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Winterleguminosen: Geheimtipp fürs Greening?

Wintererbsen und -ackerbohnen zu säen, trauen sich bislang nur wenige. Zugegeben, ein bisschen risikofreudig müssen Sie dafür sein.

Lesezeit: 9 Minuten

Wintererbsen und -ackerbohnen zu säen, trauen sich bislang nur wenige. Zugegeben, ein bisschen risikofreudig müssen Sie dafür sein. Bei einigen Landwirten stehen die Kulturen bereits langjährig in der Fruchtfolge. top agrar hat sich für Sie in der Praxis umgehört.


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Ein milder Winter und Frühsommertrockenheit – unter solchen Bedingungen spielen Wintererbsen und -ackerbohnen ihre Vorteile gegenüber den Sommerformen aus. Vor allem schätzen Anbauer, dass die Kulturen aufgrund der Saat im Herbst die Winterfeuchte gut nutzen und sie den Acker früher räumen. Ideal, um danach Zwischenfrüchte oder Raps zu säen. Als GPS mit Getreide finden auch Betreiber von Biogasanlagen an ihnen Gefallen.


Viel Gelegenheit, ihre Vorzüge in der Praxis unter Beweis zu stellen, hatten die jungen Kulturen bislang jedoch nicht. Zu geringe Winterhärte und Standfestigkeit sowie Krankheiten brechen ihnen immer wieder das Genick. Die Erträge schwanken je nach Jahr, Standort und Sorte stark. Feldversuche von 2009 bis 2013 an verschiedenen Löss-, Verwitterungs- und Diluvialstandorten in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg belegen dies. Darin ermittelten die Länderdienststellen bei Wintererbsen Einzelerträge von 0 bis 70 dt/ha, bei -bohnen (nur eine Sorte) von 0 bis über 80 dt/ha.


Neue Sorten, neues Glück?

Die konventionelle Anbau- und Vermehrungsfläche schätzt die Norddeutsche Pflanzenzucht derzeit bei uns auf ca. 800 bis 900 ha Wintererbsen und 700 ha -bohnen. Die Landwirte nutzen dabei meist EU-Sorten, deren Zuchtmaterial aus Frankreich und vereinzelt aus England stammt. Nur eine Winterbohnensorte ist in der Beschreibenden Sortenliste zu finden. Auch lassen sich die Sorten fast an zwei Händen abzählen. Es befinden sich aber aktuell neue Stämme in der Wertprüfung. Mit ihnen sollen sich Ertrag, Standfestigkeit, Winterhärte und Krankheitstoleranz (gegen Ascochyta) verbessern. Die Zuchtaktivität nimmt somit Fahrt auf, nicht zuletzt, weil die Winterleguminosen als Sieger des Klimawandels gelten. Welche Vorteile nehmen Praktiker schon jetzt durch Winterleguminosen mit und wie bauen sie diese erfolgreich an?


In der Praxis ist der konventionelle Anbau von Wintererbsen noch mau, sodass es kaum Erfahrungen gibt. Im Ökolandbau sieht es dagegen anders aus, denn die Wintererbse wächst mit Triticale, Roggen oder Weizen als Stützfrucht. Es lassen sich dadurch langstohige, winterhärtere Sorten nutzen – von Auswinterung und Lager keine Spur. So auch bei Landwirt und Naturland-Berater Werner Vogt-Kaute aus Dittlofsroda in Unterfranken.


Wintererbse im Gemenge:

Seit über 15 Jahren setzt er auf Wintererbsen als Futter für seine Legehennen und zur Erhaltungszüchtung. „In 9 von 10 Jahren gelingt der Anbau“, erzählt er. Die Erträge schwanken aber von 15 bis 40 dt/ha.


Den Höchstertrag auf seinen sandigen bis lehmigen Böden erzielt er bei kühlem Wetter im April, ausreichend Regen zur Blüte und einer trockenen Ernte. Nach seinen Erfahrungen kann das Gemenge auch noch auf Standorten in Mecklenburg-Vorpommern trumpfen, solange dieses nicht an der Ostsee wächst. Südlich von München knickt die Kultur aufgrund von zu viel Regen und bodenbürtigen Krankheiten ein.


