Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

Aus dem Heft

Droht wieder ein Gelbrost- und Septoria-Jahr?

Lesezeit: 9 Minuten

Milde Winter haben ihre Tücken: Sie begünstigen Infektionen mit Krankheiten. Wie die Situation einzuschätzen ist und wie Sie sich wappnen, erklärt Hermann Hanhart, LWK Nordrhein-Westfalen.


Das Wichtigste zum Thema Ackerbau dienstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Für Krankheiten war die Witterung im letzten Winter günstig wie selten zuvor. Feuchte Herbstwitterung und extrem milde Wintertemperaturen sorgten für hohen Ausgangsbefall im Frühjahr. In Frühsaaten konnte Septoria tritici (Septoria-Blattdürre) drei Generationen über Winter bis EC 30 ausbilden. Die Folge: massiver Ausgangsbefall auf den älteren Blättern.


Im Herbst noch unbemerkt, trat im Weizen Gelbrost ab Ende Februar auf, der sich massiv ausbreitete. Feuchte Witterung zur Blüte sorgte dann noch für eine Infektionsgefahr durch Fusarium. Beobachtungen und Versuchsergebnisse aus dem letzten Jahr zu Gelb­rost und Septoria sollen helfen, in der kommenden Saison die richtigen Entscheidungen zu treffen.


Gigantischer Gelbrost-Befall


Gelbrost ist in 2014 aufgetreten wie nie zuvor. Dabei hat sich der Befall von West nach Ost über ganz Deutschland und auch im benachbarten Ausland ausgebreitet. In den Vorjahren trat nur geringer Befall auf Einzelstandorten vor allem am Niederrhein auf. In 2012 vornehmlich in der Weizensorte Hermann, in 2013 oft in der Sorte Inspiration und in den Triticale-Sorten Dinaro und Grenado.


Im Weizen war der Befall eher unscheinbar. Fungizidbehandlungen kontrollierten ihn gut. Letztendlich hat sich hieraus aber der Ausgangsbefall für die Gelbrost-Kalamität in 2014 aufgebaut. Primärinfektionen haben im Herbst und während der milden Winterwitterung vor allem im Rheinland stattgefunden, sodass bereits im Winter erste Gelbrostnester auftraten.


Ungewöhnlich warme und vor allem sonnige Witterung mit intensivem Tau ab Ende Februar, anhaltend bis in die erste Aprilwoche, sorgte dann für günstigste Infektionsbedingungen. Bei relativ kurzer Inkubationszeit (Zeit zwischen Infektion und Ausprägung erster Symptome) von 160 ° C-Tagen baute sich über mehrere Generationen schnell starker Ausgangsbefall auf. Niederschläge im April ließen dann den Gelb-rost regelrecht explodieren.


Triticale zuerst betroffen:

Ab Anfang März war zunächst auf vielen Triticale-Schlägen in Westdeutschland (Rheinland, Emsland und im westlichen Westfalen) bereits flächendeckender Befall zu beobachten. Im Weizen zeigten einzelne Schläge im Rheinland schon um Anfang März stärkeren Befall. Vier Wochen später waren selbst in Höhenlagen von Ostwestfalen Einzelschläge massiv befallen. Da der Wind Gelbrost­sporen weit trägt, baute der Gelbrost mit Verzögerung auch in Ostdeutschland stärkeren Befall auf. Dieser erreichte aber nicht Befallsgrade wie in Westdeutschland.


Das starke Auftreten von Gelbrost beruhte nicht nur auf der günstigen Infektionswitterung. Vielmehr hat eine Veränderung im Rassenspektrum stattgefunden (siehe Kasten).


Extrem befallen waren die Sorten Akteur und JB Asano. Nachdem sich in Nordrhein-Westfalen bis zum Schoss-Beginn in vielen Beständen Befall auf den unteren Blättern gebildet hatte, explodierte in Akteur und JB Asano schlagartig der Befall um den 22. April. Durch die warme Frühjahrswitterung waren die Bestände schon ungewöhnlich weit bis EC 33 ent-wickelt.


Bei zu später Behandlung oder zu geringer Aufwandmenge zeigte sich quasi über Nacht massiver Befall auf dem kompletten Blattapparat. Die hohe Aggressivität der Warrior-Rasse (siehe Kasten) mit massiver Sporenbildung ist in den beiden Sorten voll durchgeschlagen. Weitere anfällige Weizen-Sorten sind in Übersicht 1 auf Seite 78 aufgeführt.


Im Unterschied zur letzten Gelb­rost-Epidemie Anfang der Jahrtausendwende, bei der nur drei Sorten (Brigadier, Contur, Flair) stärker betroffen waren, zeigten in 2014 viele Sorten auch stärkeren Befall. Auf Praxisschlägen und in den Landessortenversuchen konnte man besonders in der extrem betroffen en Region des Rheinlandes eine differenzierte Anfälligkeit der Sorten wie folgt beurteilen:


Akteur und Asano bilden eine Klasse für sich. Hier war der Gelbrost nur mit frühen, sehr gut platzierten Behandlungen zu kontrollieren.


