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Den grünen Strom jetzt an der Börse verkaufen?

Lesezeit: 6 Minuten

Seit Anfang 2012 erhalten Erzeuger von erneuerbaren Energien eine Prämie, wenn sie den Strom direkt ­vermarkten. Das bringt neue Chancen, aber auch Risiken.


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Je mehr Stunden die Biogasanlage im Jahr läuft, desto höher ist der Erlös für den Betreiber – diese Formel gilt seit Anfang des Jahres nicht mehr. Denn am 1. Januar ist das novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2012) inkraftgetreten. Jetzt können die Betreiber wählen: Entweder erzeugen sie weiterhin rund um die Uhr Strom und kassieren dafür die gesetzlich vorgeschriebene Einspeisevergütung von ihrem Netzbetreiber. Oder sie wählen das neue Marktprämienmodell. Bei diesem kommen nur noch rund 75 % der Vergütung vom Netzbetreiber. Den Rest erhält man dagegen über Markterlöse, z. B. aus dem Verkauf von Strom an der Börse.


Das Marktprämienmodell gilt als Einstieg in den Strommarkt. Davon profitieren Betreiber von bestehenden und neuen Biogasanlagen, sowie auch von Wind- und Solarparks. Marktbeobachter gehen davon aus, dass bis Mitte 2012 über 90 % der bestehenden Windenergie-Anlagen ihren Strom direkt vermarkten werden.


Biogaserzeuger können zudem in die bedarfsgerechte Stromerzeugung einsteigen und sich damit ganz neue Chancen eröffnen. Ein weiterer Vorteil für Neueinsteiger: Wer die Marktprämie bekommt, ist von der Pflicht zur Abwärmenutzung befreit. Betreiber von neuen Biogasanlagen müssen ansonsten nachweisen, dass sie mindestens 60 % der Abwärme nutzen.


So funktioniert das Modell:

Mit dem Marktprämienmodell will der Gesetzgeber einen Anreiz schaffen, damit sich die Stromproduktion mit erneuerbaren Energien stärker dem Bedarf des Strommarktes anpasst.


Dazu liefert der Anlagenbetreiber seinen Strom nicht wie bislang an den Netzbetreiber, sondern an einen Stromhändler. Die Vergütung besteht dabei aus drei Komponenten: Dem Stromerlös, der Marktprämie und der Managementprämie (siehe Übersicht).


  • Stromerlös: Der Netzbetreiber verwendet zur Berechnung der Marktprämie den durchschnittlichen Preis, der im Vormonat an der Strombörse EPEX Spot SE in Leipzig erzielt wurde. Der Erlös für den Anlagenbetreiber kann höher ausfallen, wenn der Stromhändler am Strommarkt einen höheren Preis als den Durchschnittspreis erzielt.
  • Marktprämie: Sie ist die Differenz der sonst üblichen EEG-Vergütung des Anlagenbetreibers und des durchschnittlichen Börsenstrompreises. Der Anlagenbetreiber erhält sie vom Netzbetreiber. Da diese je nach Börsenpreis schwanken kann, wird sie auch als „gleitende Prämie“ bezeichnet.
  • 3. Die dritte Komponente stellt die Managementprämie dar, die sich der Stromhändler und der Anlagenbetreiber in der Regel teilen. Sie hat folgende Aufgaben:
  • Sie soll die Kosten für Ausgleichsenergie decken. Diese muss der Stromhändler kaufen, wenn die tatsächliche Einspeisung von Strom von der prognostizierten Menge abweicht.
  • Außerdem sollen damit die Kosten für den Stromhändler gedeckt werden, der den Marktzugang, Transaktionen und andere Dienstleistungen übernimmt. Auch zusätzliche EDV-Kosten auf den Anlagen fallen darunter.


Die Managementprämie beträgt für Biomasse, Wasserkraft und andere steuerbare Energien 0,3 Cent je kWh im Jahr 2012. Der Betrag sinkt bis zum Jahr 2015 auf 0,225 Cent ab, bleibt dann aber auf diesem Niveau.


Da bei Wind- und Solarenergie die Prognose der am nächsten Tag eingespeisten Strommenge schwieriger ist, müssen Stromhändler bei diesen Technologien unter Umständen mehr Geld bezahlen, um die fehlenden Strommengen zu beschaffen. Darum ist hier auch die Managementprämie höher. Sie beträgt für Wind und Solar 1,2 Cent je kWh im Jahr 2012. Die Prämie reduziert sich jährlich bis auf 0,7 Cent je kWh im Jahr 2015.


