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Clearfield-Raps: Die ersten Erfahrungen

Lesezeit: 6 Minuten

Einige Landwirte nutzen das neue Clearfield-System in Raps. Hier die ersten Eindrücke und neue Erkenntnisse.


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Seit letztem Herbst können Landwirte das neue Unkrautbekämpfungs-System „Clearfield“ im Raps nutzen. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus dem Herbizid Clearfield-Vantiga und einer gegen das Herbizid resistenten Rapssorte. Die Züchter kreuzen diese Resistenz auf konventionellem Weg ein (top agrar 8/2012, Seite 46). Zu erkennen sind die Saatgutsäcke am Namen Clearfield und an der Endung „CL“ im Sortennamen. Allerdings ist diese Kennzeichnung nicht verpflichtend.


Derzeit wächst Clearfield-Raps bundesweit auf ca. 3 000 ha. Die rund 150 anbauenden Betriebe liegen vor allem in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt.


Was spricht dafür?

„Auf unserem Standort breiten sich Problemunkräuter wie Besen- und Wegrauke sowie Ackersenf und das Orientalische Zackenschötchen immer weiter aus“, so Martin Petzig, Geschäftsführer der Agrar GmbH & Co. KG Erm­stedt. Der Betrieb liegt am Westrand des Erfurter Beckens und baut rund 180 ha Raps an. „Mit den gängigen Herbiziden können wir die Unkräuter kaum noch in Schach halten. Zudem erschweren die verschärften Clomazone-Auflagen, z. B. von Centium, Cirrus oder Brasan, den Einsatz erheblich.“


Daher entschied sich Petzig im letzten Jahr für das Clearfield-System. „Die Rapsbestände waren nach dem Herbizideinsatz sauber“, erklärt er. Zudem war der Einsatz im Nachauflauf nach seiner Beobachtung sehr kulturverträglich.


Einen weiteren Vorteil sieht Petzig darin, dass sich durch die Nachauflaufbehandlung die Arbeitsspitzen entzerren lassen. Bei Herbizideinsätzen im Vorauflauf fiel dagegen der Pflanzenschutz immer in die Getreideerntezeit. Weil das Herbizid Clearfield-Vantiga auch gegen Disteln und Ausfallgetreide wirkt, konnte er zudem eine Überfahrt einsparen.


Erste Erfahrungen zu Erträgen von CL-Sorten hat Martin Petzig auf seinem Betrieb im Vorjahr in Versuchen mit der Firma BASF gesammelt. „Wir haben die Sorte PT 200 CL angebaut und betriebsübliche Erträge gedroschen“, berichtet er.


Über die EU-Sortenliste wurden kürzlich neue Sorten zugelassen, die nach Züchterangaben auf dem Niveau aktueller Spitzensorten liegen sollen. So bietet z. B. Pioneer für die Aussaat 2013 die neuen CL-Sorten PT 229 CL und PX 111 CL an. Von Dekalb sind die Sorten DK Impression CL und DGC 169 CL erhältlich.


Was spricht dagegen?

Gegen den Einsatz des Clearfield-Systems hat sich Carl-Mauritz von Laer entschieden. Der Landwirt bewirtschaftet mit zwei Gesellschaftern den Betrieb Werreland GbR, der im Kreis Herford (NRW) liegt. „Wir bekommen die Unkräuter inklusive der schwer bekämpfbaren Raukearten auf unseren Flächen noch in den Griff“, erklärt der Ackerbauer, der 50 bis 100 ha Raps pro Jahr anbaut. Seine Strategie: Spritzfolgen z. B. aus Butisan im Vorauflauf, gefolgt von Fox im Nachauflauf und konsequente Randbehandlungen gegen die vom Feldrand einwandernden Raukearten.


Für von Laer ist das CL-System keine praktikable Lösung, da er in seiner Fruchtfolge auch Rüben anbaut. „Gegen den CL-Ausfallraps wirkt das Herbizid Debut als Sulfonylharnstoff nicht mehr sicher“, erklärt er. Generell erhöht zudem ein steigender Ausfallrapsdruck das Befallsrisiko mit Rübennematoden.


Weiteres Problem des Ausfallrapses: Wer einmal auf seinen Flächen Clearfield-Raps angebaut hat, kann nicht mehr zurück. Denn der CL-Durchwuchsraps keimt in den Folgekulturen mehr als 10 Jahre und ist dort nur sehr schwer bekämpfbar. „Ein einfaches Umstellen der Fruchtfolge, um z. B. Rüben oder andere Kulturen zu integrieren, ist dann nicht mehr ohne Weiteres möglich“, gibt von Laer zu Bedenken. Er möchte sich auch künftig in seiner Entscheidungsfreiheit nicht einschränken lassen.


