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Raps: Wann sich die Blütenbehandlung lohnt

Lesezeit: 8 Minuten

Feuchtkühle Witterung und enge Fruchtfolgen fördern Sklerotinia. Wann Sie handeln müssen, erklärt Christian Wolff, Landesanstalt für Landwirtschaft Sachsen-Anhalt, Bernburg.


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Der Fungizideinsatz während der Blüte zählt längst zu den Standardmaßnahmen im Winterraps. Er ist jedoch nicht in jedem Falle wirtschaftlich. Die Behandlung zielt vor allem auf die Bekämpfung von Sclerotinia sclerotiorum (Weißstängeligkeit). Dieser Pilz kann unter bestimmten Voraussetzungen hohe Ertragsverluste von bis zu 20 oder 30 % verursachen. Mehr über den Schadpilz lesen Sie im Kasten auf Seite 69.


Vor oder auch nach der Rapsblüte kommt es nur in Ausnahmefällen zu erfolgreichen Infektionen. Die Intensität des Befalls schwankt von Jahr zu Jahr und auch regional stark. Engere Rapsfruchtfolgen, der Anbau anderer Wirtspflanzen, wie z. B. Leguminosen, Sonnenblumen, Kartoffeln, Bohnen, sowie einige Unkrautarten und stärkerer Befall in den Vorjahren erhöhen das Befallsrisiko. Diese Bedingungen führen dazu, dass sich Sklerotien im Boden anreichern. Eine 4- bis 5-jährige Fruchtfolge der Sklerotinia-anfälligen Kulturen kann das Befallsrisiko dagegen deutlich senken.


Jahre mit starkem Befall sind – zumindest unter den Bedingungen des mitteldeutschen Trockengebietes – eher selten (s. Übersicht 1). Der Anteil befallener Pflanzen lag auf unseren Kontrollschlägen in der Mehrzahl der Jahre auf niedrigem Niveau. Lediglich 2007 gab es auf einer Reihe von Schlägen stärkeren Befall. Dieser war meist Folge später Infektionen gegen Blühende, häufig erst nach der Blüte. Ähnliche Beobachtungen liegen auch bei den Pflanzenschutzdiensten in Brandenburg, Sachsen und Thüringen vor. Diese haben allerdings auf den Beobachtungsflächen keine Spritzfenster angelegt.


Gefährdete Schläge:

Trotz des häufig geringen Befallsdrucks werden die meisten Schläge behandelt. Bei den Kontrollschlägen des Pflanzenschutzdienstes Sachsen-Anhalt lag der Anteil der behandelten Flächen im Jahr 2012 bei 86 %. Es können aber auch in Jahren mit einem insgesamt geringeren Befallsdruck einzelne Schläge stärker befallen werden, weil neben der Witterung eben auch das Infektionspotenzial auf dem Raps-Schlag selbst oder in der unmittelbaren Umgebung entscheidend sein kann und nicht zwingend Niederschläge für eine erfolgreiche Infektion erforderlich sind. Taubildung in ungünstigen Lagen reicht dafür aus.


Sortenunterschiede bei der Anfälligkeit gegenüber Sklerotinia gibt es kaum. Eine geringe Pflanzenhöhe während der Blüte kann die Infektionen ­begünstigen. Es wird zum Teil über ein höheres Infektionsrisiko für stark eingekürzte Bestände und auch für Halbzwerghybriden berichtet. Eigene Untersuchungen liegen uns dazu jedoch nicht vor.


Um eine ausreichende Wirkung zu erzielen, müssen Sie wirksame Präparate während der Infektionsphase, also vor dem Sichtbarwerden von Symptomen, prophylaktisch (vorbeugend) einsetzen. Weil die Dauerwirkung der Mittel begrenzt ist (meist bei ca. 14 Tagen), müssen Sie die Bedingungen für das aktuell mögliche Infektionsgeschehen berücksichtigen. Behandlungen möglichst nahe am Infektionszeitpunkt erhöhen den Wirkungsgrad.


Sklerotien-Depot anlegen!

Hilfreich ist das Anlegen von Sklerotien-Depots. Damit können Sie das Keimen der Sklerotien bzw. die Bildung von Apothecien vor Ort beobachten. Dies gibt Aufschluss über die aktuelle Infektionsgefahr. Diese Beobachtungen können Sie auch auf vorjährigen Rapsschlägen, auf denen aktuell in der Regel Weizen steht, durchführen. Finden sich keine reifen Apothecien während der Blüte, so ist die Infektionsgefahr eher gering.