In der Übersicht zum Marktprämienmodell sehen Sie in der linken Säule die Einspeisevergütung nach dem EEG, wie sie eine Anlage bisher erhält. In der rechten Säule ist in gelb dargestellt der Marktwert des Stroms, also der Durchschnittspreis an der Strombörse EPEX. Dazu kommt die Managementprämie in Höhe von 0,3 Cent je kWh. Die Differenz zur EEG-Vergütung stellt die Marktprämie dar.


Der Anlagenbetreiber kann innerhalb eines Monats mit vier Wochen Vorlauf wieder in die EEG-Vergütung zurückwechseln. Allerdings hängt diese Flexibilität auch von dem gewählten Stromhändler ab. Wegen des bürokratischen Aufwandes und zur besseren Planung binden die meisten von ihnen die Anlagenbetreiber für mindestens drei Monate an das Marktprämienmodell.


Spezielle Prämie für Biogas:

Während Betreiber von Windenergie- und Solar­anlagen lediglich die Markt- und Managementprämie erzielen können, gibt es für Biogasanlagenbetreiber mit der Fle­xibilitätsprämie eine weitere Einkommensquelle. Bedingung dafür ist, dass der Betreiber das Marktprämienmodell wählt.


Die Flexibilitätsprämie ist eine Art Investitionsförderung und dient dazu, Kosten für eine Anlagenerweiterung bzw. Mehrkosten beim Bau einer Neuanlage zu finanzieren. Diese sind notwendig, wenn der Betreiber den Strom bedarfsgerecht anbieten will. Wie sich dafür die Technik verändern müsste, lässt sich an einem einfachen Beispiel erläutern: Wenn eine Biogasanlage mit einer installierten Leistung von 500 kW im Jahr 8 000 Stunden läuft, liegt die tatsächliche Laufleistung (im EEG „Bemessungsleistung“ genannt) bei 457 kW (Rechenweg: 500 kW x 8 000 Volllaststunden/ 8 760 Stunden, die das Jahr insgesamt hat = 457 kW).


Soll die Anlage dagegen nur tagsüber zu Hochpreiszeiten laufen, würden sich die Volllaststunden auf 4 000 reduzieren. Um die gleiche Laufleistung von 457 kW zu erzielen, müsste sich die installierte Leistung also auf 1 000 kW (1 MW) verdoppeln.


Die Prämie beträgt 130 € je kW zusätzlich geschaffener Leistung. Der Betrag wird für zehn Jahre und in Form von monatlichen Abschlägen vom Netzbetreiber gezahlt.


Je nach Anlagengröße und Höhe der zusätzlich geschaffenen Leistung kann die Prämie nach Berechnung des Fachverbandes Biogas auf bis zu 3,71 Cent je kWh steigen. Wie die Prämie genau berechnet wird, haben wir Ihnen in unserem Leserservice zur Markt- und Flexibilitätsprämie erläutert. Sie finden ihn im Internet unter www.topagrar.com in der Rubrik „Energie“.


Erlös hängt von der Strategie ab:

Wer in das neue Prämienmodell wechselt, hat verschiedene Erlösmöglichkeiten. Chancen für herkömmliche Anlagen (ohne Reserveleistung beim Blockheizkraftwerk und ohne größeren Gasspeicher):


  • Erlös über die Managementprämie: Der Betreiber schließt lediglich einen Vertrag mit einem Stromhändler ab und teilt sich mit ihm die Managementprämie. Ansonsten ändert er aber am Betrieb der Anlage nichts.
  • Negative Regelenergie: Bei dieser Option erhält der Betreiber einen Erlös vom Netzbetreiber, wenn er die Anlage bei Bedarf abstellt. Der Netzbetreiber sichert damit z. B. bei zu hohem Stromangebot die Spannung im Stromnetz. Hierfür muss eine Steuereinheit auf der Biogasanlage installiert werden, die zwischen 5 000 und 10 000 € kosten kann.


Wer dagegen bei seiner Biogasanlage für Reserveleistung beim BHKW und ausreichend Gasspeicher sorgt, kann sich folgende Märkte erschließen:


  • Positive Regelenergie: Der Anlagenbetreiber erhält einen Erlös dafür, dass er bei zu geringem Stromangebot im Netz die Stromproduktion erhöht. Bei Umrüstung der Anlage bekommt er die Flexibilitätsprämie.
  • Verkauf zu Hochpreiszeiten: An Werktagen ist der Strompreis tagsüber höher als nachts. Wer also nur tagsüber Strom produziert und nachts das Gas speichert, kann einen höheren Strompreis erzielen.


Der Mehrerlös pro Jahr kann nach Aussagen von Vermarktern derzeit zwischen 6 000 € (Erlös über die Managementprämie) und 30 000 € (Anbieten von positiver und negativer Regelenergie) schwanken.

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