Auf seinem Betrieb sät Vogt-Kaute das Gemenge nach Pflugeinsatz immer erst ab dem 1. Oktober. „Die Pflanzen sollen vor Winter nur 3 bis 5 cm aus dem Boden schauen“, erklärt er. Bei hohem Jahresniederschlag empfiehlt er eine Erbsensaatstärke von 20 Körnern je m2, bei geringem von bis zu 60. Da die von ihm eingesetzten Sorten Unkraut gut in Schach halten, muss er oft nur einmal im Frühjahr striegeln. Bodenbürtige Krankheiten sind bei ihm kein Thema, weil er mindestens 5 Jahre Anbaupause einhält. „Auch mit Schädlingen habe ich keine Probleme“, berichtet der Landwirt. „Die Wintererbse ist für mich daher die perfekte Kultur.“


Winterbohne fürs Greening:

Auch Ackerbauer Udo Euler muss sich hinter seiner Idee, 5 ha Winterackerbohnen anzubauen, nicht verstecken. Ende Juni sind die Pflanzen der Sorte Hiverna fast 1,8 m hoch. „Die Bohnen sind ausreichend gesund und tragen bis zu 15 Hülsen mit je 3 bis 4 Körnern“, beschreibt sein Berater Marco Schneider vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) den aktuellen Bestand. Mit diesem hofft Euler, den Ertrag von 54 dt/ha seiner ersten Ernte 2015 noch zu toppen.


Auf dem 70 ha-Betrieb in Maar ca. 40 km westlich von Fulda (Hessen) wächst die Leguminose auf den ertragreicheren Lehmböden (60 bis 70 BP). Diese sorgen für eine ausreichende Wasserversorgung bei im Schnitt 746 mm Jahresniederschlag. „Zwar kann sich die Winterbohne wegen ihres Wachstumsvorsprungs im Frühjahr vor Trockenheit im Oberboden schützen, Wasser darf aber dennoch nicht fehlen“, gibt Berater Schneider zu bedenken. „Ein Sandboden mit 30 BP reicht auch ihr nicht.“


Gerade die schwereren Böden des Betriebes lassen die Saat von Sommerungen meist nicht zu. „Im Frühjahr sind die Flächen oft lange nass“, erklärt Euler. Das ist einer der Gründe dafür, der Winterackerbohne seit Herbst 2014 eine Chance zu geben. Den endgültigen Ausschlag für den Anbau gab das Greening. Seine ökologischen Vorrangflächen erfüllt Euler nun ausschließlich mit dieser Kultur. Das Saatgut erhielt er direkt beim örtlichen Landhandel, zahlte aber einen stolzen Preis von 128 ¤/dt plus MwSt. „Ohne eine Förderung würde ich die Kultur daher eher nicht anbauen.“ Auch bei Problemen mit Ackerfuchsschwanz-Resistenzen und hoher Arbeitsintensität im Herbst empfiehlt Berater Schneider die Winterbohne nicht.


Sorge Winterhärte:

Das Risiko der Auswinterung schreckt den Ackerbauer nicht vom Anbau ab. „Ein Winter ohne Schnee wäre allerdings nicht gut“, meint er. Bislang fällt dieser auf dem 315 m über NN gelegenen Standort ausreichend und schützt den Bestand. Das Auswinterungsrisiko nimmt der Landwirt deshalb in Kauf, da er auf stabilere Erträge im Vergleich zur Sommerform baut und die frühere Ernte schätzt. „So lässt sich nach der Kultur auch noch Raps – sogar pfluglos – bestellen.“


Doch bevor Eulers Raps von der guten Bodengare und dem Stickstoff der Winterbohne profitieren kann, muss diese zunächst optimal in den Boden gelangen. Sie steht nach Wintergerste, deren Stoppel Euler meist zweimal flach mit der Scheibenegge bearbeitet. Kurz vor der Bohnensaat Ende September bis Anfang Oktober pflügt er auf 20 cm.


„Der günstigste Saattermin ist nach der Wintergerstensaat“, ergänzt Berater Schneider. „Werden die Pflanzen vor Winter zu groß, wirkt sich das negativ auf die Winterhärte aus.“ Die Bohnen sollten daher nicht weiter als ins 4- bis 6-Blattstadium kommen. Zudem ist die Ablagetiefe entscheidend. Diese hält Euler auf 8 bis 10 cm. Damit ihm das gelingt, sorgt er für den maximalen Druck der Rollschare an seiner Drillkombination mit Kreiselegge. „Wichtig ist dabei, nicht schneller als 4 km/h zu fahren.“


Die Aussaatstärke liegt bei 150 kg/ha. Damit will Euler 22 Pflanzen/m2 vor Winter erzielen. Im Vorjahr waren es noch 30. Mit der geringeren Bestandesdichte hofft er, die Lagergefahr zu vermindern. „Zudem scheint die Kultur bei mehr Licht die Hülsenanzahl zu steigern“, erklärt Schneider. Ein noch dünnerer Bestand bietet sich somit an. Daher will Landwirt Euler im Herbst jedes zweite Schar beim Säen schließen.


