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Gute Erfahrungen mit örtlicher Betäubung

Lesezeit: 4 Minuten

Tierarzt Dr. Berthold Lindhaus und Landwirtin Christiane Kappelhoff haben zum Kastrieren die örtliche Betäubung mit Isocain getestet – und sind begeistert.


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Für die Ferkelkastration wünsche ich mir eine Betäubung, die zuverlässig den Schmerz ausschaltet, aber nur lokal wirkt. Die Ferkel sollten bei Bewusstsein bleiben, damit sie schnell wieder ans Gesäuge kommen, Milch aufnehmen und nicht auskühlen“, bringt es Christiane Kappelhoff auf den Punkt. Die 61-Jährige bewirtschaftet gemeinsam mit ihrem Sohn Stefan einen Kombibetrieb mit 170 Sauen und eigener Ausmast.


Wöchentlich setzt Christiane Kappelhoff acht Sauen ab. Am dritten bis vierten Lebenstag bekommen die Ferkel die notwendige Eisenspritze, werden geimpft, die Schwänze werden kupiert und die männlichen Tiere kastriert. Fünfzehn Minuten vor dem Eingriff nimmt die Landwirtin die Ferkel aus der Bucht, spritzt zur Schmerzlinderung 0,2 ml Metacam in den Nackenmuskel der Tiere und setzt sie auf dem Kontrollgang in einen Maurerkübel. Pro Wurf verwendet


sie einen separaten Kübel, insgesamt drei


Stück, die im Wechsel belegt werden. Das reicht, um die notwendige Einwirkzeit für das Metacam von 15 Minuten einzuhalten. Sobald sie bei den Ferkeln im dritten Kübel das Metacam verabreicht hat, beginnt sie bei den Tieren im ersten Kübel mit dem Kastrieren.


Testlauf mit Isocain:

Schon früh diskutierte die Landwirtin mit ihrem Hoftierarzt Dr. Berthold Lindhaus, wie sie ab 2019 vorgehen kann, wenn es verboten ist, die Ferkel betäubungslos zu kastrieren. Ebermast und Immunokastration sind für sie keine Alternative. „Die Ebermast widerspricht aufgrund des aggressiven Verhaltens der Tiere nicht meinen Vorstellungen von Tierwohl, und für Improvac-behandelte Schweine finde ich keine Abnehmer“, schildert die Landwirtin ihr Dilemma. Also kommt für sie nur die Kastration infrage. Mit örtlicher Betäubung versteht sich, damit die Tiere nicht zu lange außer Gefecht gesetzt werden.


„Ich schaute mich deshalb nach einem geeigneten Mittel um, das für Schweine zugelassen ist und nicht umgewidmet werden muss“, berichtet Dr. Lindhaus. Fündig wurde er bei Isocain, das bereits seit langem sehr erfolgreich bei der Kastration von Pferden sowie bei Labmagen-Operationen bei Kühen eingesetzt wird und auch für Schweine zugelassen ist.


„In der Literatur stieß ich zwar auf eine ältere Untersuchung der Klinik für Schweine in München, die das Isocain für die Ferkelkastration als ungeeignet einstufte. Meiner Meinung lag das jedoch am Versuchsaufbau. Deshalb überlegte ich mir eine Anwendung, mit der sich sowohl der Hoden der Tiere als auch der Samenstrang effektiv betäuben lassen“, schildert der Tierarzt.


Gemeinsam mit Christiane Kappelhoff testete er die Anwendung dann in der Praxis. „Ich greife die männlichen Tiere an den Hinterbeinen, sodass die Hoden Richtung Bauchhöhle rutschen. Dann spritze ich in jede Hälfte des Hodensacks 0,5 ml Isocain und weitere 0,5 ml in Höhe der zweitletzten Zitze unter die Haut in den Leistenkanal“, beschreibt der Tierarzt das Prozedere.


20 Minuten Einwirkzeit:

Im gleichen Arbeitsgang erhält jedes männliche Ferkel dann noch 0,2 ml Metacam in den Nackenmuskel, bevor es in den Mauererkübel gesetzt wird. Hier werden die 20 Minuten überbrückt, bis die Betäubung wirkt. Dann beginnt die Landwirtin mit dem Kastrieren.


Der Eingriff geht bei ihr so schnell über die Bühne, dass Außenstehende gar keinen Unterschied zwischen örtlich betäubten und unbetäubten Ferkeln erkennen können. „Wenn ich das Messer jedoch ganz behutsam ansetze und langsam schneide, ist der Unterschied deutlich zu erkennen. Die betäubten Ferkel zucken kein bisschen, wenn ich das Skalpell ansetze, sie spüren vom Schnitt nichts“, ist Frau Kappelhoff überzeugt. Es ist zwar nicht so ruhig im Stall wie bei einer Vollnarkose. „Einige Ferkel quiecken zwar, aber nur, weil ich sie an den Hinterbeinen festhalte“, ist Dr. Lindhaus überzeugt.


„Das Betäuben, Kastrieren, Schwanz kupieren, Eisen spritzen und Impfen der Ferkel dauert pro Wurf im Schnitt nicht länger als sieben Minuten“, schildert die Landwirtin ihre Erfahrungen. Somit ist der Zeitaufwand kaum größer als bei der jetzt schon üblichen Metacam-Behandlung. Und von den Kosten hält sich das Verfahren auch im Rahmen. „Isocain und Metacam kosten zusammen pro Ferkel maximal 35 Cent“, hat Dr. Lindhaus ausgerechnet.


Anwendung durch den Landwirt:

Nur eine Sache muss nach Ansicht von Christiane Kappelhoff noch geklärt werden: „Es muss den Landwirten erlaubt werden, das Isocain selbst zu verabreichen – natürlich nach einer entsprechenden Einweisung.“ Denkbar wäre nach Ansicht von Dr. Lindhaus auch ein Sachkundenachweis für Landwirte. Denn es ist für ihn zeitlich gar nicht vorstellbar, für jede Ferkelbehandlung mit Isocain auf die Höfe zu fahren.


Die Vollnarkose müsse unbedingt in Tierärztehand bleiben. „Aber für die örtliche Betäubung brauchen wir eine praktikable Regelung“, fordert der Tierarzt.Henning Lehnert

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