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Die Gerstensorten des Nordens

Lesezeit: 8 Minuten

Wetterextreme und die Vorgaben der Düngeverordnung stellen neue Herausforderungen an die Sortenwahl. Welche Gerstensorten am besten auf Ihre Flächen passen, weiß Carsten Rieckmann, LWK Niedersachsen, Hannover.


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Wegen der widrigen Aussaatbedingungen im letzten Herbst ging die Anbaufläche von Wintergerste in Niedersachsen um rund 10000 ha zurück. Somit belief sich der Gesamtanbau auf ca. 130000 ha.


Zur anstehenden Aussaat ist jedoch wieder mit einer leichten Ausdehnung zu rechnen. Denn Wintergerste ist die einzige Wintergetreideart, die Sie nach der neuen Düngeverordnung (DüV) im Herbst noch mit Gülle oder Gärresten düngen dürfen. Hinzu kommt, dass der Bedarf an Futtergerste nach wie vor hoch ist. Die Preise scheinen auch nach der Ernte noch Luft nach oben zu haben. Und nicht zuletzt überlegen zurzeit einige Rapsanbauer auf Gerste auszuweichen. Denn auch in diesem Jahr mussten sie enttäuschende Erträge verkraften.


Ein Jahr der Extreme:

Der mehr als außergewöhnliche Vegetationsverlauf im Jahr 2018 sorgte für eine viel zu frühe Ernte, meist gegen Ende Juni. Vor allem im nördlichen und nordöstlichen Niedersachsen führte ausbleibender Regen zu erheblichen Ertragseinbußen.


In den nördlichen Regionen mit vorwiegend leichten bis sehr leichten Böden ohne Beregnung kam es zu dramatischen Mindererträgen von teils nur 15 bis 30 dt/ha. Die häufig sehr niedrigen Hektolitergewichte (hl-Gewichte)erschwerten zudem die Vermarktung der Ware. Intensiv beregnete Bestände brachten hingegen gute Erträge, die allerdings teuer erkauft werden mussten.


Auch an den klassischen Ackerbauregionen Südhannovers, deren Böden eine hohe Wasserspeicherkapazität haben, ging die Dürreperiode nicht spurlos vorbei. In diesen Gebieten lagen die Ertragseinbußen bei 15 bis20%.


Aufgrund der sehr frühen Ernte liegen die Ergebnisse der Landessortenversuche (LSV) aus diesem Jahr bereits jetzt vor. Neben zahlreichen etablierten Sorten standen sechs neu zugelassene Kandidaten im Test, darunter eine Hybridsorte. Zweizeiler spielen eher auf Sandböden eine Rolle, da sie auf den ertragsschwächeren Standorten noch mittlere Erträge bei zumeist sicheren hl-Gewichten erreichen.


Für die Sortenempfehlung gilt besonders nach diesem Extremjahr die Devise: Setzen Sie auf Sorten, die mehrjährig konstante Leistungen erzielen! Wichtige Merkmale sind vor allem Ertrag, Gesundheit, Standfestigkeit und Halmstabilität. Wer seine Gerste vermarktet, sollte zudem unbedingt auf das hl-Gewicht achten. Wie die Sorten in den LSV abgeschnitten haben, entnehmen Sie der Übersicht 1. Die Empfehlungen für die Marschregion basieren auf den Vorjahreserkenntnissen, da die aktuellen Ergebnisse bis Redaktionsschluss noch nicht vorlagen.


