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So nutzen Sie die Sortenergebnisse richtig

Lesezeit: 8 Minuten

Das Prüfsystem für Gräser und Futterpflanzen steht auf neuen Beinen. Was das für die Praxis bedeutet, erklärt Dr. Stephan Hartmann, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising.


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Mit mehr Sortenbewusstsein können Sie noch erhebliche Reserven auf dem Grünland locker machen. Die Leistungsunterschiede zwischen den Sorten auch innerhalb der Reifegruppen sind zum Teil gewaltig. Das gilt nicht nur für den „Weizen des Grünlandes“, das Deutsche Weidelgras, sondern auch für andere Futtergräser und -pflanzen. Neben dem Trockenmasseertrag sind aber auch andere Eigenschaften, wie z. B. Rostresistenz, Narbendichte, Eignung für Höhen- oder Moorlagen usw., wichtig.


Wenn Sie für Ihren Standort und Ihre Nutzungsintensität die passenden Sorten und Ansaatmischungen mit den richtigen Mischungspartnern zusammenstellen, sollten Sie sich vorher genau informieren. Nutzen Sie dazu die Ergebnisse der Sortenprüfungen und filtern Sie die für Sie wichtigen Informationen richtig heraus. Hier hat sich einiges geändert, was Sie berücksichtigen sollten. Die Bundesländer haben in Abstimmung miteinander das Prüfsystem für Futtergräser und kleinkörnige Leguminosen reformiert (siehe Kasten). Was bringt es für die Praxis?


Anbauräume statt Länderebene


Die Auswertung der Landessortenversuche (LSV) orientiert sich nun an natürlichen, kulturspezifischen Anbauräumen (s. Übersicht 1) und nicht mehr an politischen Grenzen. Bei Getreide, Mais und Raps ist dieser Prozess bereits weitgehend abgeschlossen. Futterpflanzen ziehen jetzt – je nach Verfügbarkeit an Verrechnungskapazität – Zug um Zug nach.


Der Vorteil regionalisierter Ergebnisse nach Anbaugebieten liegt auf der Hand: Die Versuche werden nun über Ländergrenzen hinweg nach ihren natürlichen Merkmalen (Boden, Klima) zusammengefasst und verrechnet. Das heißt für Sie als Praktiker:


Sie werden bei der Darstellung der für Sie wichtigen Ergebnisse nicht nur die gewohnten Versuchsorte Ihres Bundeslandes, sondern auch Orte anderer Bundesländer finden.


Die Sortenergebnisse gewinnen an Aussagekraft, da mehr Versuche in die Verrechnung eingehen und sie nun auch nach Anbaugebieten differenziert dargestellt werden.


Die Sortenergebnisse sind jetzt noch besser auf Ihre Situation abgestellt. Im Internet ist unter http://geoportal.jki.bund.de/bodenklima.htm eine Anwendung aufrufbar, die die jeweiligen fruchtartspezifischen Anbaugebiete zeigt. Sie können damit sogar bis runter auf „Hofebene“ zoomen.


Härtetest für empfohlene Sorten


Bei Futterpflanzen hat die Umstellung auf das neue Prüfsystem länger als bei den einjährigen Ackerkulturen gedauert. Gründe hierfür sind die längere Versuchslaufzeit (Ansaat- und Hauptnutzungsjahre) und die geringere, aber heterogenere Datenbasis. Derzeit werten die Prüfstellen die 2006 angelegten und 2009 im 3. Hauptnutzungsjahr stehenden Versuche aus. Im Süden Deutschlands kommen damit jetzt die ersten mit dem neuen Prüfsystem gewonnenen Sortenergebnisse in die Praxis. Denn dort wurden im Jahr 2006 länderübergreifend die ersten Versuche angelegt, die erstmals die größere Auswertung nutzen.


Erstmals ist damit bei Futterpflanzen der direkte, aktuelle Vergleich von empfohlenen und neu zugelassenen Sorten möglich, der mit einer hinreichend großen Datengrundlage hinterlegt ist. Bei allen anderen Fruchtarten sind wir dies gewohnt. Empfohlene Sorten müssen nun also häufiger zeigen, dass sie den „neuen“ noch gewachsen sind.


