Zusätzlich bietet die AHG am Standort Buchloe einmal pro Woche eine Nutzkälberauktion an.


Das optimale Verkaufsgewicht beim Braunvieh liegt bei ca. 75 bis 85 kg, bei Fleckvieh zwischen 75 und 90 kg, Holstein-Kälber werden meist mit etwa 50 kg vermarktet.


Große Preisunterschiede:

Große Unterschiede gibt es beim Preis. Trotz der kleinen Stückzahlen geben dabei die Fleckviehkälber, die meist an Abnehmer in Süddeutschland gehen, den Takt vor. Steigen hier die Preise, ziehen die anderen Rassen nach.


Im Jahr 2013 wurden im Allgäu durchschnittlich ca. 6,15 €/kg (inkl.MwSt.) für männliche Fleckviehkälber bezahlt (Übersicht 2). Dicht dahinter folgen Kreuzungen aus Braunvieh mal Weiß-Blaue-Belgier (6,00 €/kg) bzw. Kreuzungen aus Braunvieh mal Blond d’Aquitaine (5,70 €/kg). Weibliche Kreuzungstiere (3,67 €/kg für Belgier-Kreuzungen und 3,65 €/kg für Blond-Kreuzungen) kosten sogar gerinfügig mehr als Fleckviehkuhkälber (3,60 €/kg).


Bei allen Blond-Kreuzungen fällt auf, dass die Kälber EG um 30 bis 50 ct/kg mehr bezahlt als die AHG, weil die Erzeugermeinschaft mit diesen Tieren ein regionales Vermarktungsprogramm beschickt (siehe Kasten „Regionales Label aus Blond-Kreuzungen“ auf Seite R 30). Ansonsten schenken sich die beiden Vermarkter bei den Auszahlungspreisen wenig.


Braunviehkälber erlösen zwischen 2,50 und 3,00 € weniger als Fleckvieh- und Kreuzungstiere. Im Jahr 2013 lag der Kilopreis für männliche Tiere bei 3,20 €, weibliche Tieren erzielten ca. 1,20 €/kg. Schlusslicht sind die Holsteinkälber mit rund 2,00 €/kg für männliche Tiere und ca. 1,30 €/kg für weibliche Kälber.


Bei den Durchschnittspreisen im Vorjahr ist zu berücksichtigen, dass der Nachweis der Rindertuberkulose im Allgäu dem Nutzkälbermarkt einen Dämpfer versetzt hat, weil die Mäster etwas verhaltener und vorsichtiger einkauften. Die Auswirkungen auf den Zuchtviehmarkt waren allerdings wesentlich heftiger.


Auch der Durchzug des Schmallenberg-Virus war in der Kälbervermarktung zu spüren. Zwei, drei Monate lang wurden weniger Kälber angeliefert, weil die Kühe später trächtig wurden. Dafür kam es etwas später zu einer höheren Kälberanlieferung, was etwas Druck auf die Preise ausübte. Im Schnitt blieben allerdings die Stückzahlen übers Jahr weg konstant.


Rassenanteile bleiben stabil.

Trotz der großen Preisdifferenzen blieben die Stückzahlen in den einzelnen Rasseblöcken in den vergangenen Jahren stabil. Bei Braunvieh nahm die Zahl der reinrassigen Tiere sogar leicht zu. Bei der AHG erklärt man sich das vor allem damit, dass die Preise für Zuchtvieh in den letzten beiden Jahren sehr gut waren. Deshalb haben die Milchviehhalter wieder mehr mit Braunvieh-Bullen und weniger mit Fleischrassen-Stieren besamt.


Entscheidend für die Nachfrage nach männlichen Braunviehkälbern ist die Preisspanne zwischen den einzelnen Rassen. Ist diese über einen längeren Zeitraum größer, dann sehen viele Bullenmäster im Braunvieh durchaus eine Alternative zum Fleckvieh.