Empfehlung für Ihre Region

: Aus dem mehrzeiligen (mz) Sortiment eignet sich der Anbau folgender Sorten:


  • Joker bestätigte auch im Jahr 2018 die hohe Ertragsleistung in allen Anbau-regionen. Die Sorte ist doppelt gelbmosaikvirusresistent (GMV-resistent). Zu beachten sind jedoch das geringe hl-Gewicht sowie die mangelnde Standfestigkeit und Strohstabilität.
  • Quadriga überzeugte in diesem Jahr ertraglich nicht in allen Anbauregionen. Dank der mehrjährig guten Leistungen (außer in der Marsch) bleibt aber die ertragsbetonte Einstufung. Punkten kann sie darüber hinaus mit guten hl-Gewichten und hohen Marktwareanteilen.
  • KWS Kosmos präsentierte sich über die Jahre als ertragskonstante Sorte, sodass sie – bis auf die Lößstandorte Südhannovers – eine Anbauempfehlung erhält. Die winterfeste Gerstensorte erzielt einen hohen Marktwareanteil, weist aber eine Schwäche gegenüber Zwergrost auf.
  • KWS Higgins konnte die guten Vorjahresergebnisse nicht in allen Anbauregionen bestätigen. Wegen der guten Vorprüfungsergebnisse gilt die Anbauempfehlung aber weiterhin.
  • KWS Meridian und Tamina wurden auf den Lehmstandorten sowie in den Höhenlagen geprüft. Ertraglich sind sie trotz schwächerer Leistungen im Jahr 2018 für die südhannoverschen Regionen noch anbauwürdig, KWS Meridian ebenfalls in den Höhenlagen.


Von den Hybriden (Hy) erreichte 2018 die neue Sorte Galileoo die höchsten Erträge. Damit bestätigte sie die sehr gute Ertragseinstufung des Bundessortenamtes. Gegenüber Krankheiten ist sie – wie auch Toreroo – robust, lediglich die Gefahr des Ährenknickens ist zu beachten.Wootan zeigte sich über die Jahre ebenfalls ertragsstark, ist aber gegenüber Zwergrost stark anfällig.


Im Vergleich zu den ertragsstarken Populationssorten erreichen die Hybriden oft noch nicht die erforderlichen Mehrerträge von 4 bis 5 dt/ha, um die höheren Saatgutkosten zu decken. Allein die reduzierten Saatstärken kompensieren die Mehrkosten nicht. Daher erhalten die Hybriden aus wirtschaftlichen Gründen nur eine eingeschränkte Empfehlung. Einige Praktiker bauen sie auf Grenzstandorten an oder nutzen sie zur späten Aussaat auf Fuchsschwanz-Problemstandorten.


Bei den Zweizeilern (zz), die in Niedersachsen allenfalls auf ertragsschwachem Sand stehen, spielen für die Vermarktung hohe hl-Gewichte eine wichtige Rolle. Zu empfehlen sind in diesen Fällen neben der bekannten KWS Infinity auch die neuen Sorten SU Ruzena und Zita. Dabei hat sich Zita bislang als relativ gesund erwiesen. Alle drei Sorten erzielen eher unterdurchschnittliche Erträge, lediglich auf dem ertragsschwächsten LSV-Standort waren die Ergebnisse gut.


Von den fünf neu im LSV aufgenommenen Populationssorten heben sich KWS Orbit und SU Jule im Ertrag positiv hervor. Achten Sie bei KWS Orbit auf Zwergrost und bei SU Jule auf Mehltau. Mirabelle zeigte konstant gute Erträge. Die Sorte ist – ebenso wie die ertraglich wenig überzeugende Wenke – sehr gesund, standfest und strohstabil. Pixel fällt durch schwankende Ergebnisse an den Einzelorten auf. Die Schwäche in der Halmfestigkeit bedeutet ein sehr schmales Erntezeitfenster zum verlustarmen Dreschen. Bei dieser Sorte sollte man auf Netzflecken achten. Bis auf die genannten Schwächen zeichnen sich die neuen Sorten generell durch eine gute Blattgesundheit aus.


Sparen beim Fungizideinsatz?

Sorten, die in der nicht mit Wachstumsreglern und Fungiziden behandelten Stufe 1 nur geringe Ertragsverluste gegenüber der behandelten Stufe 2 aufweisen, können Sie in der Regel mit einem geringerem Pflanzenschutzmittelaufwand führen. Ökonomisch gesehen lassen sich schwächere Ertragsleistungen durch die niedrigeren Kosten beim Pflanzenschutz zumindest teilweise kompensieren. Möglich ist das mit den Sorten Sonnengold, Zita (zz), Wenke, LG Veronika, Hedwig, SU Ruzena (zz), Toreroo (Hy) und Mirabelle.


