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Welt-Milchmarkt: Zwischen Mangel und Überfluss

Lesezeit: 5 Minuten

Milcherzeuger können sich über steigende Preise freuen. Vor allem Butter und Käse sind rege gefragt, und der Export brummt. Gefahr droht allerdings durch ein Überangebot von Magermilchpulver, meint Dr. Vinzenz Bauer, LWK Niedersachsen.


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Die Erlöse für Milch haben sich in den letzten Monaten erholt und tendieren auch jetzt noch fest. Von Euphorie kann aber aus Sicht der Erzeuger keine Rede sein. Dafür war die Durststrecke zu lang, und die finanziellen Einbußen waren zu drastisch. Außerdem fehlt vielen Beteiligten jetzt das Vertrauen darauf, dass der Markt im weiteren Verlauf durchgehend hält, was er jetzt zu versprechen scheint.


Auch erfahrene Analysten betrachten das derzeitige Marktgeschehen mit etwas gemischten Gefühlen. Ursache dafür sei vor allem die Diskrepanz zwischen den ausgesprochen festen Notierungen für Butter sowie Käse auf der einen Seite und der desolaten Situation beim Pulvergeschäft auf der anderen, heißt es. Dieses Ungleichgewicht zwischen der Fett- und der Eiweißvermarktung schwebt in der Tat wie ein sprichwörtliches Damoklesschwert über dem Markt. Das meint auch das US-Agrarministerium (USDA) in seinem neuesten Bericht zum Weltmilchmarkt.


Milchmenge steigt langsam:

In ihrer aktuellen Prognose gehen die amerikanischen Beobachter zwar davon aus, dass die globale Milchmenge im laufenden Jahr erstmals knapp über der Marke von 500 Mio. t liegen wird. Das wären 1,7% mehr als im letzten Jahr. Diese Steigerung ist aber in erster Linie traditionellen Selbstversorgern wie Indien zuzuschreiben. Dort steigt die Milchmenge um 4 Mio. t oder fast 6%. Die führenden Exporteure werden ihre Erzeugung hingegen nur um 1% auf 290,8 Mio. t steigern, prognostiziert das USDA:


  • Die EU-28 wird trotz stagnierender Milchmengen mit gut 151 Mio. t größter Milcherzeuger der Welt bleiben.
  • Nr. 2 bleiben die USA. Dort zeichnet sich ein Plus von 2% auf ca. 98 Mio. t ab. Etliche Produzenten starten dort nach der Durststrecke wieder durch.
  • In Neuseeland rechnen die Marktexperten des USDA mit einem Zuwachs der Milchmenge um 3%. Grund sind die besseren Erzeugerpreise. Zudem verhilft der „Wettergott“ den Kiwis zu einer guten Grundfutterversorgung.
  • Australiens Milchwirtschaft wird hingegen 3% weniger erzeugen als im Vorjahr. Denn viele Betriebe haben die letzte Niedrigpreisphase noch nicht verkraftet. Außerdem fehlte bzw. fehlt dort zumindest regional Regen. Grundfutter ist also eher knapp.
  • Argentinien wird laut USDA zwar etwa 2% mehr Milch erzeugen als 2016. Damals mussten die Gauchos allerdings auch einen Rückgang um 12% auf den niedrigsten Stand seit 2008 verkraften. Und die politischen sowie wirtschaftliche Rahmenbedingungen sind nach wie vor schwierig. Eventuell werfen also doch noch weitere argentinische Betriebe das Handtuch.


Seine Angebotszahlen vom Dezember 2016 hat das USDA für einige Länder etwas nach unten korrigiert. Aber auch die neuen Prognosen sind nicht unumstritten. Die EU-Liefermengen liegen z.B. nach wie vor so weit unter der Linie des Vorjahres, dass hiesige Beobachter nicht daran glauben, noch die 2016er-Gesamtmenge zu erreichen.