„Die Bullenmäster von heute sind wirkliche Profis und rechnen genau“, erklärt Christoph Busch, Bereichsleiter Nutzkälbervermarktung bei der AHG. „Sie können so gut wie mit jeder Rasse wirtschaftlich arbeiten.“ Doch viel wichtiger als der letzte Cent am Preis sei das Vertrauen in eine zuverlässige Vermarktung sowie transparente Preise, ist Busch überzeugt.


Kälber intensiv füttern!

Zudem bräuchten sich gute reinrassige Braunviehkälber nicht vor anderen Rassen wie Fleckvieh zu verstecken und sind deshalb bei den Mästern ebenso beliebt, ergänzt sein Kollege Thomas Echtler. „Rund 87 % der reinrassigen Braunviehbullen werden bei der Schlachtung als R3 eingestuft.“


Grund dafür sei, dass man bei der Zucht der Rasse wieder mehr auf die Substanz, den Rahmen und die Beckenbreite achte.


Unabhängig von der Rasse muss die Qualität der Kälber stimmen. Für Thomas Echtler von der AHG ist entscheidend, dass das Gewicht zum Alter passt. „80 kg nach vier Wochen sind bei einer optimalen Aufzucht durchaus möglich“, so der Vermarkter. „Gerade wenn Landwirte wollen, dass ihre Kälber schnell den Stall verlassen, dann müssen die Tiere intensiv gefüttert werden.“ Echtler sieht in diesem Punkt noch viel Potenzial auf den Höfen.


Die Vermarkter von AHG und Kälber EG sind sich einig, dass sich nur beste Qualitäten zu einem guten Preis verkaufen lassen. Sind die Kälber zu alt, zu leicht oder auffällig krank, sinken die Vermarktungschancen und der Verkaufspreis rapide. Gerade wenn die Milchpreise gut sind, werde oft an der Tränkemenge der Kälber gespart, beobachten die Vermarkter.


„Ein schlechtes Kalb ist für den Mäster geschenkt noch zu teuer.“ Davon ist Georg Abele, Geschäftsführer der Kälber EG überzeugt. Denn geringe Zunahmen, ein niedriges Mastendgewicht und die Anfälligkeit für Krankheiten belasten die Wirtschaftlichkeit der Mast.


Zudem haben sich die Wünsche der Abnehmer auch hinsichtlich der Partiengröße geändert. Die Mäster und Fresseraufzüchter wollen große, einheitliche Kälbergruppen. 100 Stück pro Lieferung sind da keine Seltenheit.


Der Grund dafür ist der Strukturwandel in der Bullenmast. Die Entwicklung geht zu größeren Beständen, vor allem in Norddeutschland. Viele Bullenmäster dort haben in den letzten Jahren ihre Produktionskapazitäten verdoppelt. Darauf mussten sich die Kälbervermarkter einstellen. Bei 400 bis 500 vermarkteten Kälbern je Woche und Standort stellen große Kälbergruppen für die AHG keine Schwierigkeit dar.


Mit 250 bis 300 Kälbern je Woche ist der Spielraum bei der Kälber EG etwas geringer. Geschäftsführer Georg Abele koordiniert deshalb schon einmal die Anlieferung der Kälber, damit er auch große Partien zusammenstellen kann.


Die Vermarktungswege sind bei beiden Organisationen ähnlich. Holsteinkälber und weibliche Kreuzungen mit Weiß-Blauen Belgiern werden von Kälbermästern in Spanien, Italien und den Niederlanden nachgefragt.


10 bis 20 % gehen in Export:

Die männlichen Kälber aller Rassen und Kreuzungen – das sind rund 80 bis 90 % aller Kälber – bleiben in der Regel in Deutschland. Gerade in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen finden sich große Mastbetriebe, die ihre Tiere aus dem Allgäu beziehen.


Dabei wird immer darauf geachtet, dass die Transportwege so kurz wie möglich sind. „Am liebsten arbeiten wir direkt mit den Mästern zusammen, damit die Kälber auf kürzestem Weg zum Kunden kommen“, so Christoph Busch von der AHG. Dies sei nicht nur günstiger für den Käufer, sondern auch besser und stressfreier für die Kälber.


Andreas Hummel

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