Dieser Betrieb ist schon fünfmal gestorben seit 1990“, erklärt Moritz Stamm (30) zur wechselvollen Geschichte seines Pachtbetriebes. Der junge Schweizer bewirtschaftet seit drei Jahren einen 1 500 ha-Betrieb in Bakawa bei Uman. Zuvor hat er zwei Jahre als Verwalter einen Betrieb südlich von Kiew geleitet (s. top agrar 11/2006).
Welches Ertragspotenzial in den Schwarzerdeböden steckt, zeigt sich in Normaljahren. Bei relativ extensivem Anbau lassen sich z. B. ohne Unkrautbekämpfung mit 1-maligem Fungizid- und 2-maligem Insektizideinsatz bereits 3,8 t/ha Raps ernten. Bei Winterweizen drischt er ebenfalls unter Low-Input-Bedingungen im Schnitt 6 t/ha Winter- und 5 t/ha Sommerweizen. In diesem Jahr waren es aber nur 1,5 t/ha Raps und 3,5 t/ha Weizen. Stamm verfolgt diese Überlebens-Strategie, um über die derzeitige Krise zu kommen:
Durch sparsamen Pflanzenschutz versucht er die variablen Kosten möglichst gering zu halten. Zu 75 % setzt er preiswerte Pflanzenschutzmittel aus China ein und beschränkt den Kauf von Originalprodukten, die in der Ukraine ähnlich teuer sind wie bei uns, auf das unbedingt Notwendige. Glyphosat aus China kostet ihn z. B. nur 2,50 ¤/l, Debut 108 ¤/kg, Pointer 34 ¤/kg und das Fungizid Epoxiconazol ist für 16,70 ¤/l zu haben.
Die Höhe der Düngung richtet er danach, wie gut seine „Kriegskasse“ gefüllt ist. Bei guter Finanzlage düngt er 160 kg N/ha, 120 kg K und 50 kg/ha P.
Vom reinen pfluglosen Bodenbearbeitungskonzept, in dem viele gebeutelte Ackerbaubetriebe in der Ukraine ihr Heil suchen, hat sich Stamm wieder verabschiedet. „Ich fange jetzt wieder an zu pflügen, da der Gräserdruck, vor allem mit Flughafer, Ackerfuchsschwanz und Trespe, deutlich zugenommen hat“, erklärt der Ackerbauer. „Einmal in fünf Jahren werde ich pflügen. Wir haben wärmere Böden, auf denen sich auch Unkräuter besser entwickeln“, hat Stamm beobachtet.
Maschinen importiert er selbst aus dem Ausland. Das ist zeitraubend und nervenaufreibend, aber anders ist moderne Technik oft nicht und schon gar nicht zu vertretbaren Preisen zu beschaffen.
Er legt Wert auf eine gut ausgestattete Werkstatt und ein gutes Ersatzteillager. In Notfällen bringt ihm sein Vater aus der Schweiz Ersatzteile bis nach Ungarn, die er dann mit Hilfe von Schweizer Schokolade und 20 €-Scheinen als „Schmiermittel“ über die Grenze schafft.
Sein großer Vorteil gegenüber ukrainischen Betrieben: Als Ausländer kommt er an günstige Kredite, da er in seinem Heimatland Sicherheiten hat. Ukrainer müssen 27 % Zinsen zahlen auf Kredite, die sie kurzfristig wieder tilgen müssen. Bislang hat er rund 1 Mio. € in den Aufbau des Betriebes gesteckt.
Mit längerfristigen Pachtverträgen (10 bis 25 Jahre) versucht er den Betrieb für andere unattraktiv zu machen. j