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Pastinake: Eine von 60 Kulturen

Lesezeit: 7 Minuten

Das Wurzelgemüse sorgt bei Biolandwirt Martin Meiwes für optimal ausgelastete Maschinen und ganzjährig beschäftigte Mitarbeiter. Auch die Kunden in seinem Hofladen wollen auf das Wintergemüse nicht mehr verzichten – noch nicht einmal im Sommer.


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Möhre oder Pastinake? Für viele Landwirte in Deutschland ist das keine Frage. Sie setzen auf die Möhre. Nicht so bei Biolandwirt Martin Meiwes aus dem ostwestfälischen Detmold (Nordrhein-Westfalen). Vor sechs Jahren entschied er sich für die cremefarbene bis gelbliche Wurzel und gegen die Möhre. „Ich hätte den Möhrenanbau sonst ausweiten müssen, um den Biogroßhandel weiter bedienen zu können“, erklärt der Betriebsleiter. „Das wollte ich nicht. Nicht zuletzt, da die Qualitätsansprüche meist sehr hoch sind, der Preis für das Gemüse jedoch eher niedrig.“


Die als Babynahrung und Suppengemüse beliebte Pastinake muss dagegen optisch nicht so brillieren. Auch der Preis macht sie für den Bioland-Betrieb interessant. „Beim Großhandel erziele ich im Schnitt doppelt so viel wie für Möhren“, berichtet Meiwes, der sich den Absatz mit einem weiteren Betrieb teilt. In seinem Hofladen und auf den Wochenmarktständen ist die mineralstoffreiche Wurzel ebenfalls gefragt und ergänzt sein Gemüse- und KräuterAngebot ideal. Weitere Vorteile des Wurzel- und Wintergemüses sind für Meiwes, dass er seine Spezialmaschinen gut auslastet und für viele seiner Mitarbeiter ganzjährig Arbeit hat.


Robust und genügsam:

Der Pastinakenanbau ist dem von Möhren sehr ähnlich. Günstig ist, dass der robuste Doldenblütler nur wenig Last mit Krankheiten und Schädlingen hat. „In geschützten Lagen befallen zwar mal Möhrenfliegen die Kultur“, berichtet der Landwirt. „Auch Kopffäulen treten je nach Jahr vereinzelt auf, bereiten aber nur wenig Probleme.“ Zudem braucht sie in Meiwes Fruchtfolge, in der eine ein- bis zweijährige Gründüngung eingeplant ist, keine weiteren Nährstoffe. Als schwach zehrende Kultur steht sie darin oft am Ende nach Kohl.


Auch an den Standort stellt das Gemüse aus Mitteleuropa keine hohen Ansprüche. Nur verdichteten und staunassen Boden schätzt sie nicht. Darüber muss sich Martin Meiwes auf seinen Flächen aber keine Sorgen machen. So kann er das Wurzelgemüse jedes Jahr auf einem anderen Schlag anbauen. Dazu legt er bereits im Herbst begrünte oder unbegrünte Winterdämme (Abstand 60 cm) mit einer abfrierenden Kultur an. Diese bearbeitet er im Frühjahr für ein optimales Saatbett nur noch leicht. Die Bodenbearbeitung und meisten Pflegearbeiten sind auf das Dammkultursystem nach Turiel ausgerichtet. Dabei wird der Boden aufgehäufelt und nur wenig gewendet. Basis ist ein Rahmen, an dem sich verschiedene Werkzeuge befestigen lassen. Durch den Boden gezogene Grindel führen das Gerät und die darauf abgestimmte Sämaschine.


Lieber später säen:

Vor allem auf die Saat legt Meiwes großen Wert. Denn diese beeinflusst ein zügiges Wachstum der jungen Kultur sowie die Größe der Wurzel und deren Wuchsform, die über die Vermarktung entscheiden. Die frosttolerante Kultur früh zu säen, hat sich auf seinen mittleren bis schweren Lehmböden nicht bewährt. „In der ersten Aprilhälfte waren die Böden einfach noch zu kalt“, so der Landwirt. „Von der Saat bis zum Auflaufen vergingen bis zu vier Wochen.“ Bei den neuen Saatterminen um Anfang Mai sind es nur noch ca. zwei Wochen, schätzt er.


Die höheren Temperaturen bei späterer Saat sorgen auch dafür, dass das schlecht keimfähige Saatgut einen besseren Start erwischt. „Es ist sehr wichtig, dass es nur wenig Ausfälle gibt und die Abstände in der Reihe gleichmäßig sind“, erklärt Meiwes. „So kommt es kaum zu übergroßen Pastinaken, die ich als billigere Industrieware verkaufen muss.“ Im Schnitt sind dies ca. 10 bis 15% seiner Ernte. Auch Seitenwurzeln treten auf seinen 2 ha Anbaufläche seltener auf.


