Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

Aus dem Heft

Längere Pausen rechnen sich

Lesezeit: 6 Minuten

Jedes Jahr ein Kalb? Warum diese These überholt ist, zeigt eine Untersuchung aus Mecklenburg-Vorpommern. Längere Zwischenkalbezeiten sind wirtschaftlich.


Das Wichtigste zu den Themen Rind + Milch mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Viele Ökonomen beziffern den Verlust einer verlängerter Zwischenkalbezeit auf bis zu 3 € pro Tag. Und der Satz „Eine gesunde und fruchtbare Kuh sollte jedes Jahr ein Kalb zur Welt bringen“ hat sich fest in den Köpfen verankert. Doch ist diese Zielstellung für unsere Hochleistungskühe noch aktuell?


Studien aus Mecklenburg-Vorpommern haben bereits gezeigt, dass Kühe mit längeren Zwischenkalbezeiten bessere Persistenzen und damit eine höhere 305-Tageleistung erreichen als Kühe mit kurzen Zwischenkalbezeiten. Jeder Betrieb sollte deshalb seine eigene Fruchtbarkeitsstrategie entwickeln – auch aus ökonomischer Sicht.


Lebenstagsleistung beeinflusst:

Um das zu untermauern, haben wir umfangreiches Datenmaterial von Testherden des Zuchtverbandes RinderAllianz ausgewertet. In die Berechnung sind 26 212 bereits abgegangene Kühe mit mindestens drei Kalbungen eingeflossen. Die Betriebszweigauswertungen von Referenzbetrieben der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern bildeten die Grundlage der wirtschaftlichen Bewertung.


Die Tiere der Stichprobe haben wir in Klassen der Zwischenkalbezeit eingeteilt. Für diese Klassen haben wir die Mittelwerte für Lebensleistung, Nutzungsdauer, Leistung je Lebenstag sowie die Anzahl Totgeburten und den Besamungsindex berechnet. Es ließ sich statistisch nachweisen, dass mit steigender Zwischenkalbezeit sowohl die Lebensleistung als auch die Nutzungsdauer signifikant höher waren. Kühe, die innerhalb von 341 bis 370 Tagen kalbten, gaben in 42 Monaten 31 409 kg Milch. Rund 8 000 kg mehr Milch und eine um 9 Monate längere Nutzungsdauer hatten Kühe, die ein höheres Kalbeintervall aufwiesen (Übersicht 1).


Das wirkte sich letztendlich auch auf die Lebensproduktivität aus: Kühe mit einer Zwischenkalbezeit zwischen 341 und 370 Tagen erzeugten je Lebenstag 15,0 kg Milch, Tiere mit einer längeren Pause hingegen 16,7 kg. Das Leistungsniveau bezogen auf den Melktag ist innerhalb der Klassen der Zwischenkalbezeit mit 27 bis knapp 29 kg Milch relativ ausgeglichen. Das heißt, dass in diesem Datenmaterial Tiere mit einer annähernd gleich hohen Leistungsfähigkeit verglichen wurden. Damit ist eine ökonomische Wertung möglich. Denn grundsätzlich lassen sich nur Tiere mit ähnlichem Leistungsniveau vergleichen.


Höhere Einkommen:

Ein Leistungs-Kostenvergleich in den Klassen Zwischenkalbezeit zeigte, dass längere Ruhephasen für die Kühe den Gewinn verbessern (Übersicht 2).


Grundlage höherer Deckungsbeiträge sind die steigenden Lebenstagsleistungen, die in der Klasse 431 bis 460 Tage Zwischenkalbezeit mit 16,7 kg den besten Wert erreicht. Ohne die Extreme (unter 340 bzw. über 460 Tage ZKZ) einzubeziehen, führte eine um 0,02 kg ECM höhere Lebenstagsleistung bezogen auf einen Tag verlängerter Zwischenkalbezeit zu diesem finanziellen Vorteil. Mit je einem Tag verlängerter Zwischenkalbezeit erreichen die Kühe eine um drei Tage längere Nutzungsdauer.


Auffallend ist der ökonomische Nachteil der Tiere mit weniger als 340 Tagen Zwischenkalbezeit. Das sind Kühe, die nach der freiwilligen Wartezeit praktisch ohne Komplikationen wieder tragend wurden. Diese unkomplizierten Kühe sind eigentlich gewünscht. Denn das ständige Beobachten fällt weg, Arbeitszeit und Geld wird eingespart. Alles Vorteile, die für eine wiederkehrende Kalbung innerhalb eines Jahres sprechen.


Die Ergebnisse aus den Testherden zeigen aber, dass diese Tiere weitaus weniger lange genutzt werden konnten als Tiere mit längeren Zwischenkalbezeiten. Die Lebenstagsleistung betrug für diese Klasse nur 13,6 kg. Eine längere freiwillige Wartezeit verhindert, dass Kühe mit sehr hohen Leistungen vorzeitig ausgepowert sind.


