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Der Süden setzt auf zweizeilige Gerste

Lesezeit: 8 Minuten

Gesucht sind ertragsstarke, standfeste und gesunde Gerstensorten mit sicherer Kornausbildung und guter Winterhärte. Empfehlungen für süddeutsche Standorte gibt Dr. Josef Freundorfer, Fachzentrum Pflanzenbau, Amt für Landwirtschaft Deggendorf.


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Die Wintergerstenfläche in Bayern ist 2014 wieder etwas geschrumpft. Mit einer Anbaufläche von 238 922 ha bewegt sie sich gut 4 % unter dem Vorjahresniveau. Verluste durch Auswinterung spielten aufgrund des milden Winters keine Rolle. In der Tendenz verliert die Wintergerste vor allem in den viehlosen Ackerbaubetrieben. Ob die Fruchtfolgebestimmungen beim Greening zur Trendumkehr führen, bleibt abzuwarten.


Über 80 % Zweizeiler:

In Süddeutschland hat nach wie vor die zweizeilige Wintergerste die größte Anbaubedeutung. Ihr Vermehrungsanteil an der Gesamtvermehrung liegt 2014 in Bayern bei 87 % und in Baden-Württemberg bei 83 %. Obwohl auch in den bayerischen Landessortenversuchen (LSV) die mehrzeiligen Sorten ein Ertragsplus gegenüber den Zweizeilern von gut 3 % erreichen, dominieren weiterhin die Zweizeiler den Anbau.


Vorteile bei Standfestigkeit, Strohstabilität und Kornausbildung sind Gründe, warum Landwirte zweizeilige Sorten bevorzugen. Trotz deutlicher Fortschritte bei den Mehrzeilern setzen vor allem Marktfruchtbetriebe auf die sichere Kornausbildung der Zweizeiler, die in der Regel auch bei Hitzeperioden mit abrupter Abreife erreicht wird.


Ertrag und Stabilität:

Die Gerstenerträge schwanken in Süddeutschland in den letzten Jahren deutlich. Frühsommertrockenheit, Hitzeperioden, das starke Auftreten von Blattverbräunungen (Ramularia-Blattfleckenkomplex) und Kahlfröste führen jahrgangsbedingt zu Einbußen beim Ertrag. Gute Sorten zeichnen sich neben der Ertragsleistung auch durch Ertragsstabilität aus. Die mehrjährigen Erträge von wichtigen Gerstensorten in Süddeutschland zeigt am Beispiel der vier bayerischen Anbaugebiete Übersicht 1. Die Anbaugebiete orientieren sich nicht an den politischen Grenzen, sondern reichen teilweise in benachbarte Bundesländer. Die Auswertung beinhaltet daher auch Ergebnisse von Versuchsstandorten mit ähnlichen Boden- und Klimaverhältnissen aus Baden-Württemberg, Hessen, Thüringen und Sachsen. Die Relativerträge beziehen sich auf den Ertragsmittelwert der 2013 in Bayern geprüften Sorten. Die mehrjährige Auswertung basiert auf Ergebnissen der zurückliegenden 5 Jahre (Landessortenversuche und Wertprüfungen).


Bei den neueren, zweizeiligen Sorten erzielen California, Matros und Albertine deutlich überdurchschnittliche Erträge. Sehr ertragsstark sind auch Famosa und Anisette. Im guten Mittelfeld liegen SU Vireni, Colonia, Caribic und Sandra. Letztere weist zudem eine exzellente Kornqualität auf. Positiv abheben kann sich hier auch SU Vireni. Bei Famosa sind bei der Kornqualität dagegen deutliche Schwächen erkennbar. In puncto Ertragsstabilität können in den letzten Jahren Anisette und Sandra am besten überzeugen.


Bei den Mehrzeilern liegt die neuere Sorte KWS Tonic mit Abstand an der Ertragsspitze. Ertragsstark zeigen sich auch die Hybridsorten SY Leoo und Galation sowie die Liniensorte KWS Meridian. Diese zeichnet sich zudem durch eine sehr hohe Ertragssicherheit aus. Gute mittlere Erträge bringen KWS Tenor, Medina, Anja sowie die Hybridsorte Hobbit.