Wegen seiner Spätsaat wählt Meiwes Sorten – meist Hybride – mit kurzer Wachstumszeit. Auch eine zeitige Ernte ist so möglich. „Ich muss die Wurzel vor November aus dem Boden haben“, so seine Erfahrung. „Sonst lässt sie sich kaum noch rausziehen, da das Laub schnell welkt.“ Zudem klebt dann oft viel Erde am Gemüse.


Den wie eine Scheibe geformten Samen legt der Landwirt mit der Einzelkornsämaschine ab. Da dieser mit einem TKG von 4 bis 5 g sehr leicht ist, heften häufig mehrere Samen an den Zellen der Vereinzelungsscheibe. Da der Abstreifer dies nicht verhindern kann, setzt der Ausbildungsbetrieb auf mit Gesteinsmehlen pilliertes Saatgut. „Das ist allerdings teurer und benötigt etwas mehr Feuchtigkeit zum Keimen“, ergänzt Meiwes.


Bislang liegen 370000 Samen auf einem Hektar, die Meiwes im Abstand von 5,5 cm in die Dämme drillt. Im Schnitt haben seine Pastinaken so einen Kopfdurchmesser von 6 bis 7 cm. Künftig will Meiwes eher noch enger säen, um trotz der schlechten Keimfähigkeit der Samen dichtere Bestände zu erzielen.


Heiße Zeiten nach der Saat:

Damit Melde, Vogelmiere oder Franzosenkraut der jungen Pastinake nicht in die Quere kommen, sorgt Meiwes mit verschiedenen Maßnahmen für einen möglichst unkrautfreien Acker. So lange das Wurzelgemüse noch nicht aus dem Damm hervorspitzt, flämmt er die Unkräuter ein- bis zweimal ab. „Man muss genau hinsehen, um die jungen Pastinaken davon zu unterscheiden“, erklärt Meiwes. Erschwerend kommt hinzu, dass die Kultur verzettelt aufläuft. „Ich muss daher immer an mehreren Stellen im Feld kontrollieren, ob ich das Abflammgerät noch kulturverträglich einsetzen kann.“


Nach dem Auflaufen kommen verschiedene Hacken, auch in Kombination, zum Einsatz. Sehr gut gefällt Meiwes die Fingerhacke, die zwischen und in der Reihe arbeitet. Je nach Unkrautdruck wird zusätzlich per Hand gejätet. „Wir hacken und jäten so lange, bis der gefiederte Blattapparat die Reihen im Juli geschlossen hat“, ergänzt er. Dann wird es auf seinem Pastinaken-Acker bis zur Ernte – meist im Oktober – ruhig.


Ab September verfolgt Martin Meiwes genau, wann das Gemüse die gewünschte Größe erreicht hat. Ein früher Erntestart ermöglicht es ihm, einen Teil der Ware auch direkt vom Feld zu verkaufen. Zudem kompensiert der höhere Preis zu Saisonbeginn den anfangs geringeren Ertrag. Im Schnitt erntet der Biolandwirt 30 bis 40 t/ha.


Um die Wurzeln aus dem Boden zu holen, bevorzugt er seinen angehängten Klemmbandroder. „Die dünnhäutige Wurzel wird dabei nicht so leicht beschädigt wie beim Kartoffelroder“, stellte er fest. Die Maschine mit Rodeschar unter der Pflanzenreihe arbeitet dabei wie folgt: Sie klemmt das Laub im Roderiemen ein, zieht die ganze Pflanze heraus und transportiert sie schräg nach oben. Dort schneiden Messer die Blätter ab, die auf den Acker zurückkommen. Bei Meiwes gelangen die Wurzeln über ein Förderband in Großkisten mit bis zu 700 kg. In diesen bringt er die Pastinaken direkt ins Kühlhaus. Ein weiterer Reinigungsgang erfolgt nur, wenn zu viel Erde anhaftet. Bei 0°C und 100% Luftfeuchte lässt sich das Gemüse bis zu einem halben Jahr lagern.


Doch ganz so reibungslos, wie beschrieben, läuft der Anbau in Ostwestfalen nicht immer. „Letztes Jahr musste ich sogar zweimal säen, da die Kultur nicht sauber auflief“, berichtet Meiwes. „Lohnt sich der Anbau nicht mehr, z.B. wegen neuer Vorgaben des Großhandels, würde ich ihn auch wieder einstellen und Pastinaken zukaufen“, blickt er in die Zukunft. Eine neue Kultur für seinen Acker hat er dabei sicherlich bereits im Kopf.Anne Borchert

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