Mehr Tierwohl:

Leistungsfähigkeit und Nutzungsdauer beeinflussen die Wirtschaftlichkeit einer Herde viel stärker als die Zwischenkalbezeit oder die geringere Anzahl zu vermarktender Kälber und ein höherer Besamungsaufwand. Denn Leistungsfähigkeit und Nutzungsdauer stiegen mit zunehmender Zwischenkalbezeit. Die Frage ist, ob es ein ökonomisch begründetes Optimum für die Zwischenkalbezeit in Abhängigkeit von der Leistungsfähigkeit des jeweiligen Bestandes gibt.


Dazu haben wir das Datenmaterial auch in Klassen der 305-Tageleistung eingeteilt. Auch hier wurden wieder die Mittelwerte für die Lebensleistung, die Nutzungsdauer, die Anzahl Totgeburten und den Besamungsindex als Grundlage für die betriebswirtschaftlichen Berechnungen ermittelt. Die Trockenstehzeit floss in allen Klassen mit einem festen Wert von 56 Tagen ein.


In den Leistungsbereichen bis 9 000 kg ist der wirtschaftliche Erfolg am höchsten, wenn die Kühe in einem Zeitraum von 341 bis 360 Tagen kalben. Kühe mit einer Leistung bis 10 000 kg dürfen ein bis maximal zwei Zyklen länger ausruhen. Denn diese zeigten mit 572 € je Stallplatz den höchsten Deckungsbeitrag in einem Kalbeintervall von 361 bis 400 Tage (Übersicht 3). Einen deutlichen finanziellen Vorteil haben Kühe, die bis zu 11 000 kg Milch erreichen, wenn sie erst nach 400 bis 430 Tagen in die nächste Laktation gehen.


Die ökonomischen Ergebnisse zeigen, dass eine Kuh, die eine um 1 000 kg höhere 305-Tageleistung erreicht als der Durchschnitt des Bestandes, mit ein bis maximal zwei Zyklen längerer freiwilliger Wartezeit rentabler ist als ihre Stallgefährtinnen. Das bedeutet, dass die Kühe im Fruchtbarkeitsmanagement individueller betreut werden sollten.


Da zu Beginn der Laktation die 305-Tageleistung oder gar die Lebenstagsleistung unbekannt sind, kann die Einsatzleistung als Entscheidungshilfe für das „Kuhspezifische Fruchtbarkeitsmanagement“ dienen. Die untersuchte Stichprobe zeigte, dass Kühe mit einer 305-Tageleistung von 9 000 bis 10 000 kg bzw. 14 bis 16 kg Milch je Lebenstag Einsatzleistungen von 34,5 kg je Tag aufwiesen. Setzen Kühe mit mehr als 34,5 kg je Melktag in diesem Herdenniveau ein, sollte darüber nachgedacht werden, diesen Tieren bis zu zwei Zyklen mehr Ruhe zwischen den Kalbungen zu gönnen. So erhalten sie die Chance, länger zu leben sowie leistungsfähiger und effizienter zu sein. Dabei ist der Parameter Einsatzleistung immer im Zusammenhang mit dem Laktationstag der ersten Milchleistungsprüfung als auch mit der Laktationsnummer zu betrachten, um die richtige Entscheidung treffen zu können.


Fazit für die Praxis:

Wir haben mit umfangreichen Datenmaterial nachgewiesen, dass längere Zwischenkalbezeiten nicht unrentabel sein müssen. Im Gegenteil: Je nach Leistungsfähigkeit der Einzelkuh gibt es ein betriebswirtschaftliches Optimum für die Zwischenkalbezeit.


Kühe mit einer 305-Tageleistung unter 9 000 kg sind tatsächlich am rentabelsten, wenn sie jedes Jahr ein Kalb bekommen. In dem Leistungsbereich bis 10 000 kg sorgt eine längere Pause von ein bis maximal zwei Zyklen für ein längeres Leben und höhere Gewinne für den Landwirt. Kühen mit noch höheren Laktationsleistungen sollten zwei Zyklen längere Ruhepausen gegönnt sein, bevor sie zum ersten Mal nach der Kalbung wieder besamt werden. Hinweise zur Einordnung der Kühe in die jeweiligen Leistungsbereiche liefern die Ergebnisse zur ersten Milchleistungsprüfung.


Eine längere freiwillige Wartezeit bedeutet jedoch nicht, die Hochleistungskuh unbeobachtet zu lassen. Eine lückenlose Dokumentation aller Brunsten, auch wenn sie nicht genutzt werden, ist besonders bei Hochleistungskühen wichtig. Nur so lassen sich optimale Besamungsergebnisse nach der längeren freiwilligen Wartezeit erzielen.

Die Redaktion empfiehlt

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.