Immer standhaft bleiben:

Die Standfestigkeit der Sorten rückte in den Vorjahren und in 2018 wegen der Trockenheit zwar nicht im Fokus, dennoch bleibt das Merkmal bei der Sortenwahl wichtig. Auch wenn tendenziell anfällige Sorten mithilfe eines gezielten Wachstumsreglereinsatzes bis zur Ernte oft stehen bleiben, sollten vor allem Betriebe mit organischer Düngung nach wie vor auf standfeste Sorten setzen. Denn die N-Nachlieferung ist auf Gülleflächen nur schwer kalkulierbar.


Sehr standfest sind z.B. Hedwig und Wenke. Schwächen sind hingegen bei KWS Higgins, KWS Meridian, Joker, LG Veronika und Pixel zu befürchten.


Ein angepasster Wachstumsreglereinsatz kürzt nicht nur die Pflanzen ein, er verbessert zudem die Strohstabilität. Das senkt die Gefahr des Halm- und Ährenknickens.


Höhere Anfälligkeiten im Merkmal Halmknicken zeigen in den Versuchen häufig die etwas früher abreifenden Sorten wie Joker, KWS Higgins und vor allem die neue Gerstensorte Pixel. Aber auch KWS Keeper und KWS Meridian sind davon betroffen. Mängel in der Ährenstabilität fallen vor allem bei Hedwig, Galileoo (Hy), Wootan (Hy), Toreroo (Hy), Pixel und SU Ruzena (zz) auf.


Unterschiede im hl-Gewicht:

Neben dem Ertrag litten auch die hl-Gewichte unter der Trockenheit. In der Praxis und in den Versuchen wurde eine große Spannweite von sehr geringen bis guten hl-Gewichten ermittelt.


Um für die Sortenwahl bessere Aussagen treffen zu können, sind die diesjährigen Ergebnisse in drei Gruppen unterteilt: ertragsstarke Lehmstandorte, ertragsstarke Sandstandorte (teils Beregnung oder mit nutzbaren Niederschlägen) und leichte Sandstandorte mit Trockenstress während der Abreife. Die Ergebnisse der Sorten finden Sie in der Übersicht 2. Hier das Wichtigste:


  • Auf den Trockenstandorten traten erwartungsgemäß drastische Einbrüche auf. Bis auf wenige Ausnahmen fielen die hl-Gewichte auf unter 60 kg.
  • Von den Mehrzeilern erzielten Quadriga, Mirabelle, Wootan (Hy) und KWS Orbit die besten Ergebnisse.
  • Unter den Zweizeilern erreichten KWS Infinity, SU Ruzena und Zita die besten Werte, auch unter Trockenstress.
  • Schwächen beim hl-Gewicht zeigten Joker, Sonnengold und Wenke.


Welche Sorten sind N-effizient?

Wegen der DüV nimmt die Diskussion um N-effiziente Sorten zu. Ziel ist es, die N-Düngung in hohe Korn- bzw. Rohproteinerträge umzuwandeln, um die N-Überhänge gering zu halten. Auf Hochertragsstandorten sind eher keine Probleme zu befürchten, wohl aber auf ertragsschwachen Standorten.


Betrachtet man die N-Entzüge in der Anbauregion der Lößstandorte, lag die N-Aufnahme im Mittel bei 165 kg N je ha. Zwischen den Sorten zeigen sich Unterschiede in der N-Aufnahme von über 25 kg N/ha. Sorten, die neben hohen Erträgen auch hohe Rohproteingehalte erreichen, weisen die höchsten N-Entzüge auf. In diesem Punkt fallen vor allem die Hybridsorten positiv auf, aber auch ertragsstarke Sorten wie KWS Orbit, SU Jule und Quadriga.


Weitere wichtige Eigenschaften der Sorten entnehmen Sie der Übersicht 3.


Kontakt:


anne-katrin.rohlmann@topagrar.com

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