Bisher war für eine empfohlene Sorte bei Futterpflanzen meist folgender „Werdegang“ Standard:


Ansaat in der Wertprüfung und nach drei Hauptnutzungsjahren Zulassung.


Danach 2. Ansaat im LSV (und evtl. Sonderprüfungen wie „Moor“ oder „Höhenlage“), dann Empfehlung. Hierbei fand ein Vergleich zu den empfohlenen Sorten in der Regel nur einmal und nur über die Brücke weniger Vergleichs- und Verrechnungssorten statt.


Ein Verfahren, das bei Getreide oder Mais kaum Akzeptanz finden würde. Aufgrund der deutlich geringeren Versuchskapazität bei Futterpflanzen war dies bis jetzt aber gar nicht anders möglich. Erst durch intelligenteres Versuchsdesign und verbesserte Auswertungsverfahren ist dies bei den verfügbaren Prüfkapazitäten nun möglich.


Aber auch die Umsetzung einer im Vergleich zu Getreide, Raps und Mais überfälligen Anpassung der Versuchskapazität zugunsten der Futterpflanzen in einzelnen Bundesländern machte dies möglich. So hatte z. B. Bayern bis zum Jahr 2000 keinen LSV für Deutsches Weidelgras. 2010 werden dafür Prüfungen an drei Standorten in Bayern angelegt. Dies kommt der Praxis mit einer besseren Empfehlung bei Futterpflanzen zugute.


Mehr Infos für Höhen- und Moorlagen


Neu ist auch, dass zusätzlich zu den bisher üblichen Ertragsprüfungen nun auch die Prüfungen auf besondere Eignung für Höhenlagen und Moor in das Wertprüfungssystem integriert sind. Wie bislang die Sortenversuche, werden diese von den Länderdienststellen durchgeführt. Zum Verständnis zwei Beispiele:


Für Süddeutschland bedeutet dies, dass Material, das sich im Zulassungsprozess befindet, nicht mehr nur an einem Standort in Bayern vorgeprüft wird, sondern auch an zwei weiteren Standorten in Baden-Württemberg und Thüringen.


Für Norddeutschland wird nun das gesamte Wertprüfungsmaterial auf die Eignung für Moorlagen geprüft.


Diese Stärkung der für wichtige Grünlandgebiete entscheidenden Merkmale im Zulassungsprozess sollte dazu führen, dass die Züchter diese in ihrer Züchtungsarbeit stärker beachten. Dass man es bei diesen wichtigen Merkmalen nicht bei einer einmaligen dreiortigen Voreinstufung belassen kann, versteht sich von selbst. Diese Daten ergänzen also z. B. die fünfortige Sortenprüfung in Bayern gut, ersetzen diese jedoch nicht.


Rostanfälligkeit stärker auf dem Prüfstand


Neu ist auch, dass seit 2006 spezifische Prüfungen zur Anfälligkeit gegenüber Rost (u. a. Krankheitserregern) in besonderen Befallslagen angelegt werden. Der Grund hierfür liegt in der auch jetzt noch vergleichsweise geringen Anzahl angelegter Versuche. Während bei Weizen z. B. in Bayern 14 LSV pro Jahr angelegt werden, sind es bei Deutschem Weidelgras jedes zweite Jahr nur drei.


Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit, in jedem Jahr genügend Daten zu allen Krankheitserregern sammeln zu können. In Befallslagen angelegte, einfache, kostengünstige Versuche, die nur auf die Erfassung von Sortenunterschieden bei Krankheiten ausgerichtet sind und ohne aufwendige Beerntung auskommen, schließen kostengünstig diese Lücke.