Gegen einen plötzlichen und vor allem starken weltweiten Angebotsschub in der zweiten Jahreshälfte sprechen auch die stagnierenden Kuhzahlen in etlichen Ländern. Die vorhandenen Herden produzieren zudem meistens an der oberen Leistungsgrenze. Von dieser Seite droht dem Markt also keine Gefahr. Im Gegenteil: Sollte einer der großen Absatzmärkte – gemeint ist z.B. China – zeitnah wieder in Schwung kommen, könnte es sogar Lieferprobleme geben.


Begeisterung beim Fett…

Das Angebot an Milchfett reicht schon jetzt kaum aus, um die rege internationale Nachfrage nach Butter und Käse zeitnah zu bedienen.


Die EU wird 2017 wahrscheinlich die Rekordmenge von 855000 t Käse exportieren (vgl. Übersicht 1). Das wären 7% mehr als im Vorjahr. Wichtige Kunden sind z.B. die USA sowie Japan. Allerdings könnte uns ein schwächelnder US-Dollar im weiteren Verlauf im Kampf um internationale Marktanteile Schwierigkeiten bereiten. Denn dadurch werden Produkte aus der Dollarzone auf dem Weltmarkt verbilligt. Neuseeland hat deshalb bei Käse in Japan schon Marktanteile an die USA verloren. Europäische Käseexporteure sprechen ebenfalls über „etwas schwierigere Preisverhandlungen“ als zuvor.


Bei Butter geht das USDA hingegen auch in den nächsten Monaten weltweit von attraktiven Absatzmöglichkeiten aus. Butter bleibt Mangelware. Die EU-Exporte werden allerdings gegenüber dem Vorjahr um 20% einbrechen, meinen die US-Beobachter. Denn die Produktion stagniert, und die Binnennachfrage steigt stetig.


Fakt ist: Für den Rest des Jahres wird die Knappheit am Fettmarkt den Milchmarkt prägen. Die Preise für Butter und Käse könnten nach dem saisonalen Anlieferungstief auf der Nordhalbkugel neue Rekorde erreichen. Zumindest werden sie ihr Niveau halten. Das heißt allerdings nicht, dass es auch mit den Erzeugerpreisen für Milch durchgehend aufwärtsgeht.


…Frust bei Pulver:

Viele Molkereien müssen mit einem Teil ihrer Erlöse aus der Fettfraktion andere Produktionslinien quersubventionieren. Gemeint ist die Pulverschiene. Das Angebot an Magermilchpulver (MMP) übersteigt die Nachfrage, und die Vorräte wachsen.


In den EU-Interventionslägern liegen noch immer 350000 t, und zwar wie Blei. Nur 40 t konnte Brüssel bisher am Markt platzieren, weiß das USDA zu berichten. Diese Hypothek wiegt umso schwerer, da auch die Lagerperiode in der privaten Lagerhaltung endet. Dass die Erzeugung im laufenden Jahr um rund 6% gegenüber 2016 sinken soll (vgl. Übers. 2), ist nur ein schwacher Trost. Ohne attraktive Absatzwege droht dem europäischen Milchmarkt durch die MMP-Berge Ungemach und eventuell auch neuer Preisdruck.


Da mutet fast schon grotesk an, was im Rahmen des gerade abgesegneten Freihandelsabkommens mit Kanada (CETA) auf uns zukommen könnte. Die Kanadier haben nämlich eine neue Milchklasse eingeführt, mit der sie indirekt die Magermilchpulver-Produktion subventionieren. So wollen sie ihren Selbstversorgungsgrad bei fetthaltigen Produkten wie Butter und Käse steigern. Gleichzeitig wird offenbar in Ottawa darüber nachgedacht, künftig billiges Magermilchpulver in Richtung EU zu verkaufen. Das würde die MMP-Preise bei uns zusätzlich unter Druck setzen. Zudem droht Butter- und Käseexporteuren der EU auf dem Wachstumsmarkt Mexiko sowie in den Vereinigten Staaten starker Gegenwind durch kanadische Konkurrenten.-me-

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