Wichtige Winterhärte:

Auch wenn in diesem Jahr der Winter mehr oder weniger ausgefallen ist, sollten die schweren Auswinterungsschäden im Jahr 2012 Anlass genug sein, der Winterhärte der Sorten mehr Bedeutung beizumessen. Im Gegensatz zu Winterweizen sind Sortenunterschiede bei Wintergerste bezüglich der Frosthärte geringer ausgeprägt. Das Auswinterungsjahr 2012 deckte jedoch auch hier deutliche Sortenunterschiede auf. Im Mittel sind die mehrzeiligen Gersten winterhärter als die zweizeiligen. Bei den Mehrzeilern besitzt Loreley die beste Winterhärte, aber auch KWS Meridian, KWS Tenor, Medina, Titus, KWS Keeper und Anja können hier punkten. Bei den zweizeiligen Sorten heben sich Anisette, Matros und Ruby mit einer überdurchschnittlichen Winterfestigkeit ab.


Standfest und strohstabil:

Die Wintergerste ist ein fester Bestandteil in der Fruchtfolge viehhaltender Betriebe. Durch regelmäßigen Gülleeinsatz haben diese Betriebe eine hohe Stickstoffnachlieferung auf ihren Schlägen. Je nach Witterung führt diese zu erheblichen Wachstumsschüben. Sorten mit knapper Standfestigkeit sind hier trotz erhöhtem Wachstumsreglereinsatz lagergefährdet.


Die Futterbau- und Veredelungswirtschaftsbetriebe fordern daher standfeste Wintergerstensorten. SU Vireni erfüllt diese hohen Ansprüche derzeit am besten. Eine hohe Sicherheit bei der Standfestigkeit bringen auch Caribic und Albertine. Bei der Strohstabilität präsentieren sich derzeit SU Vireni, Caribic, California und Canberra am besten. Aber auch Anisette, Albertine und Famosa zeigen sich überdurchschnittlich. Abstriche bei der Standfestigkeit und vor allem bei der Strohstabilität sind dagegen bei Matros zu machen.


Bei den mehrzeiligen Sorten haben die Züchter die Standfestigkeit in den letzten Jahren deutlich verbessert. Am besten ist dies derzeit bei Loreley gelungen, bei der Strohstabilität liegt sie jedoch nur im Mittelfeld. Hier kann besonders Anja mit einer überdurchschnittlichen Stabilität punkten. Viele der in Übersicht 1 aufgeführten Sorten haben eine mittlere bis gute Standfestigkeit.


Bei der Strohstabilität, vor allem beim Ährenknicken, bestehen dagegen deutliche Unterschiede zwischen den Sorten. Neben Anja kann hier noch KWS Keeper überzeugen. Kathleen, Titus und SY Leoo zeigen hier Schwächen.


Mehr Sicherheit:

Ergebnisse aus langjährigen bayerischen Versuchen zeigen, dass bei Wintergerste in der Regel eine Fungizidanwendung am wirtschaftlichsten ist. Um bei dieser Strategie einen ausreichenden Schutz zu gewährleisten, darf die Behandlung jedoch frühestens ab dem Fahnenblattstadium erfolgen. Die Sorten müssen daher eine entsprechende Resistenzausstattung besitzen.


Bei den Mehrzeilern haben immer noch Souleyka und Kathleen die breiteste Resistenzausstattung. Bei den neueren Sorten hebt sich Loreley positiv ab. Im mittleren bis guten Bereich liegen KWS Meridian, Titus, KWS Keeper und Anja. Bis auf Netzflecken präsentiert sich auch KWS Tenor recht gesund. Bei den Zweizeilern zeigen sich die mehrjährig geprüften Sorten Metaxa und Famosa immer noch recht gesund. Von den neueren Sorten heben sich SU Vireni und Albertine mit einem guten Resistenzniveau ab.


Allerdings sind auch die Schwachpunkte erkennbar. So ist bei Sandra wie auch bei der mehrzeiligen SY Leoo besonders auf Zwergrost zu achten, während bei der Winterbraugerste Wintmalt die Anfälligkeit bei Rynchosporium im Vordergrund steht. Zu beachten ist auch die Mehltauanfälligkeit bei Caribic. Bei dem im Süden regelmäßig und teilweise massiv auftretenden Ramularia-Blattfleckenkomplex sind Sortenunterschiede zu beobachten, diese halten sich jedoch in engen Grenzen. Häufig zeigen sich die später abreifenden Sorten etwas gesünder.


