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Ad libitum-Tränke trimmt auf Leistung

Lesezeit: 5 Minuten

Wenn Kälber in den ersten Wochen Milch zur freien Aufnahme bekommen, kann das die Milch- oder Mastleistung ein Leben lang erhöhen. Die ersten Ergebnisse zur „metabolischen Programmierung“ aus Deutschland.


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Ausgerechnet Ergebnisse aus der Humanmedizin könnten zu einem Systemwechsel in der Kälberfütterung führen. Denn was die Wissenschaftler in den letzten Jahren beim Menschen erforscht haben, trifft wohl auch auf Kälber zu: Wenn der Fötus im Mutterleib nur knapp versorgt wird und es zu einem geringen Geburtsgewicht kommt, ist das Baby auf wenig Nahrung nach der Geburt eingestellt.


Sollte es dann allerdings unter Bedingungen aufwachsen, die sich deutlich von der „programmierten“ Situation unterscheiden, kann es zu Problemen kommen – z. B. wenn sehr viel energiereiche Nahrung zur Verfügung steht. Dadurch gibt es unter anderem mehr stark übergewichtige Menschen. Wissenschaftler sprechen in diesem Zusammenhang von der „metabolischen Programmierung“, die den Menschen ein Leben lang prägt.


Kälber „schmachten“.

Wie sieht es nun bei den Kälbern aus? Obwohl von einer Milchkuh eine hohe Futteraufnahme und maximale Leistung verlangt wird, „programmieren“ wir die Kälber genau auf das Gegenteil. Denn die gegenwärtige Empfehlung lautet immer noch, die Kälber restriktiv mit 4 bis 6 l Vollmilch bzw. 5 bis 8 l Milchaustauscher (MAT) pro Tag zu tränken. Bei diesem knappen Energieangebot schöpfen die Kälber allerdings ihr Wachstumspotenzial nicht annähernd aus, wie mehrere Studien belegen.


So zeigt eine amerikanische Untersuchung, dass sich die Tiergesundheit durch eine höhere Energieaufnahme (Vollmilch) im Vergleich zur restriktiven Fütterung mit MAT verbessert (Übers. 1). Die intensivere Befriedigung des Saugbedürfnisses reduziert zudem das Besaugen untereinander bzw. an Gegenständen.


Dieser Effekt macht sich auch langfristig bezahlt. Mehrere Studien belegen, dass eine höhere Fütterungsintensität in den ersten Lebenswochen im Vergleich zu restriktiv gefütterten Kälbern zu einer höheren Milchleistung in der ersten Laktation führt – bei identischer Fütterung nach der Tränkeperiode. Eine Erklärung ist, dass die höhere Fütterungsintensität die Entwicklung der Euteranlage offenbar verbessert. Das gilt aber lediglich für die ersten Lebenswochen, danach nicht mehr.


Deshalb die Empfehlung für die re-striktive Tränke: Bei MAT täglich nicht weniger als 1 kg/Tier füttern. Am Automaten lässt sich dies problemlos durch vier Mahlzeiten (je 1,5 l) erreichen, wobei der MAT mit einer Konzentration von 160 g/l Wasser angemischt werden sollte. Bei Vollmilch wird empfohlen, mindestens zweimal täglich je 3 l zu tränken, um Tageszunahmen von mindestens 500 g in den ersten Lebenswochen zu realisieren.


Kälber in Mutterkuhhaltung saugen demgegenüber in den ersten Lebenswochen viel häufiger (7 bis 10-mal täglich) und nehmen bereits sehr früh durchschnittlich mehr als 10 l Vollmilch pro Tag auf. Sie kommen damit auf tägliche Zunahmen von weit über 1 000 g.


Ad libitum-Tränke:

Dieser natürlichen Futteraufnahme kommt die ad libitum-Tränke von Aufzuchtkälbern aus dem Nuckeleimer am nächsten. Denn die Kälber nehmen in den ersten drei Lebenswochen nur sehr wenig Futter auf und können eine höhere Energieaufnahme nur über die Milch erreichen. Das Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp hat in Zusammenarbeit mit der Tierärztlichen Hochschule Hannover geprüft, wie sich eine ad libitum-Versorgung bei schwarzbunten Bullenkälbern auswirkt.