  • Danach folgen Sorten wie Discus, Inspiration und noch weitere, die auch hoch anfällig sind, aber doch noch eine „Restresistenz“ besitzen. So konnte man z. B. in der Sorte Matrix extremen Befall auf den unteren Blattetagen beobachten. Dieser breitete sich aber nicht – wie bei Asano bzw. Akteur – sprunghaft auf die oberen Blätter aus.
  • Kerubino war in Süddeutschland eine der anfälligsten Sorten, im Norden aber nur mittelanfällig.
  • Dann folgen Sorten wie Elixer, in der Gelbrost aufgetreten ist. Er hat dort aber keinen starken Befall aufgebaut.
  • In den Sorten Julius, Tobak, Anapolis, Desamo und einigen weiteren ist kein Befall vorgekommen, obwohl diese Sorten in den Versuchen in Nachbarschaft zu extrem befallenen standen. Hier greift die sortenspezifische Resistenz noch voll.
  • Die Sorten Meister und Hermann, die bislang als hoch anfällig galten, wurden von der neuen Warrior-Rasse fast nicht befallen.


Bei den Triticale-Sorten ist SU Agendus die mit Abstand anfälligste Sorte (siehe Übersicht 2). Grenado und Dinaro zeigten auch flächendeckend starken Befall, gefolgt von Sliverado. Die Sorten Adverdo und vor allem Tulus sind im Moment noch als resistent zu betrachten.


Hoher Gelb­rostbefall führt zu enormen Ertragsverlusten. So haben wir in unseren Versuchen bei vollkommener Ausschaltung des Befalls Mehrerträge von über 60 dt/ha erreicht. Trotz der hohen Aggressivität der neuen Warrior-Rasse erzielten die Fungizide sehr gute Wirkungsgrade. Eine nachlassende Wirkung konnten wir nicht feststellen.


Wegen des sehr frühen, massiven Gelb­rost-Auftretens bestand in der Praxis aber eine Unsicherheit über den Erstbehandlungstermin. Im Rheinland haben Landwirte vereinzelt schon in der Bestockungsphase um Ende Februar mit Fungiziden behandelt.


Triticale dreimal behandelt:

Daraufhin hat die LWK Nordrhein-Westfalen in Triticale auf zwei Standorten ein Versuchsprogramm mit unterschiedlichen Behandlungsterminen und -häufigkeiten durchgeführt. Bei Einfachanwendungen von 0,9 l/ha Ceralo brachte der Einsatz in EC 31 am 9. April die beste Wirkung mit Mehrerträgen von knapp 33 dt/ha.


Bei den Versuchen zur Strategie in Triticale ergab sich Folgendes: Bei hohem Befall mit 50 % Gelbrost sind mehrere Behandlungen erforderlich, um neu zu wachsende Blätter mit erneuter Behandlung zu schützen. Das Optimum wurde mit drei Behandlungen, angefangen in EC 30, bei einem Mehrertrag von 61 dt/ha erreicht (siehe Übersicht 3). Neben Gelbrost sind zur Korneinlagerung noch Septoria nodorum und Microdochium nivale als Blattbefall aufgetreten. Alle Krankheiten wurden sehr gut kontrolliert.


Eine extrem frühe Behandlung noch in der Bestockungsphase bringt keinen Nutzen. Vier Behandlungen erzielten wirtschaftlich schlechtere Mehrerträge.


In wenigen Einzelfällen war in Spät­saaten, die Anfang März erst drei bis vier Blätter entwickelt hatten, aber schon stark mit Gelbrost befallen waren, eine Behandlung mit z. B. 0,5 l/ha Orius zwingend notwendig. Der Gelb­rost hat dem Getreide auf schwachen Sandstandorten deutlich stärker zugesetzt als auf besseren Böden. Bei nahezu gleichem Befall ließen sich mit wirksamen Gelbroststrategien auf Sandböden um 20 dt/ha höhere Mehr-erträge erzielen als auf besseren Lehmböden.


Aus den Ergebnissen weiterer Triti­cale- und Weizenversuche können wir deutlich ablesen, dass die Kontrolle von Gelbrost weniger ein Problem der richtigen Produktwahl, sondern vielmehr eine Terminfrage ist. Die Ergebnisse einer Versuchsserie auf drei Standorten (2 x Sorte Asano, 1 x Sorte Matrix), auf denen sehr früh starker Gelbrostdruck aufgetreten ist, entnehmen Sie Übersicht 4 auf Seite 80. Die Kontrollparzellen waren drei Wochen vor der normalen Reife abgestorben. Neben Gelbrost entwickelte sich noch geringer Befall durch Septoria tritici, der aber ohne Einfluss auf den Ertrag blieb. Die Abschlussbehandlung haben wir nicht variiert und in allen Versuchsgliedern bis auf die Kontrolle mit 2,5 l/ha Osiris zur Blüte durchgeführt.