Eine überdurchschnittliche Abwehrkraft besitzen Anisette, Famosa, Wintmalt, California und Caribic. Schwächen fallen bei Sandra, SU Vireni und Ruby auf. Bei den Mehrzeilern ist ein stärkeres Auftreten der Blattverbräunungen bei Medina, Galation und KWS Tonic zu beobachten. Die übrigen geprüften Mehrzeiler weisen eine mittlere bis geringe Anfälligkeit auf. Die Verbräunungen treten immer dann auf, wenn nach Niederschlägen ein Wechsel zu starker Sonneneinstrahlung folgt und führen bei starkem Auftreten zum schnellen Absterben der Blätter. Die beste Ertragsabsicherung bringt jedoch derzeit der Einsatz leistungsfähiger Fungizide kurz vor dem Ährenschieben.


Virosen nicht unterschätzen!

In Süddeutschland konzentriert sich das Auftreten der Mosaikviren besonders auf die veredelungsstarken Regionen mit hohem Wintergerstenanteil in der Fruchtfolge. Sie breiten sich jedoch stetig aus. In den Befallsgebieten wird zunehmend auch bei Typ 1-resistenten Sorten Mosaikvirusbefall festgestellt, was auf den bereits länger bekannten Virustyp BaYMV-2 hinweist.


Derzeit besitzen nur wenige Sorten eine Resistenz gegen diesen Virustyp. Bei den Zweizeilern ist die neuere Sorte Caribic eine gute Möglichkeit, da sie trotz Doppelresistenz mit einem hohen Ertragspotenzial aufwarten kann. Im mehrzeiligen Bereich bieten sich Kathleen, Otto und KWS Keeper an. Auch sie erzielen mittlere bis gute Erträge. Verzwergungsviren spielten im letzten Jahr im Süden keine nennenswerte Rolle. Bei jahrgangsbedingter starker Vektoren-Entwicklung kann sich die Situation jedoch schnell ändern.


Mit Paroli wurde 2012 die erste deutsche Sorte mit einer Toleranz gegen das Gerstengelbverzwergungs-Virus zugelassen. Da die Wintergerste im Süden sehr häufig auch vom Weizenverzwergungs-Virus befallen wird, stehen weiterhin produktionstechnische Maßnahmen im Vordergrund. Kostengünstig und effektiv ist die Verschiebung des Saatzeitpunktes nach hinten. In gefährdeten Gebieten, vor allem den wärmeren Lagen, sollte die Aussaat nicht vor dem 25. September erfolgen.


Mehr Hybridsorten:

Mit der Einführung der Hybridsorten nimmt auch im Süden das Interesse an mehrzeiligen Sorten zu. Vor allem Veredlungsbetriebe bauen zunehmend Hybridsorten an. Landwirte schätzen das gute Ertragspotenzial. Dies bestätigt sich auch in den LSV, wenngleich auch herkömmliche mehrzeilige Sorten diese Leistungsfähigkeit beweisen. Mit KWS Tonic steht derzeit in den bayerischen Sortenversuchen eine Liniensorte ertraglich an der Spitze.


Sehr verbreitet bei den Hybriden war die Sorte Hobbit. Im Vergleich zu älteren Hybridgersten hat sie deutliche Verbesserungen bei der Kornqualität gebracht. Bis auf Ährenknicken ist auch die Strohstabilität verbessert. SY Leoo gehört im Leistungsvermögen zu den Spitzensorten. Bei der Strohstabilität weist sie jedoch deutliche Schwächen auf. Zu beachten ist auch die hohe Anfälligkeit bei Zwergrost.


Nachdem im letzten Anbaujahr die Saatgutverfügbarkeit von Hobbit und SY Leoo stark eingeschränkt war, wurde verstärkt die Sorte Galation vermarktet. Diese ist ertragsstark und zeichnet sich durch eine überdurchschnittliche Standfestigkeit bei ausgeglichener Strohstabilität aus. Bei Zwergrost zeigt sie leichte Schwächen.


Aufgrund der höheren Vitalität der Hybriden empfiehlt der Züchter eine deutlich reduzierte Saatstärke und weist auf eine Stickstoffstrategie mit betonter Spätdüngung hin.


Wegen ihrer Wüchsigkeit sagt man den Hybridgersten eine bessere Spät­saatverträglichkeit nach. Dazu wurde im letzten Jahr in Bayern ein Versuchsvorhaben zur Spätsaatverträglichkeit von Linien- und Hybridgersten aufgelegt. Im ersten Versuchsjahr (Ernte 2013) ließen sich keine Vorteile der Hybridgersten unter Spätsaatbedingungen beobachten. Eine abschließende Bewertung ist jedoch erst möglich, wenn die Ergebnisse der nächsten zwei Jahre vorliegen.

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