Jeweils 24 Kälber wurden nach der Geburt entweder der Versuchs- oder der Kontrollgruppe zugeordnet. Die ad libitum gefütterten Kälber blieben vom 1. bis zum 21. Lebenstag in Einzeliglus und erhielten morgens und abends jeweils 6 bis 9 l Vollmilch im Nuckeleimer. Diese wurde auf einen pH-Wert von ca. 5,5 angesäuert. Vor der nächsten Tränke wurden die Restmengen verworfen. Ab dem 22. Lebenstag erfolgte die Umstallung in eine Gruppenbucht und die Tränke über einen Automaten (6 l/Kalb/Tag; 120 g/l).


Die Kontrolltiere wurden in der ersten Lebenswoche zweimal täglich mit jeweils 2 l angesäuerter Milch getränkt, am 8. Lebenstag in eine Gruppenbucht umgestallt und bis zum 28. Lebenstag mit MAT getränkt (6 l/Kalb/Tag; 120 g/l).


Ab dem 25. Lebenstag wurden alle Kälber einheitlich restriktiv getränkt, um „Luxuskonsum“ zu vermeiden und die Kraftfutteraufnahme zu fördern. Ab der fünften Lebenswoche begann das Abtränken. Kraftfutter, Heu und TMR wurden zur freien Aufnahme angeboten.


Nach dem Absetzen wurden die Kälber bei einem Mäster unter gleichen Bedingungen bis zur Schlachtreife im achten Monat gemästet (Rosé-Kälber). Die Ergebnisse:


  • Die ad libitum getränkten Kälber nahmen in den ersten drei Wochen im Mittel ca. 10 l Vollmilch pro Tag auf. Im Vergleich zur Kontrollgruppe ergaben sich daraus 20 bis 25 € Mehrkosten pro Tier.
  • Verglichen mit den Kontrolltieren hatten die intensiv getränkten Kälber deutlich höhere Tageszunahmen (Übersicht 3). Sie zeigen das enorme Wachstumspotenzial schwarzbunter Kälber. Bereits am 22. Lebenstag waren die ad libitum gefütterten Kälber mit 71 kg ca. 20 kg schwerer.
  • Bemerkenswert ist zudem die signifi-kant höhere Kraftfutteraufnahme der intensiv gefütterten Kälber während der weiteren Tränkeperiode (50 kg zu 38 kg). Die Tiere konnten den Gewichtsvorsprung bis zum endgültigen Absetzen halten. Sie waren sogar zur Schlachtung mit 322 kg im Mittel rund 14 kg schwerer.
  • Die Tiergesundheit (Durchfallerkrankungen, Lungenentzündungen) unterschied sich nicht signifikant zwischen Versuchs- und Kontrollkälbern.


Nicht immer sinnvoll:

Die Ergebnisse zeigen, dass sich durch die ad libitum-Tränke die Kälberaufzucht deutlich verbessern lässt. Aber Vorsicht: Ein Freifahrtschein für gesunde und wüchsige Kälber ist die ad libitum-Tränke nicht. Denn zur Schlachtung zeigte sich, dass anfangs ad libitum gefütterte Kälber, die nach der Tränkeperiode an einer Kälbergrippe erkrankten, ihren Gewichtsvorsprung völlig einbüßten. Dadurch wird klar, dass die intensivere Fütterung von Aufzuchtkälbern nur dann Vorteile verspricht, wenn die Haltungsbedingungen später eine gute Tiergesundheit gewährleisten.


Zudem verlangt die intensive Fütterung hochwertige Futtermittel, vor allem bei Milchaustauschern. Mit minderwertigen Austauschern (hoher Anteil pflanzlicher Proteine) können Neugeborene nicht angemessen gefüttert werden. Und das Management ist entscheidend: Für Betriebe mit gehäuften Durchfallerkrankungen ist die ad libitum-Fütterung nur dann sinnvoll, wenn auch andere Schwachstellen abgestellt werden. j

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