Knackpunkte des CL-Systems:

Neben den Landwirten beschäftigen sich auch Wissenschaft, Beratung und Forschung weiterhin intensiv mit dem Thema Clearfield. Zahlreiche Fakten dazu stellte z. B. auch Ivo Meckelnburg in seiner Bachelorarbeit an der Uni Kiel (Institut für Phytopathologie, Prof. Verreet, Dr. Klink) zusammen. Hier einige wichtige Knackpunkte:


  • Probleme durch CL-Ausfallraps: Folgt Getreide nach CL-Raps, wirken Herbst-herbizide zwar mit bis zu 95 % gut gegen den Ausfallraps. Für wirklich saubere Bestände, um phytosanitären Problemen durch Phoma/Verticillium vorzubeugen, wird aber oft ein Wuchsstoff-Einsatz im Frühjahr nötig werden. Das Problem dabei ist, dass die Wirkungssicherheit von Wuchsstoffen witterungsbedingt stark schwankt. Zudem ist ein intensiver Einsatz aus Wasserschutzgründen bedenklich.
  • Koexistenz ungeklärt: Anders als bei gentechnisch veränderten Pflanzen (GVOs) gibt es für Clearfield-Raps nach wie vor keine Koexistenzregelungen, wie Abstandsauflagen oder Kennzeichnungspflichten. So können beim Anbau von herbizidresistentem Raps neben einer konventionellen Sorte resistente Pollen auf nicht resistente Rapspflanzen gelangen. Eine unkontrollierte Ausbreitung ist zudem über Transport- und Erntemaschinen möglich. Das kann erhebliche Haftungsrisiken nach sich ziehen (top agrar 3/2012, ab Seite 64).
  • Risiken beim Einsatz: Der Wirkstoff Imazamox im Clearfield-Herbizid ist rein blattaktiv und funktioniert nur, wenn die Unkräuter aufgelaufen sind (EC 13/14 des Rapses). Kamille wird zu dieser Einsatzzeit nicht sicher erfasst und auch die Wirkung gegen Storchschnabel schwankt. Nicht ausreichend wirkt es u.a. gegen Kornblume, Stiefmütterchen und Ochsenzunge/Ackerkrummhals. Gegen Ausfallgetreide liegen die Wirkungsgrade im Mittel bei 80 %. Ob Imazamox Ackerfuchsschwanz beseitigt, hängt vom Resistenzgrad der Population ab. Das zeigen Versuchsergebnisse der Offizialberatung.


Wer zudem konventionellen und Clearfield-Raps gemeinsam im Betrieb anbaut, muss seine Feldspritze peinlichst genau reinigen und darf die Schläge auf keinen Fall verwechseln. Im schlimmsten Fall droht ein Totalschaden, weil konventioneller Raps das Clearfield-Herbizid nicht verträgt.


  • Höhere Resistenzgefahr: Durch den späteren Einsatz verringert sich die Wirkung des Bodenpartners Metazachlor z. B. gegen Fuchsschwanz, Kamille und Vogelmiere erheblich. Das belastet den Wirkstoff Imazamox stärker. Da dieser zur Gruppe der ALS-Hemmer gehört, steigt die Resistenzgefahr. Europaweit haben sich mittlerweile in nur 20 Jahren bei 94 Unkräutern/Ungräsern ALS-Resistenzen gebildet! Besonders betroffen sind Großbritannien, Frankreich und Deutschland.


Ausblick für die Praxis:

Das Clearfield-System in Raps ist seit einem Jahr auf dem deutschen Markt. Einige Züchter bieten für die Aussaat 2013 CL-Sorten an, die das Ertragsniveau von Spitzensorten erreichen sollen. Erste Landwirte in eher groß strukturierten Regionen nutzen das CL-System bereits, um Problemunkräuter, wie z. B. Pfeilkresse, Rauken, Zackenschötchen usw., auszuschalten.


Diese Vorteile klingen für Anbauer zunächst verlockend. Allerdings bringt der Einsatz etliche Probleme mit sich. So ist der CL-Ausfallraps in nachfolgenden Kulturen schwerer zu beseitigen. Zudem gibt es Risiken beim Einsatz und die Resistenzgefahr steigt dadurch schneller.


Gefordert ist aber jetzt vor allem der Gesetzgeber. Er muss schnellstens dafür sorgen, die fehlenden Koexistenz-Regelungen zu schaffen. Es kann nicht sein, dass ein Landwirt, der das System nicht anwenden will, über Pollenflug oder Erntemaschinen plötzlich CL-Ausfallraps auf seinen Flächen vorfindet. Hier schlummern Anbau- und Haftungsrisiken!


In Regionen, in denen die Unkrautkontrolle in Raps mit den derzeitigen Herbiziden trotz verschärfter Clomazone-Auflagen noch recht sicher möglich ist, besteht demnach kein Druck, zum Clearfield-System zu wechseln. Zudem wird voraussichtlich bald das neue Herbizid Salsa zugelassen, das auch gegen schwer bekämpfbare Rauken wirkt.


Matthias Bröker

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