Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

Aus dem Heft

Im Forst der alten Eichen

Lesezeit: 6 Minuten

Der Forstbetrieb Rothenbuch gehört zu den Bayerischen Staatsforsten. Er ist die erste Adresse, wenn es um uralte Eichen geht – und um das Fortsetzen der Tradition.


Das Wichtigste zum Thema Ackerbau dienstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Wenn Sie echte, alte Spessarteichen sehen wollen, müssen Sie zum Forstbetrieb Rothenbuch, wurde uns bei den Recherchen mehrfach empfohlen. Vor allem in Süddeutschland gilt das als erste Adresse, wenn man sich für Eichen interessiert.


Der Leiter, Jann Oetting, empfängt uns im ältesten Forstbetrieb Bayerns. Er nennt uns die Eckzahlen des Betriebes und diese sind beeindruckend: 17000 ha Fläche, nahezu arrondiert, aufgeteilt auf 10 Reviere. Rund 75% der Fläche sind Laubwald, und rund auf einem Viertel der Gesamtfläche stehen Eichen. Damit verfügt Rothenbuch über einen der größten Eichenbestände Deutschlands, und davon ist ein guter Teil älter als 400 Jahre.


Jann Oetting sagt, dass die Eiche im Spessart seit etwa 1000 n. Chr. gezielt gefördert wurde, vor allem aus Gründen der (adeligen) Jagd und als Baustoff. Er hält die Theorie zur Entstehung der starken, etwa 400-jährigen Bestände im Zusammenhang mit dem Dreißigjährigen Krieg für sehr wahrscheinlich. Dazwischen gibt es eine Art „Eichenlücke“, die bis zu Beständen reicht, die heute etwa 230 Jahre alt sind. Ab diesem Zeitpunkt haben sich die Waldeigentümer im Spessart aktiv um die Verjüngung dieser Baumart gekümmert.


Dichte Eichensaaten:

Typisch auch für Rothenbuch sind die dichten Eichensaaten, die teils auch nach dem zweiten Weltkrieg noch auf bis zu 30 ha großen Parzellen angelegt wurden. Jann Oetting stellt fest, dass die Eiche im Spessart „ein hoch künstliches System“ ist, denn die Buche wächst hier bei 1000 mm Jahresniederschlag im Optimum. Die lange waldbauliche Tradition ist der wahre Grund für die bekannten Eichenbestände. Denn die Eiche muss permanent gegen die Buche kämpfen. Hier sieht Betriebsleiter Oetting übrigens einen grundsätzlichen Konflikt seines Betriebes mit den Waldideen der Naturschutzverbände: Überlässt man die Bestände komplett der Natur und verzichtet auf jeglichen Eingriff, wird die Buche die Spessarteiche verdrängen, ist Jann Oetting fest überzeugt.


Der PEFC-zertifizierte Betrieb Rothenbuch hat ein ähnliches Naturschutzkonzept wie der Stadtwald. Über 1300 ha, also rund 8% der Gesamtfläche, sind aus der Nutzung genommen. Es gibt im Schnitt 7,6 Biotopbäume pro Hektar, zehn sollen es langfristig werden.


Ein Teil der einmaligen Eichenaltbestände ist ebenfalls „Naturschutzklasse 1“, wurde also vor einigen Jahren komplett aus der Nutzung genommen. In Rothenbuch macht das immerhin ganze 300 ha aus. Der Betriebsleiter zeigt uns dort Bestände mit Bilderbucheichen: 400 bis 450 Jahre alt, 30 m Schaft, keine Äste, kein Drehwuchs – nichts!


Forstexperte Oetting gibt zu, dass ihm das Stilllegen ordentlich weh tut: „Wir nehmen in Kauf, dass die Buche diese Eichen vergleichsweise schnell totwächst.“ Er zeigt uns eine prächtige Alteiche – und eine Buche ist ihr bereits „dicht auf den Fersen“. Jann Oetting schätzt, dass es in vielen der stillgelegten Eichenbestände kaum 50 Jahre dauern wird, bis die Eichen unter dem Buchenschirm absterben. Er stellt offen die Frage, ob man diese einmaligen Bestände der Idee einer naturbelassenen Waldwirtschaft „opfern“ sollte, die vielleicht in 50 Jahren wieder mit ganz anderen Augen gesehen werden wird. Dann wäre es allerdings für diese dann fast 500 Jahre alten Eichen zu spät.