Außerdem bieten die Pflanzenschutzdienste das bekannte Prognosemodell SkleroPro auf ihrer Online-Plattform www.isip.de an. Prognosemodelle dienen der Entscheidungsunterstützung. Sie nehmen Ihnen aber nicht die Entscheidung ab. Sie müssen immer auch Ihre eigenen Erfahrungen in die Behandlungsentscheidung einfließen lassen.


Wirtschaftliche Mehrerträge:

Bei den seit einiger Zeit hohen Rapspreisen kann der Verzicht auf die Blütenbehandlung rasch zu negativen Ergebnissen führen. Bei angenommenen Behandlungskosten von 60 €/ha, einem Rapspreis von 42 € je dt, einem erwarteten Ertrag von 45 dt/ha und Durchfahrverlusten von 2 % werden lediglich 2,3 dt/ha Mehrertrag zur Deckung des Aufwandes benötigt. Niedrigere Rapspreise erhöhen diesen Wert. Bei einem niedrigeren Ertragsniveau wird die Wirtschaftlichkeit eher erzielt.


Diesen für die Wirtschaftlichkeit notwendigen Mindestmehrertrag haben wir im Jahr 2012 in den Ringversuchen von Brandenburg, Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt mit 2,3 dt/ha (-1,2 bis 5,4 dt/ha) im Durchschnitt von 8 Versuchen und jeweils 9 behandelten Varianten erreicht. Die Fungizidmaßnahmen waren damit wirtschaftlich. Die Befallshäufigkeiten mit Sklerotinia variierten von Standort zu Standort stark. Die Befallsstärke hingegen war selbst in den unbehandelten Kontrollen meist gering. In den Versuchen haben wir verschiedene Fungizide zur Vollblüte verglichen. Einige Präparate waren noch nicht zugelassen. Wir haben jeweils die volle Aufwandmenge eingesetzt.


Am Standort mit dem höchsten Mehrertrag (Kranepuhl/Brandenburg) betrug die Befallshäufigkeit in der unbehandelten Kontrolle bei der Abschlussbonitur 41 %. In den zur Vollblüte behandelten Varianten waren nur durchschnittlich 15 % der Pflanzen befallen. Am Standort Friemar/Thüringen hingegen blieben selbst die Pflanzen in der unbehandelten Kontrolle nahezu befallsfrei (Befallshäufigkeit 1 %). Die Behandlungen führten hier nicht zu Mehrerträgen.


Probleme bei Spätbefall:

Dass der Fungizideinsatz in der Blüte nicht in jedem Fall den Sklerotinia-Befall ausreichend erfasst, zeigte das Ergebnis am Standort Kirchengel/Thüringen. Hier waren im Entwicklungsstadium EC 75 zunächst nur wenige Pflanzen mit Sklerotinia befallen. Bei der Bonitur im EC 85 (gut zwei Wochen später) zeigten insgesamt 84 % der Pflanzen der unbehandelten Kontrolle entsprechende Symptome. Es kam offenbar zu Spätbefall bzw. zu einem späten, raschen Befallsanstieg. Die Fungizide konnten den Befall nicht ausreichend kontrollieren. Sie erzielten nur einen durchschnittlichen Wirkungsgrad von ca. 20 %. Die Mehrerträge des Rapses fielen auf diesem Standort mit 2,0 dt/ha bezogen auf den Endbefall relativ gering aus.


Die Mehrerträge, die die jeweiligen Fungizide an den 8 Versuchsstandorten erzielten, entnehmen Sie der Übersicht 2. Die Wirkungsunterschiede der Präparate auf die Befallsstärke sind in Übersicht 3 dargestellt. Dazu ist anzumerken, dass sich aus einem einjährigen Ergebnis die Vorzüglichkeit einzelner Präparate nicht ableiten lässt. Die Ertragsunterschiede ließen sich statistisch nicht absichern. Es zeigte sich, dass die Behandlungen zur Vollblüte leicht besser als die Proline-Behandlung zu Blühende abschnitt.


Versuche in 2010 und 2011:

Die Ergebnisse der Ringversuche 2010 und 2011 sahen wie folgt aus:


  • Im Jahr 2010, in dem wir ebenfalls mehrere Fungizide zur Blütenbehandlung miteinander verglichen haben, lag der durchschnittliche Mehrertrag bei 1,5 dt/ha. Die Befallswerte für Sklerotinia variierten auch in diesen Versuchen stark. Die höchsten Ertragszuwächse (Bernburg/Sachsen-Anhalt und Arnsdorf/Sachsen) waren bei eher durchschnittlichem Sklerotinia-Befall von 12,0 bzw. 13,5 % in der Kontrolle zu verzeichnen. Auch die Befallsstärke war nicht sonderlich hoch.