Nicht ohne Pflanzenschutz:

Eine der wichtigsten Maßnahmen im Pflanzenschutz ist das Bodenherbizid im Vorauflauf. „Entwickeln sich die Unkräuter im Herbst prächtig, sind Knöterich, Kamille, Klette oder Ausfallraps im Frühjahr kaum noch in den Griff zu bekommen“, erklärt Berater Schneider. „Zwar stören die Unkräuter die Bohne in der Jugend nicht, erschweren aber die Ernte später massiv.“ Mit den wenigen zulässigen Mitteln empfiehlt er folgende Strategie: Im Herbst 3,0 l/ha Stomp und im Frühjahr bei hohem Druck rechtzeitig bei strahlungsintensivem Wetter mit 1,0 bis 1,5 l/ha Basagran nachlegen.


Den sicheren Anbau gefährdet auch der Pilz Botrytis. Er infiziert über Winter vor allem Wintererbsen. „Doch auch in den Bohnen ist regelmäßig damit zu rechnen, dass die Schokoladenfleckenkrankheit im Frühjahr ausbricht“, berichtet der Berater. Schon geringer Frost sorgt für eine kleine Wunde an der Pflanze, die der Schwächepilz für sich nutzen kann. Kommen dann milde Temperaturen und eine hohe Feuchtigkeit dazu, breitet er sich rasant aus.


Daher kontrolliert Udo Euler seinen Bestand bereits im zeitigen Frühjahr penibel. Sobald er erste Blattinfektionen feststellt, bringt er 1,0 l/ha Folicur aus. „Nur durch schnelles Handeln ist zumindest ein Teilerfolg möglich“, ergänzt Schneider. „Noch besser wäre allerdings eine fungizide Beize, die die Pflanzen im jungen Stadium schützt.“


Reicht eine Fungizidmaßnahme nicht aus, ist eine zweite Folicur-Behandlung zulässig und hilft auch gegen Rost. Der Bestand darf dafür aber nicht höher als 1 m sein und ist langsam zu durchfahren. „Meist ist der Termin wegen des hohen Pflanzenwuchses deutlich vor der Blüte erreicht“, meint der Landwirt.


Das Fungizid lässt sich bei Schädlingsbefall auch mit einem Insektizid mischen. „Im Läusejahr 2015 musste ich sogar zweimal gegen die Schwarze Bohnenlaus behandeln“, so Euler. In diesem Jahr treten die Sauger nur verhalten auf. Seine Erfahrungen stimmen daher mit der gängigen Meinung nicht überein, dass Winterbohnen durch die ca. drei Wochen frühere Blüte weniger unter Schädlingen leiden. Blattrandkäfer kamen bislang nicht nennenswert vor.


Eulers Ziel ist 80 dt/ha Winterbohnen zu ernten. Daher hat er sich auch eine ausgeklügelte Düngestrategie überlegt: Auf den langjährig mit Schweinegülle gedüngten Flächen streut er im Herbst Kornkali, um den hohen K-Bedarf der Kultur zu decken. Im Frühjahr düngt er Schwefel, Mangan und Bor. Zudem kalkt er regelmäßig.


Fehlende Wachstumsregler:

„Vor allem in wüchsigen Jahren wie 2016 kann einem allerdings die Standfestigkeit leicht aus der Hand gleiten“, berichtet Schneider. Wachstumsregler sind nicht zugelassen, wären aber bei der bis zu 2 m hohen Sorte ein echter Gewinn, sind sich Landwirt und Berater einig.


In Hessen ist die Leguminose mit ihren fünf Seitentrieben eher vor dem Weizen reif. „Das hängt jedoch stark von der Jahreswitterung ab“, so der Berater. Im Jahr 2015 rollte der Drescher am 4. August über Eulers Acker. Die Bohnen enthielten 15% Feuchte. Länger würde der Landwirt auch nicht warten. „Sonst entstehen höhere Verluste, da die Hülsen leichter aufplatzen und die Körner ausfallen.“ Bewusst erntet er mit Rapsschneidwerk, verlängertem Tisch und ohne Haspel, um Verluste zu begrenzen. Die Sorge einiger Berufskollegen, der Ackerbohnendrusch könnte den Mähdrescher verkleben, kann Landwirt Euler nicht bestätigen.


Meldepflicht frühe Ernte:

Da Eulers Winterbohnen auf ökologischen Vorrangflächen stehen, meldete er die geplante Ernte drei Tage vorher seiner zuständigen Stelle. Denn regulär müssten die Pflanzen bis zum 15. August auf der Fläche verbleiben. „Das verlief völlig unproblematisch“, berichtet er. Auch einen Abnehmer für seine Winterbohnen hatte er schnell an der Hand. Ein Schweinemäster aus der Region nimmt ihm diese ab und setzt die tanninhaltige Sorte in Maßen in der Futterration ein. „Sonst wäre es mit der Vermarktung allerdings schwer geworden“, erklärt der Landwirt. Anne Borchert

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