Das Thema treibt ihn grundsätzlich an: „Können wir uns es leisten, bei einem realen Holzbedarf große Flächen aus der Nutzung zu nehmen, auf denen bisher sehr nachhaltig und naturnah gewirtschaftet wurde? Woher kommt dann das Holz? Sind diese Quellen dann genau so nachhaltig wie bei uns? Oder fördern wir so indirekt den Raubbau in den Exportländern?“


Der Betriebsleiter steht der naturnahen Waldwirtschaft alles andere als ablehnend gegenüber. So setzt er in seinem Betrieb ein Totholzkonzept konsequent um. Die Bayerischen Staats-forsten streben langfristig bis zu 40 fm/ha Totholz in Klasse 2-Beständen (140 bis 180 Jahre) an. Laut Inventur liegt der Totholzvorrat in Rothenbuch bei durchschnittlich 19,7 fm/ha. Und einige Teile erreichen bereits knapp 30 fm/ha.


Jann Oetting findet den ökologischen Wert der Eichen beeindruckend: Allein die Zahl der auf der Eiche lebenden Schmetterlingsarten sei mit 205 fast drei Mal so hoch wie auf der Buche (72 Arten). Dazu kommen viele Käfer, Insekten sowie Moose, Flechten und Pilze. In der 5000 Jahre dauernden Eichenzeit bis ca. 2500 v. Chr. haben sich viele Arten auf diesen Baum eingestellt. Die Buchenzeit begann erst zu diesem Zeitpunkt.


Neben der Saat setzt der Betrieb auf Naturverjüngung und teils auf die Pflanzung von Eichen. Wie im Stadtwald kommt dabei der Kontrolle des Wildbestandes große Bedeutung zu.


Schwierige Jagd:

Die Jagd ist alles andere als einfach: Die Wilddichte ist ohnehin nicht sehr groß – im Schnitt erlegt Rothenbuch 3,6 Rehe pro 100 ha, dazu kommen 1,1 Stück Rotwild und 5,7 Stücke Schwarzwild. Eine Ansitzjagd ist in den dichten Beständen eher schwierig. Im Spessart setzt man deshalb oft auf Stöberjagden mit Hunden über große Flächen und mit vielen Teilnehmern.Inventuren ermitteln die Verbissschäden und beeinflussen das Abschussziel. 90% der Fläche wird vom Forstbetrieb in Regie bejagt, nur 10% sind verpachtet. Aber auch dort halten die Förster die Pächter an, ihre Quoten zu erfüllen.


Man merkt Jann Oetting an, dass er sich intensiv um einen waldverträglichen Wildbestand kümmert. Bei unserer Fahrt durch seinen Betrieb laufen uns prompt drei Rehe über den Weg, was dem Förster überhaupt nicht gefällt.


Auch in Rothenbuch entwickelt man die Reinbestände zu Mischbeständen. In den Eichenwäldern ist ein Buchenanteil in der Oberschicht von rund 30% durchaus willkommen, auch um es den blattfressenden Insekten nicht zu kommod zu machen.


Auch wenn die Buche ein starker Konkurrent ist und sie durch die Naturschutzkonzepte derzeit an einigen Stellen einen Wettbewerbsvorteil bekommt: Jann Oetting sieht vor allem die Eiche als gut gerüstet für den Klimawandel. Sie ist eher wärme- und trockentolerant als andere Bäume. Sie ist damit besser vorbereitet als die empfindliche Fichte und zusammen mit Lärche und Douglasie die ideale Mischbaumart mit der Buche. Und so ist der Förster überzeugt, dass das Spessartkonzept auch noch in 400 Jahren für gesunde Bestände mit hohen Holzqualitäten sorgt.


-gh-

Die Redaktion empfiehlt

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.