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Mehr Sicherheit durch die Mother-Regulation?

Lesezeit: 4 Minuten

Andreas Schauer vom VDMA erklärt, was die Typzulassung nach Mother-Regulation (TMR) für Landmaschinen beinhaltet.


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Was ist die Traktor-Mother-Regulation? Und woher kommt dieser Name?


Andreas Schauer: Den Namen „Mother-Regulation“ hat die EU-Kommission geprägt. Gemeint ist die Rahmenverordnung (EU) 167/2013 über die EU-Typgenehmigung für Traktoren und Geräte, die am Traktor hängen, die die bisherige Richtlinie 2003/37/EG ablöst. Dabei wurde der Geltungsbereich erheblich ausgeweitet auf alle Traktoren (auch über 40 km/h) sowie Anhänger und angehängte Arbeitsgeräte. Zur „Mutter“ gehören die fünf „Kinder“, nämlich vier Verordnungen mit den Anforderungen an die Bremsanlagen, die Verkehrssicherheit, die Arbeitssicherheit und den Umweltschutz sowie eine Durchführungsverordnung mit den Verwaltungsvorschriften und Formularen.


Was sind die wichtigsten Änderungen, zum Beispiel bei der Verkehrssicherheit?


Andreas Schauer: Ich liste das am besten in Stichworten auf:


  • Das seitliche Sichtfeld wurde verbessert. Es ist an das Spiegelsichtfeld beim Lkw angelehnt und reduziert tote Winkel. Erkennbar ist dies durch zusätzliche Weitwinkel-Rückspiegel.
  • Fahrer- und Beifahrersitze müssen jetzt mit Sitzgurten ausgestattet sein.
  • Anbau der Beleuchtung: Fahrzeuge über 6 m Länge – ausgenommen sind gezogene Geräte – müssen mit seitlichen Markierungsleuchten ausgestattet werden. Geräte über 2,55 m müssen mit Warntafeln oder -folien kenntlich gemacht werden.
  • Der Dreipunktkraftheber bleibt übrigens von der Bauartgenehmigungspflicht ausgenommen.


Viele Neuerungen betreffen die Bremsen – welche sind das?


Andreas Schauer: Die Vorschriften nähern sich in Struktur und Anforderungsniveau den Lkw-Vorschriften an. Die wichtigsten Neuerungen sind:


  • Es gibt, wie beim Lkw, Kompatibilitätsbedingungen für die Bremsung von Zugfahrzeug und Anhänger. Dies macht in vielen Fällen eine lastabhängige Bremskraftregelung erforderlich.
  • Die Mindestverzögerung über 30 km/h beträgt nun 5 m/s², wie beim Lkw, darunter 3,55 m/s².
  • ABS für Traktoren ist erst ab 60 km/h vorgeschrieben. Nach den geltenden Vorschriften müssen aber ab 1.1.2020 oder 2021 auch Traktoren über 40 km/h damit ausgestattet sein. Dies ist jedoch derzeit umstritten und wird möglicherweise noch geändert.
  • Zweileitungsbremsen sind jetzt zwingend vorgeschrieben – das gilt auch für hydraulische Anhängerbremsen. Das hydraulische Einleitungsanhängerbremsventil darf an Traktoren ab 1.1.2021 nicht mehr verbaut werden.
  • Elektronische Anhängerbremsen (EBS), wie sie seit Langem im Lkw-Bereich eingesetzt werden, sind ebenfalls zulässig, aber nicht verpflichtend.
  • Bei geteiltem Bremspedal (Lenkbremse) darf der Traktor mit entkoppeltem Pedal nicht schneller als 40 km/h werden oder das Pedal muss automatisch koppeln.


Was sind die wichtigsten Änderungen bei der Sicherheit?


Andreas Schauer: Hier geht es vor allem um den Schutz des Fahrers bei der Arbeit auf dem Feld und den Schutz von anderen Personen im Straßenverkehr:


  • Besonders auffällig ist eine Vielzahl neuer Warnaufkleber an verschiedenen Stellen der Maschine.
  • Die Motorhaube und einige andere Abdeckungen dürfen sich nur noch mit einem Werkzeug öffnen lassen.
  • Die Aufstiege müssen sicherer gestaltet werden. Das zeigt sich zum Beispiel an zusätzlichen Handgriffen.
  • Scharfe Kanten unter einem bestimmten Radius müssen künftig abgedeckt sein. Das gilt für innen (Schutz des Fahrers bei Unfällen) und auch außerhalb der Kabine (Schutz von Fußgängern und Radfahrern).
  • Sogenannte Fahreranwesenheitskontrolle: Bei nicht angezogener Handbremse muss ein optisches und akustisches Warnsignal ausgelöst werden, wenn der Fahrer den Fahrerplatz verlässt. Auch muss die Zapfwelle dann automatisch abgeschaltet werden. Stationärer Zapfwellenbetrieb ist möglich, muss aber durch einen bewussten weiteren Befehl des Fahrers in der Kabine bestätigt werden.


Gibt es über diese technischen Änderungen hinausgehende Regelungen?


Andreas Schauer: Ja, im Wesentlichen betrifft das zwei Bereiche, die mit der Typgenehmigung nichts zu tun haben. So müssen künftig alle (auch freie) Werkstätten Zugang zu Informationen zur Wartung und Reparatur von Landtechnik erhalten. Das soll den Wettbewerb im Bereich Service fördern.


Diese Anforderungen kommen aus dem Pkw-/Lkw-Bereich, der völlig anders strukturiert ist als die Landtechnik. In der Landtechnik sind solche Anforderungen überflüssig und können sogar kontraproduktiv sein.


Weiterhin wurden Vorschriften zur Marktüberwachung eingeführt. Auch diese sind letztlich überflüssig, da durch die Typgenehmigung, die stichprobenartige Überwachung der Produktion beim Hersteller sowie die Hauptuntersuchung der Fahrzeuge bereits eine ausreichende Marktüberwachung besteht – und das seit Jahren.


Ab dem 1.1.2018 gilt die Typengenehmigung für alle neuen Fahrzeuge. Wie schätzen Sie die Wirkung der TMR ein – bringt das wirklich mehr Sicherheit oder doch nur mehr Bürokratie?


Andreas Schauer: Viele Anforderungen gab es auch vorher schon. Eine Verbesserung der Verkehrs- und Arbeitssicherheit und des Umweltschutzes ist kaum erkennbar. Die Meilensteine der Verkehrs- und Arbeitssicherheit bei Traktoren wurden bereits viel früher gesetzt. Allerdings sind neben den bisherigen Anforderungen neue Sachverhalte hinzugekommen, die zum Teil erhebliche konstruktive Auswirkungen haben, zusätzlichen Überprüfungsbedarf bei der Typgenehmigung auslösen und einen beachtlichen Dokumentations- und Verwaltungsaufwand zur Folge haben. Die Interviews führte Guido Höner

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