Sortenwahl nach Nutzungsrichtung und Gebiet


Welche Möglichkeiten Ihnen das neue Prüfsystem bei gezielter Sortenwahl bietet, soll Ihnen das Merkmal Gesamttrockenmasseertrag (Gesamt-TM-Ertrag), in dem sich die Anbaugebiete in der Höhe und in der Spannbreite, z. B. beim Deutschen Weidelgras, deutlich unterscheiden (siehe Übersicht 2), als Beispiel verdeutlichen:


Vergleicht man die Sortenreihung in den verschiedenen Anbaugebieten, z. B. des 1. Hauptnutzungsjahres für die Anbaugebiete 7 „günstige Übergangslagen“ und 11 „Voralpengebiet“, so werden sofort große Unterschiede zwischen „Voralpengebiet“ und den „günstigen Übergangslagen“ deutlich. Während im Voralpengebiet (siehe Übersicht 3 auf Seite 88) die frühen Sorten deutliche Vorteile besitzen, heben sich in den trockeneren „günstigen Übergangslagen“ mit längerem Vegetationszeitraum die Sorten der mittleren Erntegruppe stärker ab.


Dies trifft auch für den Vergleich zwischen Anbaugebiet 6 „sommertrockene Lagen“ und AG 11 „Voralpengebiet“ zu. Darstellungen und weitere Ergebnisse zu Einzelorten und weiteren Merkmalen finden Sie im Internet unter: www.isip2.de/versuchsberichte/40158


Vergleicht man die Mittelgebirgslagen „West“ und „Ost“, wird die größere Nähe des „Mittelgebirges Ost“ zu den härteren Vegetationsbedingungen des „Voralpengebietes“ und die Nähe der „Mittelgebirgslagen West“ zu den „günstigen Übergangslagen“ deutlich.


Bezieht man in den Vergleich auch die Einschätzung der regionalen Ausdauer für die Sorten, z. B. die Einstufung für die Eignung in Höhenlagen (Ergebnisse aus Bayern für Einzelwerte zu Sorten siehe Berichte hierzu z. B. unter www.isip2.de) mit ein, so werden auch die „Kosten“ der Ausdauer für das Merkmal TM-Ertrag (im 1. Hauptnutzungsjahr) deutlich.


Dies zeigt, wie notwendig es ist, eine gezielte Sortenwahl nach Nutzungsrichtung und Anbaugebiet auszurichten.


Ebenso werden die niedrigeren Erträge der späten im Vergleich zur frühen Erntegruppe deutlich. Die Ertragsspanne Maximalertrag (jeweils eine Sorte der frühen Erntegruppe) zu Minimalertrag (jeweils eine Sorte der späten Erntegruppe) liegt in allen betrachteten Anbaugebieten bei etwa 25 % des Gesamtertrages – das entspricht etwa dem Ertrag eines Schnittes!


Die späte Sortengruppe leistet jedoch in der Mischung einen wichtigen Beitrag, der sich nicht allein am Merkmal Gesamt-TM-Ertrag pro Jahr festmacht. Je höher der Anteil dieses Sortenspektrums am Gesamtaufwuchs, desto später erfolgt der mit der Halmbildung und dessen Verholzung einhergehende Qualitätsverlust.


Dies ist ein wichtiger Aspekt, vor allem in Gebieten mit hohem Wetterrisiko zum 1. Schnitt. Von Nutzen ist diese Elastizität jedoch nur beim Fehlen größerer Anteile früher Arten (z. B. Bastardweidelgras, Knaulgras oder Fuchsschwanz), die ohnehin einen frühen Schnitt erzwingen.


Die regionalisierten „Kosten“ für das Erreichen höherer Werte sind jedoch bei anderen Merkmalen deutlich höher. Folglich lassen sich diese auch konkreter gegeneinander abwägen.


Fazit


Die optimierte Versuchsanlage und -verrechnung ist ein wesentlicher Baustein einer verbesserten, gezielten Sortenwahl, die über Einzelmerkmale hinausgeht. Dies erleichtert es der Beratung, nach Region und Einsatzzweck differenzierte Sortenprofile zu entwickeln. Dies wird sich auch auf die Sortenwahl bei den empfohlenen Mischungen auswirken, die auf bestimmte Nutzungsintensitäten, aber auch Klima- und Bodenverhältnisse ausgerichtet sind.

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