Die erste Behandlung erfolgte um Mitte April in EC 31, die zweite in EC 34 Ende April. Unter „worst-case-Bedingungen“ wurde der Gelbrost mit drei Behandlung gut kontrolliert. Die Wirkungsgrade betrugen bis zu 92 % und die Mehrerträge bis 38 dt/ha (Durchschnitt aus drei Versuchen). Überraschend ist die gute Wirkung der frühen Behandlung mit Cirkon. Gleiches haben wir in weiteren Versuchen beobachten können. Selbst Agent zeigte gute Wirkungen, wenn es früh eingesetzt wurde. Auch Carboxamid-Kombinationen sind gut gegen Gelbrost wirksam. Sie bringen aber auf Standorten, auf denen Gelbrost dominant auftritt, keine Vorteile.


Wenn man zu spät bei hohem Befall in EC 34 erstmalig behandelt, lässt sich das volle Ertragspotenzial nicht mehr ausgeschöpfen. In der Versuchsserie waren nur noch Wirkungsgrade von 69 % möglich. Obwohl gute Produkte den sporulierenden Gelbrost komplett abtöten, ist die zerstörte Blattmasse verloren. Bei Behandlungen vor EC 31 hat das keinen Einfluss auf den Ertrag, da die unteren Blattetagen nicht zur Ertragsbildung beitragen. Wenn aber erst in EC 33 behandelt wird, können 1 bis 1,5 Blätter fehlen.


Aus den Erfahrungen zum Gelbrost lässt sich Folgendes festhalten:


  • Verspätete Behandlungen in den vollen Rost sollten bewusst nicht erfolgen. Die sporenabtötende Wirkung der Fungizide sollte man nur dann nutzen, wenn man die Krankheit unterschätzt hat. Hierfür sind sehr viele Fungizide geeignet. Auch Prothioconazol bringt eine sehr gute Leistung. In unseren Versuchen zeigte sich nur ein Unterschied in der Wirkungsgeschwindigkeit.
  • Bei gut formulierten, potenten Produkten, wie z.B. Diamant, ist nach 4 bis 5 Tagen der Gelbrost abgestorben.
  • Bei langsameren Wirkstoffen/Produkten, wie z. B. Proline, dauert dies 8 bis 10 Tage.
  • Nur Cyprodinil, Difeno­conazol, Propiconazol und Prochloraz besitzen keine vollständige sporenabtötende Wirkung. Sie sind für späte Behandlungen in den vollen Rost nicht geeignet.
  • Fenpropidin, vor allem Fenpropimorph und Spiroxamine unterstützen die Wirkgeschwindigkeit der guten Azole.
  • Strobis bringen vor allem eine sehr gute vorbeugende Wirkung.
  • Die Kurativwirkung der besten Produkte erstreckte sich bei früheren Gelb­rostrassen fast auf die komplette Inkubationszeit. Das heißt: Mit voller Aufwandmenge ließen sich noch nicht sichtbare Gelbrost-Infektionen komplett stoppen.


Ob das auch in der kommenden Saison noch gilt, konnten wir in 2014 nicht sicher überprüfen. Denn aufgrund der vielen Gelbrost-Infektionen war der genaue Infektionstermin nicht zu bestimmen. Oft hörte man aus der Praxis, dass einige Tage nach der Behandlung deutlicher Neubefall aufgetreten war. Meistens wurden aber nicht volle Aufwandmengen eingesetzt. Aus Vorsicht sollte deshalb besser nur eine reduzierte Kurativleistung von etwa 130 °C-Tagen auch bei den besten Produkten mit hoher Aufwandmenge einkalkuliert werden.


Gelbrost-Gefahr in 2015?

Ob in 2015 wieder mit Gelbrost zu rechnen ist, kann keiner sicher vorhersagen. Die Erfahrung aus den Vorjahren zeigt aber, dass oftmals nach einem Jahr mit Gelb­rost-Kalamität noch mehrere folgen. Ursache dafür ist hoher Ausgangsbefall im Umfeld. So findet man momentan sehr hohen Befall auf Ausfallgetreide, der dem Gelbrost die grüne Brücke optimal ermöglicht. Nur flächendeckender harter Kahl­frost über Winter könnte die Situation entschärfen.


Von Gelb­rostbefall in Grasbeständen geht wahrscheinlich keine Gefahr aus. Entgegen der Lehrbuchmeinung konnte in Infektionsversuchen des Julius Kühn-Instituts keine Infektion des Getreides durch Gelbrost­sporen aus Grasbeständen nachgewiesen werden.

Die Redaktion empfiehlt

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.