In Kirchengel/Thüringen gab es auch 2010 Spätinfektionen. Diese führten noch zu einer Befallshäufigkeit von ca. 90 % und einem Befallsstärkeindex von 2,1 in der unbehandelten Kontrolle. Die Fungizidmaßnahmen hatten hier kaum noch Einfluss auf die Krankheit. Sie reduzierten die Befallshäufigkeit nur auf 78 % und den Befallsstärkeindex auf 1,9. Die Mehrerträge lagen bei nur 1,4 dt/ha. In Rohrberg/Sachsen-Anhalt trat kaum Sklerotinia-Befall auf (0,4 % Befallshäufigkeit in der Kontrolle). Der Ertragszuwachs war hier noch geringer.


  • Die anhaltende Trockenheit im Frühjahr 2011, die bis Mitte/Ende Juni anhielt, führte in dem Jahr zu einem nur sehr geringen Sklerotinia-Auftreten (0 und 16 % Befallshäufigkeit) in den unbehandelten Kontrollen. Die Ertragsunterschiede durch Blütenbehandlung waren durchweg gering. Sie lagen sogar im negativen Bereich! An einigen Versuchsstandorten wurden zwar Apothecien festgestellt. Diese vertrockneten jedoch, bevor es zur Bildung der Ascosporen kommen konnte.


Fazit aus den Versuchen:

Die Ertragsdifferenzen nach Blütenbehandlung schwankten in den Versuchsjahren 2010 bis 2012 über alle Behandlungsvarianten (insgesamt 22 Varianten) von – 2,3 dt/ha bis +5,4 dt/ha. Im Durchschnitt lagen sie bei bei 1,7 dt/ha. Die Blütenspritzungen erzielten zwar durchschnittlich Mehrerträge, diese waren jedoch im Durchschnitt nicht kostendeckend. An 4 Standorten haben wir sogar negative Ertragsdifferenzen ermittelt. Diese sind zwar nicht zwingend auf die Fungizidmaßnahmen zurückzuführen, sie drücken aber das Gesamtergebnis.


Empfehlung für die Praxis:

Das Auftreten von Sklerotinia hängt sehr stark vom jährlichen Witterungsverlauf, aber auch von anderen, schlagspezifischen Faktoren, ab. Planen Sie den Fungizideinsatz zur Rapsblüte daher sorgfältig. Legen Sie den Behandlungstermin möglichst nah an den Infektionszeitpunkt! Vor allem bei einer verzögerten, langanhaltenden Blüte (kühle Witterung) ist dies von entscheidender Bedeutung., um eine möglichst gute Wirkung zu erzielen.


Eine Auswahl derzeit zur Blütenbe-handlung zugelassener Fungizide entnehmen Sie Übersicht 4. Erfahrungsgemäß bieten Proline, Cantus Gold oder Prosaro eine hohe Wirkungssicherheit. Der Soloeinsatz von Ortiva ist nach unseren Erfahrungen, auch aus Praxisbeobachtungen im Jahr 2012, nicht zu empfehlen. Mehr Sicherheit gegen Sklerotinia bietet hier die Mischung Ortiva + Proline.


Auch 2013 kommen neue Mittel auf den Markt. Mit Propulse wurden bereits im letzten Jahr erste positive Erfahrungen gesammelt. Die Zulassung für die Acanto (Picoxystrobin, 1,0 l/ha) und Custodia (Azoxystrobin + Tebuconazol, 1,0 l/ha) wird erwartet. Für das Mittel Ampera (Prochloraz + Tebuconazol) wird eine Zulassungserweiterung gegen Sklerotinia im Raps erwartet.


Preiswertere Präparate weisen auch gute Wirkungsgrade auf. Sie können ebenfalls zum Einsatz kommen, evtl. bevorzugt auf Standorten mit niedrigerer Ertragserwartung oder in Kombination mit anderen Mitteln.


Weitere Wirkungen:

Die Präparate haben oft eine zusätzliche Wirkung gegen später auftretende Abreiferkrankheiten wie Botrytis und Alternaria. Auch physiologische Effekte hinsichtlich der Erhöhung der Platzfestigkeit der Schoten sind möglich. Ob und in welchem Umfang diese eintreten, hängt wesentlich vom Einsatztermin, von der Länge der Abreifephase und vom Witterungsverlauf ab.


Auch beim Fungizideinsatz gegen Sklerotinia sollten Sie auf einen Wirk-stoffwechsel achten. Erste Isolate mit verminderter Sensitivität gegen Boscalid (Cantus, Cantus Gold) sind vereinzelt aufgetreten.

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